Mysterium

Cluedo wäre um so vieles anders, wenn uns einer aus dem Hintergrund zuflüstern würde „Pssst. Oberst Gatow mit dem Kerzenleuchter in der Bibliothek“. Bei Mysterium ist diese ‚flüsternde‘ Stimme der Geist, der das von uns inspizierte Herrenhaus heimsucht.
Er möchte uns mitteilen wer ihn genau vor einem Jahr das Leben nahm, aber zu uns sprechen kann er nur in Form obskurer Visionen. Es sind wirre Bilder die er uns sendet, um uns zum Schuldigen seines plötzlichen Ablebens zu führen. Uns bleibt nur diese eine Nacht, um aufzudecken, wer die Gräueltat begangen hat, damit diese arme rastlose Seele ihre Ruhe finden kann.

Kerzen an – die Séance kann
beginnen


Mysterium ist ein kooperatives aufeinander zu gehen. Der Geist, also der Spielleiter, möchte die Spiritisten (die verbliebenen Mitspieler) in nur einer Nacht zu seinem Mörder führen, indem er ihnen Visionen mit Hinweisen zukommen lässt. Dabei ist es dem Geist (streng genommen) nicht gestattet zu reden, zumindest nicht um die Spiritisten zu führen – der Gute ist ja bekanntlich tot!

Zum Spielaufbau ist vor allem der Spielleiter gefordert. Er wählt aus den Geistkarten „Person“, „Ort“, „Objekt“ je eine Karte zufällig aus und steckt sie in die dafür vorgesehenen Taschen seines Sichtschirms. Somit wird für jeden Spiritisten (farblich abgegrenzt) ein Verdächtiger, ein Ort und eine Tatwaffe zum Spielbeginn festgelegt, die der Geist in den folgenden Runden mit seinen Visionskarten, eine Ansammlung abstrakter Zeichnungen wie bei beispielsweise Dixit, umschreiben muss.

Die Spiritisten erhalten Runde für Runde mindestens eine (wahlweise mehrere) Visionskarte offen vom Geist ausgehändigt. Dafür stehen dem Geist sieben Visionshandkarten zur Verfügung, die nach der Ausgabe an die Spiritisten immer wieder aufgefüllt werden. Nach dem Erhalt der Visionen müssen die Spiritisten ihre Vision interpretieren. Das darf gerne auch in Absprache mit den anderen Spielern passieren. Zunächst werden die Personen erraten. Gelingt dies, folgen die Orte, dann die Objekte. 

“Wieso ist denn bitte da eine Ratte im Ledermantel?!“

Die Schwierigkeit und der Reiz liegen dabei in der komplexen Bildsprache der einzelnen Visionen. Ein Beispiel: Die Vision zeigt Jagdtrophäen im Hintergrund, dann noch so etwas wie ein großer Käfer, darunter, auf der Erde sieht man zwei Teller. Auf einem der Teller scheint noch ein Pilz zu liegen, ein Fliegenpilz. Direkt neben dem Teller liegt ein aufgewickeltes rotes Garn. Zu den verdächtigten Personen zählen der Koch, der Jäger, die Näherin und die Hausmagd, die wiederum selbst ein rotes Garn auf ihrer Karte abgebildet hat.

Ein vielleicht nicht ganz so idealer Tipp des Geistes könnte man zunächst meinen. Aber immerhin grenzt er den Personenkreis auf vier von maximal neun ein – und er verwirrt zumindest den Spieler nicht! Der Spiritist darf jetzt seinen Eingebungsmarker auf eine der in Frage kommenden Personen stellen. Die Mitspieler dürfen dann ihre Hellsichtsplättchen dazu legen. Wenn sie glauben der Spieler liegt richtig, legen sie das Häkchen, andernfalls das Kreuz. Haben alle Spiritisten ihre Eingebungsmarker gesetzt, löst der Geist diese Visionsrunde auf. Eingebungsmarker der Spieler, die gemäß der zu Spielbeginn im Sichtschirm eingesteckten Geistkarten ihre Personen erraten haben, werden auf den Bereich „Ort“ vorgezogen und erhalten im Folgenden neue Visionskarten zu den verschiedenen Orten. Die Spieler werden auf der Hellsichtsleiste gemäß einer richtigen Einschätzung mit ihren Plättchen an den Eingebungsmarkern dementsprechend vorgezogen (wichtig für das Spielende). 
Alle, die der Geist nicht zum nächsten Bereich vorzieht, müssen eine weitere Runde ihre Visionen den ausliegenden Personen zuordnen. Der Vorteil: Es kommen durch die bereits richtig zugeordneten Verdächtigen weniger verbliebene Personen in Frage und man erhält weitere Visionen zu denen, die man in der Vorrunde bereits erhalten hat. So kann das Bild für die infrage kommende Person (später den Ort, das Objekt) schärfer werden. 

Eine kurze und turbulente Nacht

Nach jeder Visionsrunde wird der Zeiger der Uhr eine Stunde vorgestellt. Nach sieben Stunden ist die Nacht vorbei. Wenn alle Spieler bis hierhin nicht jeweils ihre Person, ihren Ort und ihr Tatobjekt gefunden haben, ist das Spiel jetzt schon verloren. Sollten es alle geschafft haben, folgt das Finale. Alle durch die Spiritisten gesammelten verdächtigen Hinweise werden übereinander ausgelegt. Der Geist sammelt sich ein letztes Mal, um den tatsächlichen Verursacher seines Dahinscheidens in Form von drei Visionen endgültig zu identifizieren. Hier sind die im Lauf des Spiels durch die Spieler gesammelten Punkte auf der Hellsichtsleiste nun von entscheidender Bedeutung. Gemäß ihrer Einschätzungen im Lauf des Spiels müssen sie sich bereits nach der Auslage einer, der zweiten oder im Idealfall bei der dritten Vision auf den eigentlichen Täter festlegen. 

Der Geist löst auf. Ist der Täter richtig identifiziert ist das Spiel für alle gewonnen. Andernfalls muss ein Jahr gewartet werden, damit sich der Geist erneut eine Nacht mit Visionen verständlich machen kann.

Ausstattung

Der Karton ist gut aufgeteilt und bietet allem genug Platz. Die Illustrationen sämtlicher Karten sind auf dem allerhöchsten Niveau. Auch das Spielmaterial wie beispielsweise die Uhr oder der Sichtschutz ist sehr gut und durchdacht gearbeitet. Die Anleitung bietet einen sehr stimmungsvollen Themeneinstieg und ist dabei gut gegliedert und verständlich, auch wenn es trotzdem hilfreich ist, einen erfahreneren Spieler in der erste Runde dabei zu haben.

Spieletester

09.09.2016

Fazit

Also, ein modernes Cluedo? Man kann sich diesem Gedanken in den ersten Minuten schwer verwehren, da wir auch hier eine Person, einen Ort und eine Tatwaffe suchen. Aber dennoch ein ganz klares „Nein“. Auch wenn ich den Vergleich selbst in der Einleitung angeschnitten habe, teilen sich die beiden Spiele weder in puncto Atmosphäre noch Spielemechanik irgendwelche Elemente. Dass es sich hierbei zusätzlich um ein kooperatives Spiel handelt, unterstreicht die Diversifikation. Mysterium schafft mit seinem Bildsprache-Element einen neuen Denkanspruch an eine komplette Spielergruppe und hebt sich auch somit von dem von Kritikern gefeierten Dixit in der Verwendung der Bilder ab.

Es ist dabei nicht immer ganz leicht als Geist-Spieler wirklich gute Informationen seiner Gruppe zukommen zu lassen. Ein klassischer Effekt von Bildern: Jeder sieht etwas anderes drin. Das macht es so unfassbar interessant und gleichermaßen anspruchsvoll.

Einziges Manko für mich ist die doch teils anstrengende Arbeit für den Spielleiter. Erstens ist es, trotz der mitgelieferten Hilfsmittel, nicht immer einfach den Überblick zu behalten. Gleichzeitig muss er immer am besten präzise Visionen den Spielern liefern. Das bedarf Bedenkzeit, wodurch die anderen Spieler (Spiritisten) öfters auf ihre Visionskarten warten mussten, ohne selbst irgendetwas spielrelevantes erledigen zu können.

Von dem für mich sehr kleinen Wermutstropfen mal abgesehen ist Mysterium ein absolutes top Spiel mit gutem Unterhaltungswert für Spieler die „ne 5 mal gerade sein lassen“ können!

Redaktionelle Wertung:

Plus

  • starke Bildsprache
  • Spielmechanik mit Visionen fordert alle Mitspieler am Tisch
  • gute kooperative Symbiose aus Spielleiter und Mitspielern

Minus

  • Wartezeiten
  • administrativer Aufwand für den Spielleiter/Geist

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Besucherkommentare

Xarlos | 09.09.2016

geniales Spiel, allerdings muss die gesamte Spielrunde mitziehen und Spass haben

Philipp O. | 02.01.2017

Atmosphärisch, spannend, knifflig und kommunikativ - das Spiel ist top. Sofern die Mitspieler ein Mindestmaß an Fantasie mitbringen. Sonst wird´s echt mühsam.

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 7
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 45 bis 90 Minuten
Preis: 33,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2015
Verlag: Asmodee, Libellud
Zubehör:

1 Uhr Tableau
1 Sanduhr
4 Fortschrittstafeln (Personen, Orte, Objekte, Finale)
1 Hellsicht-Anzeige
18 Spiritistenkarten „Personen“
18 Spiritistenkarten „Ort“
18 Spiritistenkarten „Objekte“
6 Eingebungsmarker
6 Hüllen
6 Hellsicht-Marker
36 Hellsichtplättchen (6 je Farbe)
1 Sichtschirm
18 Geistkarten „Personen“
18 Geistkarten „Ort“
18 Geistkarten „Objekt“
6 Täterplättchen
3 Krähenplättchen
6 Geistplättchen
84 Visionskarten

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