Deukalion

Alles klar, alles wunderbar, das Spiel ist fertig: Man segelt durch die Weltmeere und wo’s einem gefällt, dort plündert man mal ein bisschen herum. Welches Thema passt dazu besser als „Piraten“.

Doch leider leider: Wir schreiben die Mit-2000er, und die Piratenspiele schießen aus dem Boden. Ein anderes Thema muss her. Doch auch das ist schnell gefunden, denn  im Plündern von Hafenstädten waren bekanntermaßen ja auch die Wikinger ziemlich talentiert.

Und jetzt ratet mal, welches Thema plötzlich auf dem Spielemarkt überpräsent ist? Genau: Wikinger (nicht zuletzt durch Wolfgang Kramers Wikinger).

Also, nächster Versuch: Wir befinden uns im antiken Griechenland, in der Zeit, in der sich die griechischen Stadtstaaten hingebungsvoll untereinander birnen. Antike geht als Thema bekanntlich immer, und schon segeln die Spieler durchs östliche Mittelmeer und räumen im Dienste Athens die Schatzkammern anderer Hafenstädte leer.

Warum von den vier sich im Spiel befindlichen Kapitänen Perseus, Herkules, Achilles und Deukalion ausgerechnet der unbekannteste der Titelgeber des Spieles ist, ist eine Frage, die mir Parker ebenso gerne mal beantworten darf wie die Frage, warum Herakles mit seinem römischen Namen Herkules auftritt. Bis dahin aber widmen wir uns einem Spiel, das ich – kleiner Vorgriff – für ein Spiel halte, dass wohltuend um seine beste Idee heruminszeniert ist:

Das Spiel:

Jeder Spieler erhält ein Schiffchen mit insgesamt zehn Kämpfern als Crew (dargestellt durch Carcassonne-Männchen) und fünf Aktionskarten, mit denen man ins Spiel eingreifen kann. Mit dieser Grundausstattung geht es nun darum, Schätze (= farbige Würfelchen) aus den umliegenden Gebieten nach Athen zu bringen, wobei jeder Schatz einen Platz im Schiff beansprucht. Man muss also eventuell Kämpfer brutal aus dem Schiff werfen.
Prinzipiell bringt jeder Schatz 1 Punkt, lukrativer aber ist es, Aufträge aus Athen zu erfüllen (wobei Athen nicht immer nur Schätze will. Manchmal etwa hetzt es die Spieler aufeinander oder hat andere interessante Ideen…).
Einen Auftrag erhält der Spieler zu Spielbeginn geheim in die Hand, zwei Aufträge liegen immer offen aus und können von jedermann erfüllt werden.
Auf See tummeln sich nicht nur jede Menge Schiffe, sondern auch das böse Seemonster Hydra. Diese schickt man den Gegner vor die Nase. Die Hydra greift Schiffe an, darf aber niemals angegriffen werden… außer man hat den Auftrag  dazu. Immerhin: Greift sie an und verliert, ist das einen Siegpunkt wert.

Um an Schätze zu kommen (oder um sich die Hydra oder lästige Mitspieler vom Hals zu halten), wird gekämpft, und das in einer überaus putzigen Art und Weise:
Man nimmt seine Crewmännchen und würfelt diese. Aufrecht stehende Männchen bringen einen halben Punkt, liegende Männchen einen ganzen. Je nach Gegner gilt es, einen bestimmten Wert zu übertreffen. Allerdings haben die Männleins auch eine Seite mit einem Kreuz. Figuren, die auf dieser Seite landen, haben sich offiziell von der Crewverpflegung abgemeldet und landen auf dem Feld „Unterwelt“. Nun ziehen unsere Helden also los, um die umliegenden Gebiete von der Verantwortung für lästige Reichtümer zu befreien. Und hier, bei der Bewegung, kommt die Meisteridee von Deukalion ins Spiel: die Kylix.

Die Kylix ist ein Würfelbecher mit insgesamt fünf Vertiefungen: Einem in der Mitte und vier rundherum. Mit diesem Becher würfelt man fünf Würfel mit den Werten 1-3. Den Würfel, der in der Mitte landet, benützen nun zuerst die ANDEREN Spieler, um mit ihren Schiffen die entsprechende Anzahl an Feldern zu fahren.

Danach ist der aktive Spieler an der Reihe:
Er nimmt die Kylix und platziert sie in der Mitte des Spielplanes, und zwar so, dass jeder der vier äußeren Würfel auf ein Symbol zeigt. Je nach Würfel darf der Spieler nun jedes Symbol in beliebiger Reihenfolge nutzen:

Segeln:

Man darf sein Schiff um die gewürfelte Augenzahl ziehen.

Aktionskarte:

Bei  einer 3 erhält man eine Aktionskarte, bei einer 1 erhalten ALLE ANDEREN eine Aktionskarte, bei einer 2 passiert nichts.

Kämpfer:

Kämpfer, die unterwegs tragisch versterben, landen auf dem Feld Unterwelt. Mithilfe dieses Würfels können sie zurückgeholt werden.

Hydra:

Der Spieler bewegt die Hydra um die gewürfelte Augenzahl. Landet sie auf einem Schiff, muss der Besitzer gegen das Monster kämpfen.

Neben Schätzen und Aufträgen gibt es noch zwei weitere Möglichkeiten, an Punkte zu kommen:

Siedlungen gründen:

An bestimmten Feldern am Plan kann man Kämpfer ablegen, um Siedlungen zu gründen. Das bringt Punkte, die Kämpfer aber kommen niemals wieder zurück an Bord.

Die Unterwelt:

In der Unterwelt landet man nicht nur per unglücklichen Zufall, man kann auch bewusst hineinziehen und seine Kämpfer zurückholen. Hat man zu diesem Zeitpunkt die meisten Kämpfer in der Unterwelt, bringt das zwei Siegpunkte.

Das Spiel endet, sobald ein Spieler eine von der Spielerzahl bestimmte Anzahl an Siegpunkten gesammelt hat.

Spieletester

05.12.2016

Fazit

Ich habe es in der Einführung bereits erwähnt: Diese Spiel hat eine großartige Grundidee, um die herum sich das Spiel aufbaut, und das ist - Überraschung, Überraschung – die Kylix.

Es ist eben dieser kleine Würfelbecher, der Deukalion zu dem Spiel macht, das es ist. Dem Erdenker dieses Becherchens, Arno Steinwender, seines Zeichens Gymnasialpädagoge, kam die Idee übrigens mitten im Unterricht während der Erklärung einer Integralrechnung. Und ich wage zu vermuten, der Mann hat dabei auf den Boden einer handelsüblichen Plastikflasche geblickt…

Naja, jedenfalls kann man da den Unterricht schon mal kurz unterbrechen, um schnell eine Idee niederzuschreiben. (Warum hatte ich nie solche Lehrer…?) Und nachdem der Mann sich beim Bau der ersten Kylix erst mal ordentlich die Finger verbrannt hat (buchstäblich), war eine Idee geboren, die definitiv nicht die Beachtung erfahren hat, die sie verdient.

Gut, was haben wir noch eingebaut, das für Frohsinn sorgt? Nunja, das Kampfsystem „Figürchenwerfen“ (kann man, wenn man boshaft ist, mit dem Kampfturm aus Im Zeichen des Kreuzes vergleichen, tu ich aber nicht) erfreut Spieler sämtlicher Altersstufen (ob Klaus-Jürgen Wrede damit einverstanden ist, ist nun wieder eine andere Sache) und außerdem ist Deukalion für ein Spiel seines Dunstkreises mit 45-60 Minuten sympathisch kurz.

Und, hab ich’s schon erwähnt? Die Kylix ist eine großartige Idee, die definitiv mehr Beachtung verdient hätte. Die Welt ist nicht gerecht…

Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

Teilen mit facebook twitter

Besucherkommentare

Gerhard | 06.02.2023

Sehr schöne Beschreibung meines Steinwender-Kennenlernspieles.

Kommentar verfassen

Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 45 bis 60 Minuten
Erscheinungsjahr: 2008
Verlag: Parker
Genre: Taktik
Zubehör:

41 Spielfiguren
4 Schiffstafeln
15 Marker
50 Karten
5 Würfel
1 Würfelbecher
1 Spielplan
1 Anleitung

Anzeige

Statistik

Derzeit findest Du auf spieletest.at 7204 Gesellschaftsspiele-,
1656 Videospielrezensionen
2309 Berichte.