Als 1993 das erste Master of Orion für den PC das Licht der Welt erblickte, war wohl noch keinem klar, welche Rolle es einnehmen würde. Heute gilt es zusammen mit der Civilization-Reihe als einer der Vorreiter des 4X-Genres. Ein Genre, das in den letzten Jahren immer stärker auf den Spieltischen der Analog-Spieler vertreten war. Eine Umsetzung des Klassikers lag auf der Hand – und hier ist sie nun!
Dieses Spiel ist derzeit nur auf Englisch erhältlich.
Dieses System ist nicht groß genug für uns alle
In Master of Orion streben mehrere Rassen nach der Vorherrschaft im namensgebenden Sonnensystem. Die Spielenden schlüpfen in die Rolle des Anführers von einem dieser Völker. Als solcher versuchen wir, unsere Rassen zum Sieg zu führen.
Zur Verfügung stehen dabei natürlich die Menschen, die vogelartigen Alkari, die technologisch überlegenen Psilon, die kriegerischen Katzenwesen Mrrshan, die starken Bulrathi, die halbmaschinellen Meklar und schließlich die düsteren Darlok. Jede Rasse bringt einen eigenen Bonus bzw. eine Sonderfertigkeit mit sich, die auch optisch auf den Rassentableaus hervorgehoben sind. Außerdem hat jedes Volk andere Startressourcen.
Auf den Rassentableaus finden sich alle Informationen zu unserem Volk, eine Rundenübersicht und die möglichen Aktionen. Besonders wichtig sind dabei die vier Bahnen. Drei davon symbolisieren unseren Ressourcenvorrat (Nahrung, Flotte, Produktion), der verbleibende steht für die Loyalität unseres Volkes. Während die Ressourcen nicht über 9 oder unter 0 liegen können, kann die Loyalität sehr wohl in den negativen Bereich und sogar unter das aufgedruckte Minimum von -3 fallen. Warum das wichtig ist, erkläre ich später.
Das Spiel läuft über maximal acht Runden, die in drei Phasen unterteilt sind. Unter bestimmten Umständen kann eine Partie auch schon früher enden. Unabhängig davon ist es aber immer das Ziel, zum Spielende die meisten Siegpunkte zu haben.
Eile mit Weile
Und um an die zu kommen, gibt es viele Wege. Grundsätzlich ist eine Runde in Start-, Aktions- und Endphase unterteilt. Während Start- und Endphase eher vorbereitenden Zwecken wie „Ressourcen erhalten” und „Startspielermarker weitergeben” dienen, spielt sich das eigentliche Spiel in der Aktionsphase ab. In jeder Aktionsphase führen die Spielenden reihum jeweils eine Aktion aus. Wie viele Aktionen man genau zur Verfügung hat, basiert auf einem genialen Konzept:
Die Ressourcenbahnen sind in drei Bereiche unterteilt (0 – 3, 4 – 6, 7 – 9). Je nachdem, in welchem Bereich jene Ressource liegt, von der wir am meisten Einheiten besitzen, haben wir völlig verschiedene Möglichkeiten. Je weniger Ressourcen wir haben, desto weniger Aktionen haben wir auch – dann nur drei. Dafür ziehen wir dann auch eine Karte und die Loyalität steigt um eins (weil wir unser Volk nicht knechten). Liegt unsere beste Ressource im mittleren Bereich, erhalten wir dafür vier Aktionen. Im höchsten Bereich gibt es sogar fünf Aktionen, dafür sinkt unsere Loyalität dann auch um eins (denn dann beuten wir das Volk aus).
Mit den so erhaltenen Aktionen können wir verschiedenes anstellen. Die wesentlichste Aktion ist sicher das Konstruieren. Damit können wir eine unserer Handkarten (jeder Spieler startet mit fünf) bauen – vorausgesetzt, man kann die Baukosten bezahlen. Außerdem dürfen wir nicht einfach beliebig viele Karten ausspielen. Uns stehen vier Konstruktionsstätten zur Verfügung und auf jeder davon können wir maximal fünf Konstruktionen bauen. Dort bleiben sie dann grundsätzlich auch, allerdings gilt in jeder Konstruktionsstätte immer nur die zuletzt gespielte Karte als aktiv. Nur dann darf man also deren Fähigkeiten verwenden. Sich zu überlegen, welche Karte man wann auf welche Konstruktionsstätte spielt, ist essentieller Bestandteil der strategischen Überlegungen in Master of Orion. Der Nutzen von Konstruktionen ist vielfältig. Fast alle produzieren Ressourcen (das auch, wenn sie nicht aktiv sind), darüber hinaus können sie eine weite Spanne an Fähigkeiten haben.
Neben dem Konstruieren können wir für eine Aktion noch zwei Karten ziehen, eine Karten von der Hand abwerfen, um so einmalig Ressourcen zu lukrieren, nach einem festgelegten Kurs Ressourcen tauschen, die Loyalität unseres Volkes durch Propaganda erhöhen und einen Berater konsultieren. Letztere sind besondere Karten, die verschiedene mächtige Boni verleihen. Einen zur gewählten Taktik passenden Berater an seiner Seite zu haben, kann entscheidend sein. Auch ein Angriff auf andere Spielende ist möglich und oft auch sinnvoll. Der läuft allerdings sehr technisch und ohne weitere Konsequenzen für die beteiligten Parteien ab (der Angegriffene verliert eine Loyalität, das war's aber auch schon). So richtiges Angriffsgefühl kommt daher nicht auf, ein besonders interaktiver Moment wäre hier schön gewesen.
Mit diesen Aktionen versucht reihum jeder, die meisten Siegpunkte anzusammeln. Wege dahin gibt es reichlich, vom kriegerischen Ansatz über verschiedenste Kombinationen von Konstruktionen bis zum ressourcenstarken Magnaten ist alles drin und gut ausbalanciert. Da haben die Autoren wirklich gute Arbeit geleistet!
Normalerweise endet das Spiel nach der achten Runde. Unter bestimmten Umständen kann die Partie aber auch schon früher beendet werden. Dann nämlich, wenn am Ende einer Runde die Loyalität eines Spielenden auf 0 (bzw. darunter) liegt oder wenn alle vier Konstruktionsstätten eines Spielenden mit fünf Konstruktionen voll bebaut sind. Das sind beides Möglichkeiten, auf die wir auch gezielt hinarbeiten können. Schnell viele Siegpunkte sammeln und dann die Partie verfrüht beenden, kann eine Alternative sein! Obwohl das Spiel an sich relativ wenig Interaktion bietet, schwingt so doch beständig etwas Stress mit. „Spiele jede Runde, als wäre es deine letzte”, könnte man sagen. Wie auch immer das Spiel endet, wer dann die meisten Siegpunkte lukrieren konnte, gewinnt.