MicroMacro: Crime City

Hier wird gestohlen. Hier wird geraubt. Hier wird gemordet.
Wo andere Städte Leichen nur im Keller haben, stolpert man in Crime City an fast jeder Ecke über sie. Willkommen auf dem 4D-Stadtplan des Spiel des Jahres 2021!

Hut ab

Fernando Branca steht vor seiner Lieblingskneipe und greift sich an den Kopf. Dort wo eigentlich sein Zylinder sitzen sollte, fährt die Hand ins Leere. Wie ist das passiert?
Die Kneipe befindet sich im Osten der Stadt, zwischen Neptunmarkt und dem Baumarkt. Der Beschreibung folgend haben wir sie schnell gefunden. Und tatsächlich: Da steht Fernando mit seiner markanten Karottennase und wundert sich.

Nun ist es an uns herauszufinden, wo er seine Kopfbedeckung verloren haben könnte.

Der Plan geht auf

Um den riesigen Stadtplan auszubreiten benötigen wir einiges an Platz. 110 Zentimeter in der Breite und 75 Zentimeter in der Länge misst das gute Stück. Wer keinen ausreichend großen Tisch zur Verfügung hat, kann den Plan auch an die Wand hängen oder auf den Boden legen.
Im Gegensatz zu anderen Wimmelbildern ist dieses in schwarz-weiß gehalten und mit sauberen, klaren Linien gezeichnet. Was auf den ersten Blick vielleicht etwas bieder wirken könnte, ist der Übersicht sehr dienlich.
Neben hellen Köpfchen ist noch etwas durchaus essentiell: eine gute Ausleuchtung des Plans (worauf die Anleitung auch mehrmals hinweist). Wer in einer zu dunklen Umgebung spielt, kann es deutlich schwerer haben, Gesuchtes auf dem Plan auch zu finden.

Ein Plan in vier Dimensionen

Was den Plan weiter von anderen Wimmelbildern abhebt, ist seine zusätzlich Dimension. Auf dem Plan sind nämlich mehrere Zeitebenen abgebildet.
Im Falle des hutlosen Fernando Branca äußert sich das wie folgt:
Fernando meint sich zu erinnern, beim Würstelstand nördlich des Neptunparks noch in Besitz des Hutes gewesen zu sein. Wir suchen die Örtlichkeit auf dem Plan und stellen fest: Das ist korrekt. Da geht Fernando, den Zylinder noch auf dem Kopf.
Klarer Fall, was nun für uns zu tun ist: Wir schauen auf dem Plan, was zwischen dem Würstelstand und der Bar vorgefallen ist.




Kleine Karten, große Karte

Durch die Fälle führen uns kleine Kartenstöße von jeweils 5 bis 10 Karten, die wir beim ersten Mal Spielen auf die 16 verschiedenen Fälle aufgeteilt in kleine, durchsichtige Kuverts sortieren und dann der Reihe nach abarbeiten.
Auf den Karten befinden sich Fragen, deren Antwort wir auf dem Plan ermitteln sollen und die uns der Lösung des Falles näherbringt.
Da werden wir zum Beispiel nach dem Hobby des Opfers gefragt. Liegen in der ganzen Wohnung Tennisschläger herum, ist das eine klare Sache. Wir suchen auf dem Plan also nach einem Tennisplatz und schauen, ob wir dort weitere Hinweise finden können.
Auf der Rückseite der Karte befindet sich dann die Lösung, inklusive eines Bildes und den Koordinaten des gesuchten Kartenausschnitts.

Nach einigen Fällen ist uns die Spielmechanik so ins Blut übergangen, dass wir auf die Profivariante des Spiels umsteigen, also die Fälle vollkommen selbständig, ohne Leitung durch die Karten lösen.
Wir suchen den auf der ersten Karte gesuchten Abschnitt und starten hier unsere Ermittlungen. Woher kommt das Opfer, wohin wollte es, wen hat es dabei getroffen, wer ist der Täter, was kann das Motiv sein. Das funktioniert erstaunlich gut. Glauben wir, alle relevanten Informationen gesammelt zu haben, gehen wir die Karten zur Überprüfung der Reihe nach durch.

Ein Fall für Zwei. Oder einen. Oder drei oder vier.

Vier Augen sehen ja bekanntlich mehr als zwei. Sechs Augen auch, auch wenn es für sie sehr kuschlig wird und sich diese schon deutlich öfter im Licht stehen und anderen die Sicht behindern. Spätestens bei acht Augen kommt es über dem Plan aber schon sehr oft zu zusammenstoßenden Köpfen oder Mitspielern, die nicht wirklich dazu kommen, etwas zur Lösung des Falles beizutragen.
Am besten spielt sich MicroMacro: Crime City zu zweit. Alleine geht’s auch, zu dritt ist auch noch möglich, von mehr Spielern raten wir aber ab – schließlich sollen die Köpfe rauchen und nicht scheppern.

Alter? Liebesdramen, Eifersucht und Missgunst

Vom Verlag wird das Spiel ab 10 Jahren empfohlen. Auch wenn sich die Fälle nicht selten um Morde drehen, gehen die Darstellungen auf dem Spielplan aber nie über Comic-Gewalt hinaus.
Dennoch sind die Fallkarten mit Symbolen gekennzeichnet, die über die Drastik des Inhalts aufklären. Da gibt es die harmlosen Fälle, wie den Tutorial-Fall mit dem gemopsten Hut. Dann die Fälle, in denen es um Morde geht. Und schlussendlich jene, die auch Themen wie Affären oder Suizid behandeln.

Die Anleitung rät dazu, diese Fälle vorab selbst zu spielen und dann darüber zu entscheiden, ob man sie mit den Kindern angehen will.
Wer nicht in die Verlegenheit kommen möchte, seinem 10-jährigen Kind zu erklären, was ein Fetisch-Club ist, der lässt diese Fälle lieber aus. Wirklich Explizites in irgendeiner Form gibt es aber weder auf dem Spielplan, noch auf den Fallkarten zu finden.

So schaut’s aus

Obwohl es auf dem Spielplan nur so wuselt und keinerlei Farben zum Einsatz kommen, fällt es uns trotzdem nie schwer, Personen zu unterscheiden. Die Gesuchten verfügen immer über sehr einzigartige Merkmale wie die oben genannte Karottennase, Brillen, Frisuren, Kleidungen oder Accessoires.
Falls wir doch einmal einen genaueren Blick auf Details werfen möchten, liegt dem Spiel eine Lupe bei. Wir haben sie aber nur ein einziges Mal wirklich verwendet, um einen Gegenstand, den eine Person in Händen hielt genauer… eben unter die Lupe zu nehmen.

Mehr, mehr für deine Stadt

Ein einzelner Fall hat uns in der Regel zwischen fünf und (eigentlich nur ein Mal) fünfzehn Minuten beschäftigt. Meistens haben wir ihn in deutlich unter zehn Minuten gelöst.
Insgesamt haben wir uns etwa drei Stunden in Crime City aufgehalten, bis wir alle Fälle durch hatten.

Der (zumindest unmittelbare) Wiederspielwert hält sich natürlich in Grenzen. Im Gegensatz zu den gerade boomenden Escape-Spielen wird aber nichts zerschnitten oder angemalt. MicroMacro: Crime City kann also immer wieder für Gäste herausgeholt oder auch problemlos weiterverkauft werden.
Außerdem empfehlen wir, das Spiel nicht an einem Stück durchzuspielen. Das Starren auf den recht kleinteiligen Plan strengt nach einiger Zeit doch ziemlich an.

Wer alle enthaltenen Fälle gelöst hat, findet übrigens auf der Website des Spiels noch weitere Fälle oder kann selbständig am Plan nach Leichen Ausschau halten, die nicht im Spiel behandelt wurden, und sich an der Rekonstruktion versuchen.

Ein gerade erschienener zweiter Teil (MicroMacro: Crime City 2 – Full House) war nur eine Frage der Zeit.
Wir werfen an dieser Stelle als Ideen für zukünftige Teile noch ein MicroMacro: Crime City Junior mit harmloseren Fällen und größeren – und vielleicht sogar bunteren – Zeichnungen für Jüngere in den Raum. Oder eine MicroMacro: Crime City Midnight Edition, mit weißen Linien auf schwarzem Hintergrund und härteren Fällen mit Sex and Drugs, exklusiv für Erwachsene.

Spieletester

30.08.2021

Fazit

MicroMacro: Crime City ist weniger ein Spiel als solches, als ein gigantisches Wimmelbild, an dem sich mehrere (aber auch nicht wirklich mehr als drei) Personen kooperativ beteiligen können.
Das macht aber überhaupt nichts, denn das Konzept mit den mehreren Zeitebenen auf einem Bild ist sehr spannend und Dank des die Anleitung begleitenden Tutorial-Falls sehr schnell erklärt.

Gerade zu zweit oder zu dritt macht das Lösen der Fälle unheimlichen Spaß. Vor allem in der Profivariante, in der nichts mehr vorgekaut wird, fühlt man sich wie ein richtiger Ermittler.

Die Fälle gestalten sich sehr abwechslungsreich – vom Diebstahl, über den Eifersuchtsmord, zur tragischen Liebesgeschichte – und sind, was nicht unerheblich ist, zu jeder Zeit vollkommen logisch und nachvollziehbar aufgebaut. Einige Geschichten haben ein wundervolles Narrativ, das uns sogar emotional (also den Umständen entsprechend) berührt hat. Davon hätten wir gerne mehr!

Der fehlende Wiederspielwert ist natürlich schade, durch die Art des Spielprinzips aber unumgänglich und daher nicht wirklich ankreidbar. Für Nachschub ist mit MicroMacro: Crime City - Full House jedenfalls bereits gesorgt.

Redaktionelle Wertung:

Plus

  • spannender 4D-Spielplan
  • abwechslungsreiche Fälle
  • immer nachvollziehbar
  • schnell erklärt

Minus

  • kaum Wiederspielwert

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 1 bis 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 15 bis 45 Minuten
Preis: 23,99 Euro
Erscheinungsjahr: 2020
Autor: Johannes Sich
Zubehör:

1 Spielplan
1 Lupe
120 Fallkarten
16 Umschläge

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