The Arrival

Es war eine schicksalshafte Nacht, als vier junge Stammesführer inmitten dichten Nebels auf eine Insel stießen, jeder an einer anderen Stelle. Schicksalshaft, denn nur einer der vier wird sich am Ende als Fähigster herausstellen und für viele Jahrhunderte die Geschicke jener Insel lenken, die viel, viel später vor allem für Kartoffeln, brutalen Sport und schwarzes Bier bekannt werden soll: Irland.
Wir sind nicht allein

Aber nicht nur unsere Mitspieler sorgen dafür, dass dieses Unterfangen kein leichtes wird. Denn die sagenumwobene Insel ist nicht unbewohnt. Die furchtbaren Fomori, bösartige, magische Wesen, halten die Ländereien im Griff, angeführt von ihrem König Balor. Auf dem Spielplan, der die Insel Érin bzw. Irland darstellt, werden uns diese finsteren Gesellen konstant aus Richtung Norden zur Last fallen. Ohne sich gegenseitig unter die Arme zu greifen, werden die Menschen, also wir Spielenden, wohl auch weiterhin unterjocht. Bei aller Konkurrenz sollten wir deshalb auch ein wenig zusammenarbeiten – fragt sich nur, ob mit den anderen Inselbewohnern oder doch lieber den Fomori, um uns so ein wenig einzuschleimen?

Denn bei The Arrival gibt es zwei Wege zum Sieg. Je nachdem, ob am Spielende die Fomori oder alle menschlichen Spieler zusammen mehr Kontrolle über die Insel haben, gewinnen wir entweder mit den meisten Siegpunkten (Ruhmespunkten) oder aber mit den wenigsten Korruptionspunkten. Bis es soweit ist, gibt es allerdings noch einiges zu tun.

Leben und leben lassen

Die Anzahl der gespielten Runden bei einer Partie The Arrival ist überschaubar. Je nach Spielerzahl dauert ein Spiel maximal sechs Runden, kann aber immer auch schon früher zu Ende sein. Wir haben also nur sehr begrenzte Zeit, unseren Einfluss auf der Insel zu vergrößern. Das passiert in zwei Phasen pro Runde: der Ertragsphase und der Aktionsphase. In der Ertragsphase lukrieren wir unseren Ressourcenvorrat für die aktuelle Runde, den wir dann in der Aktionsphase wieder ausgeben.

Die Sache mit den Ressourcen

In The Arrival gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten. Folgerichtig ist auch die Anzahl der verfügbaren Güter relativ vielfältig. In der Ertragsphase bemühen wir uns also um Bauscheiben, Schilder, Schwerter, Taktikplättchen und Ruhmespunkte.

Bauscheiben stellen unsere Siedlungen auf der Insel Érin dar. Liegt eine Bauscheibe auf einem Ort, befindet sich dort ein Áit oder Lager, zwei aufeinanderliegende Bauscheiben sind ein Broch oder Turm, drei aufeinanderliegende Bauscheiben sind ein Caer bzw. eine Festung und die höchste Ausbaustufe einer Siedlung. Zwischen den Siedlungstypen gibt es keine prinzipiellen Unterschiede, allerdings sind sie umso schwerer einzunehmen, je mehr Ausbaustufen sie haben.

Schilder können von uns kontrollierte Gebiete noch weiter verstärken. Dadurch werden sie für die Fomori schwerer anzugreifen. Schwerter wiederum haben genau den gegenteiligen Effekt – sie ermöglichen es uns, die Fomori aktiv anzugreifen und eventuell sogar eine der Burgen Balors einzunehmen.

Taktikplättchen können vielseitig eingesetzt werden. Jedes Plättchen hat eine eigene Fähigkeit, die wir einmalig gegen Abgabe des Plättchens nutzen können. Ruhmespunkte schließlich werden uns eins zu eins angerechnet. Sie liefern also direkt Siegpunkte, ohne dass das einer weiteren Aktion bedürfte.

Soviel zur Erklärung der Ressourcen. Wie man an selbige kommt ist noch ein ganz anderes Thema, denn hier hat sich der Autor kreativ ausgetobt. In der Ertragsphase ziehen zunächst reihum alle Spielenden solange Ertragskarten von den drei Ertragsstapeln, bis jeder vier davon vor sich hat. Zu diesem Zeitpunkt sind die Karten noch verdeckt, allerdings gibt auch die Rückseite ein wenig Auskunft: Manche Karten liefern tendenziell mehr Bauscheiben, ein zweiter Typ mehr Schilde und Schwerter und ein dritter vermehrt Taktikplättchen und Ruhmespunkte. Aber eben nur tendenziell.
Sobald alle Spielenden ihre vier Karten haben, drehen alle die ersten beiden davon um. Jede Ertragskarte ist in drei Zeilen unterteilt, die jeweils verschiedene Ressourcenkombinationen liefern. Die oberste Zeile ist dabei in der Regel die wertvollste, aber Achtung! Viele Ressourcenkombinationen zwingen uns auch dazu, Fomori-Plättchen aufzunehmen. Je wertvoller unsere Ressourcen sind, desto mehr Fomori nehmen wir so zu uns. Die müssen dann in der Aktionsphase ausgespielt werden, was den Einfluss der Fomori auf Érin verstärkt. Es gilt also, sich gut zu überlegen, was man möchte: Lukrieren wir möglichst viele Ressourcen, aber verstärken so auch die Fomori oder halten wir uns lieber etwas zurück, um den gefährlichen Wesen nicht zu viel Einfluss zu geben? Schließlich kann beides zum Sieg führen.

Zurück zum Ablauf: Unsere ersten beiden Ertragskarten sind also aufgedeckt. Jetzt muss jeder Spielende einen seiner beiden Blocker verwenden, um eine Zeile seiner Ertragskarten komplett zu sperren. Das heißt also, dass wir die Ressourcen – und auch die Fomori – der entsprechenden Zeile nicht bekommen. Und zwar von allen vier gezogenen Ertragskarten, auch von jenen, die noch verdeckt sind! Erst danach decken wir die dritte Ertragskarte auf, woraufhin wir abermals eine Zeile mit dem zweiten Blocker sperren müssen. Es bleibt nur eine einzige Zeile über. Nun decken wir die vierte und letzte Karte auf und nehmen alle Plättchen zu uns, die in der verbleibenden Zeile angezeigt werden.

Für ein freies Irland!

Mit den ganzen Plättchen, dir wir in der Ertragsphase gesammelt haben, können wir in der Aktionsphase die Insel unsicher machen. In dieser Phase führen alle Spielenden reihum immer genau zwei Aktionen aus. Das wird so lange fortgesetzt, bis alle Spielenden die Option „Passen" gewählt haben und die Runde somit endet. Folgende Aktionen stehen bis dahin zur Auswahl:

„Befestigung bauen" – Mit dieser Aktion verwenden wir eine unserer gesammelten Bauscheiben, um entweder unser Einflussgebiet zu vergrößern, indem wir einen bis dato unbesetzten Ort beanspruchen, oder einen Ort zu verstärken, der bereits in unserem Besitz ist.
„Schild platzieren" – Hierfür verwenden wir einen der gesammelten Schildmarker. Ein Schildmarker wird immer gleich auf eine gesamte Region gelegt, nicht nur einen einzelnen Ort. Die Regionen sind farblich abgegrenzt. Ein Schildmarker erhöht die Verteidigung aller in der entsprechenden Region liegenden Orte.
„Fomori zurückdrängen" – Für diese Aktion brauchen wir unsere Schwerter, denn hier ziehen wir in den Kampf. Fomori-Plättchen gibt es in drei Stärken. Je nach Stärke brauchen wir mehr oder weniger Schwerter, um ein Plättchen, das in unserer Reichweite liegt, aus dem Spiel zu entfernen. Neben der Tatsache, dass dadurch grundsätzlich weniger Fomori auf dem Spielbrett liegen, liefert diese Aktion auch Ruhmespunkte.
„Fomori ausbreiten" – Nominell ist dies nur eine Aktion wie die anderen auch. In Wahrheit versteckt sich dahinter aber eine entscheidende Spielmechanik. Mit unseren Stammeskriegern können wir den anderen Stämmen nicht zu Leibe rücken, aber mit den Fomori, die wir in der Ertragsphase einsammeln mussten, können wir das sehr wohl. Die größten Möglichkeiten zur Interaktion tun sich also genau hier auf. Auf der einen Seite können wir unsere Gegner sehr effektiv schwächen, indem wir strategisch wichtige Siedlungen zerstören oder einen Gewaltmarsch durch eines der Gebiete unserer Widersacher starten. Auf der anderen Seite resultiert das darin, dass die Fomori sich weiter ausbreiten. Und auch, wenn sie uns in diesem konkreten Fall kurzzeitig helfen, sind die bösartigen Wesen grundsätzlich unsere Feinde. Ruhmespunkte sammeln wir mit dieser Aktion folgerichtig keine, sondern ihr negatives Pendant: Korruptionspunkte. Erschwerend hinzu kommt, dass wir alle gesammelten Fomori-Plättchen ausspielen müssen, solange das regelkonform möglich ist. Alle anderen Plättchen können wir verfallen lassen - bis zu drei davon sogar in die nächste Runde übertragen. Bei den Fomori bleiben uns diese Möglichkeiten verwehrt. Taktikplättchen können jederzeit eingesetzt werden und verbrauchen keine Aktion.

Nachdem alle Spielenden gepasst haben, endet die Aktionsphase und damit die Runde. Nun wird überprüft, ob das Spiel endet. Dies ist dann der Fall, wenn im Laufe der Runde ein oder mehrere Spielende das Spielerzahl abhängige Limit an Korruptionspunkten überschritten hat. Ist dies nicht der Fall, beginnt nun die nächste Runde.

Ob durch Korruptionspunkte oder durch das Rundenlimit, irgendwann endet The Arrival. Um den Sieger zu bestimmen, müssen wir aber zunächst überprüfen, wer mehr Orte kontrolliert. Alle Spielenden zusammen oder die Fomori? Trifft ersteres zu, haben die Stämme die Fomori erfolgreich zurückgedrängt. Es gewinnt jener Spielende mit den meisten Ruhmespunkten. Sollten die Fomori auf Érin die Überhand haben, haben sie die Stämme überrannt. Es gewinnt, wer die wenigsten Korruptionspunkte gesammelt hat.

Spieletester

15.06.2017

Fazit

The Arrival hat letztes Jahr zur SPIEL in Essen zurecht die Aufmerksamkeit der Vielspieler-Szene auf sich gezogen. Auch wenn die ersten Gehversuche anstrengend waren, war schon früh erkennbar, dass dieses Spiel gleich mehrere clevere neue Mechaniken mitbringt.

Der Nachteil daran: First, you gotta wrap your head around it, wie man auf der anderen Seite des Teichs sagen würde. Es ist auch für erfahrene Spieler zu Beginn nicht leicht, sich gute Züge zu überlegen. Das liegt weniger an der generellen Komplexität des Spiels als an der Neuartigkeit und der damit verbundenen Planlosigkeit. Was ist eigentlich ein guter Zug? Wie soll ich in der ersten Runde wissen, ob ich auf viel Ruhm oder wenig Korruption spiele? In welchem Ausmaß kann ich Fomoris auf der Insel lassen, ohne dabei meinen Plan empfindlich zu gefährden? Fragen, deren Beantwortung ein wenig Zeit und Spielerfahrung braucht.

Der große Vorteil: The Arrival wartet mit einem gänzlich neuen Spielerlebnis auf. Das Spannungsfeld kooperativ/semi-kooperativ/kompetitiv war selten so groß, Setting und düstere Optik sorgen dafür, dass sich nichts trocken anfühlt und die neuen Mechanismen greifen ganz wunderbar ineinander. Grundsätzlich allen Vielspielern, vor allem aber denen, die auf der Suche nach etwas neuem sind, kann ich The Arrival wärmstens empfehlen!

Redaktionelle Wertung:

Plus

  • Sehr abwechslungsreicher Spielablauf
  • Vielseitige Strategien durch verschiedene Siegbedingungen möglich

Minus

  • Hohe Einstiegshürde

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 75 bis 90 Minuten
Preis: 44,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2016
Verlag: Game`s Up
Genre: Strategie
Zubehör:

2 Regeln (Deutsch/Englisch)
1 Spielplan
68 Bauscheiben
8 Blocker
4 Stammeskarten
1 Startspieler-Karte
4 Überblickskarten
1 Rundenmarker
4 Balors Burgen
50 Fomori
20 Schwert-Marker
12 Schilde
30 Taktikplättchen
54 Ertragskarten

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