Volle Kraft voraus!

Spiele, bei denen Selbstvertrauen getankt wird, gibt es viele.
Wer gewinnt, hat's gut und geht gestärkt nach Hause.
Kooperative Spiele sehen viele Sieger oder Verlierer.
Das ist gut.
Also: Volle Kraft voraus! in Richtung Selbstvertrauen.
Bei einem Gespräch in Essen mit Hadi Barkat, dem Chef von Helvetiq, erzählte er mir, dass Spiele von seinem Verlag besonders sein müssen. 
Einzigartig, originell, speziell.
Bei Volle Kraft voraus! trifft alles zu.
Aber ist das gut?

Anleitung und Pädagogisches Begleitheft

Die Spielanleitung erklärt den sehr einfachen Ablauf, bei dem eigentlich keine Freiheiten für die Spieler vorhanden sind, lückenlos. Eine Karte des vorsortierten Kompasskartenstapel wird aufgedeckt und entsprechend abgehandelt.
Eigentlich wird nur ein Teil des Leuchtturms erleuchtet, ein Sechstel der näherkommenden Welle wird aufgedeckt oder wir bekommen Münzen, mit drei können wir uns eine Laternenkarte kaufen.
Auf dass uns ein Licht aufgehe.
Das ist wirklich so gemeint.
Denn, was ich noch verschwiegen habe, am Beginn des Spiels definiert jeder Spieler ein persönliches Ziel und notiert es auf seinem Blatt des Logbuchs. Das bleibt nicht geheim, sondern wird kommuniziert und im Lauf des Spiels auch kommentiert bzw. bearbeitet.
Wie diese Ziele gemeint sind, erklärt das pädagogische Begleitheft, das auch von den beiden Spielautoren stammt. Dass Melanie und Quentin eher in der Pädagogik daheim sind als in der Welt der Spiele ist kein Geheimnis. Überhaupt sollte man bei dem Spiel versuchen, keine Geheimnisse vor den Mitspielern zu haben.
Das fällt natürlich nicht leicht und man muss sich die Frage nach der Zielgruppe stellen.

Tipps und Tricks zur Problemlösung

Durch verschiedene, aufzudeckende Karten werden die Mitspieler aufgefordert, Hilfestellungen zu meinem Problem zu geben. Jeder würde mein Ziel anders erreichen wollen. Jeder kann andere Wege aufzeigen. Darauf basiert das ganze Frage- und Antwortspiel, das möglichst ungezwungen laufen sollte.
Man darf das nicht alles zu ernst nehmen, dennoch stecken schon echte pädagogische Konzepte dahinter und werden auch immer wieder spürbar.

Man redet über Probleme

Dass jeder irgendwelche Problemchen oder auch Probleme hat ist eben so.
Darüber reden hat noch niemandem geschadet.
Es tut auch nicht weh.
Kann aber doch neue Einsichten liefern.
Die Einbettung in ein Spiel ist zwar recht gut gelungen,
trotzdem ist es kein Spiel (zumindest nicht was wir darunter verstehen). 

Leuchtturm fertig - Happy End!

Die Welle, die den Leuchtturm bedroht, besteht aus sechs Karten. Ist die sechste aktiviert haben wir verloren.
So weit wollen wir es nicht kommen lassen.
20 Edelsteine - man bekommt sie durch Beantwortung von Fragen oder Hilfestellung - kostet das
Deaktivieren einer Wellenkarte. Bezahlt darf auch gemeinsam werden.
Eine Niederlage ist daher eher selten und fast nicht möglich.
Gewinnen die Spieler - nicht nur Einsicht sondern auch mit komplettem Leuchtturm - wird jedem noch eine Schatzkarte zugeteilt.
Schatzkarten sind Komplimente.
Davon kann man nicht genug bekommen. 
Jeder sucht ein besonders passendes für seinen linken Mitspieler aus und jeder verlässt die Therapeutencouch, wollte sagen den Spieltisch, mit einem positiven Gefühl.
So soll es sein.
Und genau aus diesem Grund sollte das Zuteilen einer Schatzkarte auch nach der gemeinsamen Niederlage erfolgen.




Spieletester

17.03.2020

Fazit

Legen wir die selben Bewertungsrichtlinien an wie bei anderen Spielen, dann schneidet Volle Kraft Voraus! nicht besonders gut ab. HELVETIQ zielt aber auch in andere Richtungen, weg vom Spiel und hin zur Lebenshilfe. Dort liegt die wahre Heimat des Spiels. So ungezwungen als möglich werden menschliche Probleme besprochen und in freundlicher Runde diskutiert und Lösungsvorschläge werden angeboten.
Gelingt das, dann kann das Spiel durchaus Positives bewirken. 
Gelingt das nicht, dann scheitert das Spiel.

Das Spiel macht keinen Spaß im spielerischen Sinn, daher kann ich als Langzeitspielspaß nur einen Punkt vergeben.

Redaktionelle Wertung:

Plus

  • sehr originelles Konzept
  • gutes Material
  • mutige Spielidee
  • Unterstützung für Therapeuten

Minus

  • Zielgruppe völlig unklar
  • wenig Spiel
  • schwer, eine passende Spielerrunde zu finden

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 8
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Preis: 25,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2019
Verlag: Helvetiq
Zubehör:

Logbuch (Notizblock), 60 Kompasskarten, 149 Aktionskarten (54 Laternen, 29 Pinguine, 22 Rettungsringe, 16 Steuerruder, 25 Schatzkarten, 1 Logbuch-Karte), 5 Leuchtturmkarten, 6 Wellekarten, 40 Diamanten, 1 Würfel, Spielanleitung, 1 Pädagogisches Begleitheft

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