Doomtown: Reloaded

Ein einzelner Steppenläufer wird vom Wind über die Hauptstraße Gomorras gefegt. Der Platz vorm Saloon ist leer. Doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Freaks und Weirdos aus ihren Löchern kriechen, auf nichts anderes bedacht als ihren eigenen Vorteil – und den ihrer Fraktion. Willkommen in Doomtown. Welcome to the Weird West!
Dieses Spiel ist nur auf Englisch erhältlich. Für das Regelstudium sollte man über sehr gute Englischkenntnisse verfügen.

Diese Stadt ist nicht groß genug für uns alle

Wie der Name bereits vermuten lässt, ist der Weird West ganz nah an den Wilden Westen angelehnt. Nur ist eben alles ein wenig verrückt. Das liegt daran, dass es in der Fantasiewelt von Doomtown sogenannte Ghost Rocks gibt. Ein Material, mit dem man allerlei mächtige Dinge tun kann und das deshalb ziemlich beliebt ist. Genauer gesagt, sind es vier spielbare Fraktionen, die sich das seltene Gestein aneignen wollen: Die Law Dogs, das Gesetz der Stadt mit Sheriff und allem drum und dran, die Sloan Gang, eine brutale Bande von Gesetzlosen, die Morgan Cattle Company, eine korrupte Viehwirtschaft, und der 4th Ring, ein Wanderzirkus voller Freaks, der Gomorra nicht mehr verlässt, seit dort Ghost Rock erschienen ist.

Eine ziemlich bunte Ansammlung also. Und sie vertragen sich nicht besonders gut miteinander. Statt diplomatische Verhandlungen zu führen, um den Ghost Rock fair untereinander aufzuteilen, baut man daher auf weniger subtile Methoden: Man pfeffert sich kaltes Blei und alle möglichen Zaubereien um die Ohren und hofft, dass am Ende des Tages mehr Anhänger der Feinde in einer Kiefernbox liegen als von den eigenen Leuten.

Töten will gelernt sein

Das ist allerdings gar nicht so eine einfache Sache. Grundsätzlich ist Doomtown ein Living Card Game, kurz LCG. Das bedeutet, dass wir uns zunächst ein Deck bauen müssen, das wir später erweitern und verändern können. In der Grundbox ist dankenswerterweise ein Einsteigerdeck für jede Fraktion vorbereitet – zu tun haben wir trotzdem genug, bevor wir eine flüssige Partie spielen können.

Denn die Regelfülle von Doomtown hat es in sich. Aus acht verschiedenen Kartentypen, vier Spielphasen und eingebettetem Poker light wird ein ganz schön komplexes Spielsystem gebaut. Grundsätzlich gliedert sich ein Zug in die Phasen Gamblin', Upkeep, High Noon und Sundown.

In der Gamblin' Phase wird ausgespielt, wer in dieser Runde die einzelnen Phasen beginnt. Dazu setzt jeder Spielende eine Ghost Rock aus seinem Vorrat. Und wie kann man in bester Wild West-Manier darum spielen? Genau, mit Poker! Jede Karte hat neben ihrer ureigenen Funktion auch einen aufgedruckten Kartenwert aus einem klassischen Französischen Blatt, also z.B. den Pik König. Diese Werte kommen hier zum Einsatz: Alle Spielenden ziehen fünf Karten von ihrem Deck und zeigen sie gleichzeitig her. Weil es hier um Lowball Poker geht, gewinnt die niedrigste Hand. Und weil das an und für sich nur mäßig abwechslungsreich ist, darf durch bestimmte Karten geschummelt werden.

Nachdem wir also eine Spielerreihenfolge ausgespielt haben, folgt der Upkeep. Hier lukrieren wir Ghost Rock, den unsere Karten Runde für Runde produzieren. Aber Achtung! Unsere Dudes, das sind die Einheiten, wollen für ihre Dienste bezahlt werden! Schaffen wir das nicht, müssen wir vereinzelte Dudes abwerfen.

Die High Noon Phase ist das Herzstück des Spiels. Hier spielen die Kontrahenten Karten aus ihrer Hand aus und formen so ihre Ränge. Die wesentlichen Kartentypen sind Deeds, also Örtlichkeiten wie Lokale oder Ranges, und die oben erwähnten Dudes. Deeds liefern Ghost Rock, Dudes sind Feuerkraft. Unterstützen könne wir sie noch mit Goods, Actions und Spells.

Spielen wir einen Dude aus, ist der immer an einem gewissen Ort auf dem Spielfeld. Befinden sich mehrere Dudes von verschiedenen Spielern an einem Ort, kann ein Call out gemacht werden. Wird der akzeptiert, kommt es zur Schießerei! Andernfalls muss man sich zurückziehen. Shootouts selbst werden durch eine komplexere Variante des oben beschriebenen Poker abgehandelt, wobei natürlich Einheitenanzahl und -stärke für ordentliche Modifikatoren sorgt.

Die abschließende Sundown Phase steht nur für das klassische Aufräumen: Getappte bzw. um 90 Grad gedrehte Karten werden wieder in ihre aktive Position gebracht, Karten werden nachgezogen etc.

Das Spiel endet, wenn eine Seite mehr Kontrollpunkte ansammeln konnte, als alle anderen Fraktionen Einfluss haben. Kontrollpunkte erhalten wir durch Deeds, Einfluss kommt durch verschiedene Kartentypen zusammen.

Spieletester

21.10.2018

Fazit

Die Straßen von Gomorra sind nichts für Weicheier. Nur wenige Fraktionen sind mutig genug, hier dauerhaft ansässig zu werden. Und nur die härtesten Ladies und Gents unter ihnen dürfen darauf hoffen, am Ende des Tages nicht in einer Kiefernbox zu liegen. Die Einstiegshürde ist gewaltig, zum einen wegen der Fülle an Regeln, zum anderen durch das Cowboy-Englisch: Wir spielen kein Tutorial, sondern learn to play in one dang turn, haben keine Karten vor uns, sondern Dudes and Deeds und starten keine Schießerei, sondern sling some lead. Wer sich aber da durcharbeitet, wird mit einem atmosphärisch starken und spielerisch tiefen Titel belohnt, der schlaue Strategien belohnt und massenhaft Gelegenheiten zum Deck Building und Optimizing mit sich bringt. Für Vielspieler und Fans von LCGs eine starke Empfehlung!
Redaktionelle Wertung:

Plus

  • vielseitiges Deckbuilding
  • starkes Setting

Minus

  • Hohe Einstiegshürde

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 30 bis 45 Minuten
Preis: 30,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2014
Grafiker: Kalissa Fitzgerald
Genre: Deckbau, Taktik
Zubehör:

1 Spielregel
1 Tutorial
2 Spielerboards
306 Karten
60 Einfluss/Kontroll-Marker
54 Ghost Rock-Marker

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