Es waren einmal zwei Wissenschaftler, die sich einst gut verstanden. Beide gruben nach Dinoknochen und präsentierten ständig neue Funde. Irgendwann entstand daraus ein Wettbewerb und schließlich eine Feindschaft der beiden.
Alles mündete in die sogenannten Bone Wars. So nannte man den "Krieg" zwischen Cope und Marsh Ende des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit wurden auch viele Neuentdeckungen gemacht. Im gleichnamigen Expertenspiel geht es genau um diese Auseinandersetzung. Ob die Macher das Thema auch würdig und passend umgesetzt haben, könnt ihr hier nachlesen.
Persönliche Vorgeschichte
Auf dieses Spiel habe ich mich persönlich schon sehr gefreut. Vor etlichen Jahren habe ich nämlich mit einer Studienkollegin dasselbe Thema aufgegriffen in ein Familienspiel reingepackt. Unter den Namen Bone Rush ging es darum, um die Welt zu reisen, Grabungen vorzunehmen und auf dem eigenen Spielertableau die fehlenden Knochen zu sammeln. Das Tableau war geheim und am Ende mussten alle ihre Funde präsentieren. Leider wurde der Titel nie veröffentlicht, aber wir hatten bei den unzähligen Tests irrsinnigen Spaß. Jetzt kann ich mich in diesem Thema durchaus als "gebildet" bezeichnen und betrachte den Neuling Bone Wars mit einem gewissen Hintergrundwissen.
Komplex, aber nicht kompliziert
Liest man sich das erste Mal die Regeln durch, raucht der Kopf. Hut ab, an alle, die es auf Anhieb verstehen und losspielen können. Zwar sind die Regeln nicht wirklich kompliziert aber komplex. Die fast zwanzig Seiten reine Regeln sind gut erklärt und strukturiert aufgebaut. Nur die Mühe, die Regeln für verschiedene Spielerzahl farbig zu unterscheiden, geht für Farbenblinde nicht auf. Magenta und Blau können manche Menschen nicht unterscheiden. Bei der Spielübersicht fehlten mir persönlich noch die Ablagestapel, die nicht eingezeichnet waren, aber der Rest ist einwandfrei dargestellt und erklärt.
Bone Wars besteht aus etlichen Teilen plus Spielschachtel und Plastiktüten. Alleine am Material erkennt man dem Spiel die Komplexität an. Da hätte es gut getan, auf dem Spielplan eine Punkteleiste einzubauen, anstatt 46 Ansehenplättchen (Punkte) dazuzupacken. Die Spielschachtel ist ohnehin prall gefüllt und hat kein Inlay. Das Spiel selbst braucht am Tisch sehr viel Platz, auch wenn man zu Zweit oder alleine spielt.
Graben und Forschungsarbeiten veröffentlichen
Kern des Spiels ist das Sammeln von Knochen und Veröffentlichen von Forschungsarbeiten. Drum herum gibt es unzählige Boni und zusätzliche Aktionen - ihr wisst schon: Komplexität. Das Herz von Bone Wars ist das Bücherregal, wo ihr eure Forschungsarbeiten veröffentlicht - entweder für Cope oder für Marsh. Forschungsarbeiten könnt ihr veröffentlichten, indem ihr genau die passenden gesammelten Knochen abgebt, die auf sogenannte Gattungskarten abgebildet sind. Oder ihr widerlegt eine bestehende Forschungsarbeit mit zwei oder mehr gleichen (irgendwelche) Knochen und eine Arbeit wandert von Cope zu Marsh bzw. umgekehrt.
Knochen werden vor allem durch Grabungen in verschiedenen Orten der USA gefunden. Mit eurem Team könnt ihr von Ort zu Ort reisen und Ausgrabungen vornehmen. Parallel versucht ihr Loyalität zu Cope und Marsch aufzubauen. Eine hohe Loyalität ist ein Multiplikator, die Forschungsarbeiten sind die Punkte. Selbstverständlich bekommt man Boni, wenn man veröffentlicht oder widerlegt. Bei der Loyalitätsleiste gibt es auch Boni, wenn man noch "hinten" ist. Gefühlt gibt es überall etwas Extra. Das macht auch oft den Spielreiz aus. Die Synapsen arbeiten regelrecht auf Hochtouren und man denkt sich immer wieder: Welche Aktion mache ich jetzt in meinem Zug, um möglichst viel für mich rausholen zu können?
Analyse Paralyse vorprogrammiert
Manche Menschen lieben diese Komplexität und die schiere Auswahlmöglichkeit. Andere denken sich dabei kaputt. Vor allem wenn es nicht an Geld und Knochen mangelt, stehen einem sehr viele Aktionen zur Verfügung. In unseren Partien gab es Spielzüge, die keine Minute dauerte, weil man gerade nicht viel machen konnte. Diese Züge fühlten sich unbefriedigend an. Dann gab es Züge die gefühlt eine halbe Stunde dauerten, weil es einiges zu analysieren gab. Wenn da eine gute Kombi klappt, ist das wahnsinnig befriedigend. Ein Spiel zu Viert kann allerdings auch für geübte Spieler bis zu drei Stunden dauern.
Die Kernmechaniken fangen das Thema Bone Wars sehr gut ein. Man kann sich fast "reinfühlen", wie es damals gewesen sein könnte. Ein ständiger Wettlauf mit Erfolg, Misserfolg und auch Verrat. Die schönen Illustrationen werten das Spiel nochmal ordentlich auf. Unzählige gemalte Dinos gibt es zu entdecken und machen Lust auf mehr. Das ist übrigens auch ein Pluspunkt bei Bone Wars: der hohe Wiederspielwert. Dinos, Paläontologen und Boni gibt es unzählige. Jedes Spiel ist anders.
Spieletester
Fazit
Das Thema Knochenkriege zwischen Cope und Marsh Ende des 19. Jahrhunderts wurde sehr gut eingefangen und umgesetzt. Die meisten Mechaniken greifen mit dem Thema ineinander, sodass das ganze Spiel absolut "Sinn" ergibt. Man kann für das Widerlegen von Forschungsarbeiten einfach irgendwelche Knochen abwerfen und das entspricht auch der Realität. Denn damals hat man auch mal den Schwanz- mit einem Halsknochen verwechselt. Auch das Wechseln der Loyalität, das Herzstück dieses Spiels, passt zu diesem Thema.
Alle, die besonders auf die Mechaniken eines Spiels achten, dürfte es zu wenig sein. Das Entdecken, Graben, Forschen und die Aktionen auf dem Spielertableau haben ihren Reiz. Die Mechanik bei den alltäglichen Funden hingegen fühlt sich eher unnötig an. Auch die seltenen Knochen wirken etwas "komisch". Diese sind nicht selten, sondern einfach nur eine Auswahl von üblichen Knochen, die nicht im Beutel, sondern sichtbar sind. Und die unzähligen Symbole sind zwar relativ gut erklärt, aber können bei manchen Zügen zur absoluten Überforderung führen. Dann fühlt es sich schon fast wie Arbeit an und kann den Spielspaß durchaus vermiesen.
Was manchen auch etwas nerven könnte der Glücksfaktor. Durch das blinde Ziehen aus dem Beutel hat man keine Kontrolle, welche Knochen man bekommt. Da es aber zum Thema passt, kann ich es persönlich sogar verzeihen.
Alles in allen ist Bone Wars ein gelungenes Spiel, wo vor allem Thema und die Illustration, von Laura Bevon ein absoluter Hingucker, überzeugen. Manche Mechaniken wirken künstlich aufgesetzt, aber der Rest ergibt gemeinsam mit dem Thema "Sinn" und macht das Spiel rund.
Plus
- Thema extrem gut eingefangen
- schön illustriert
- hoher Wiederspielwert
Minus
- braucht sehr viel Platz
- viele Möglichkeiten, die man analysieren kann
- etwas glückslastig
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Details
Regelheft
Spielplan
Rundenzähler
Schlussplättchen
Knochenbeutel
80 Knochen
48 Gattungskarten
46 Ansehensplättchen
45 Forschungsarbeiten
32 Münzen
24 Solokarten
24 Paläontologenkarten
20 alltägliche Funde
18 Auszeichnungen
16 aufgewertete Aktionsfelder
14 Förderungen
12 Kistendeckel
10 neutrale Forschungsarbeiten
8 Belohnungsplättchen
6 Ausgrabungsaktionsplättchen
4 Bürotableaus
4 Auftragsplättchen
2 Ausgrabungsverbotsstreifen
In jeder der 4 Spielerfarben
6 Teamkarten
4 Basislager
3 Spezialisten
3 Auszeichnungssteine
2 Übersichtskarten
2 Loyalitätszähler
1 Teammarker
1 Paläontologe
1 Aufgabenstein
1 Förderungsstein
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