Das Mittelalter ist nicht nur für uns Europäer eine überaus faszinierende Zeitepoche. Teilweise romantisch verklärt, teilweise brutal überzeichnet bietet dieser Abschnitt der europäischen Geschichte schon aufgrund der vielen Überlieferungen und der Fülle der erhaltenen Kunstwerke und Baudenkmäler für jeden Betrachter etwas Besonderes. Zahllose Filme und historische Romane prägen zudem unser nicht immer historisch korrektes Verständnis für diese geschichtliche Epoche und regen gleichzeitig unsere Fantasie an. Auch im Brettspiel-, Co-Sim- und Rollenspielsektor wird das Mittelalter gern und oft als Hintergrund für die jeweiligen Szenarien genutzt.

Auch das hier vorliegende Fief nutzt diesen geschichtlichen Hintergrund und entführt die Spieler in ein fiktives, französisch geprägtes mittelalterliches Reich. Dabei erblickte die erste Auflage von Fief, was zu gut deutsch „Lehen“ bedeutet, schon 1981 das Licht der Spieltische. 1989 folgte dann ein leicht überarbeitetes Fief 2. Seit einiger Zeit war nunmehr die dritte Auflage von Fief durch den französischen Verlag Asyncron Games angekündigt, bevor das Spiel dann endlich 2011 den Weg in die Regale der Händler fand. Hierbei wurden nicht nur die Grafik und das Material deutlich zum Positiven überarbeitet, sondern auch die Regeln entschlackt und vereinfacht. Zudem wurde der Fokus des Spiels erweitert und weg vom reinen Kampf hin zu mehr diplomatischem Einsatz gelegt.

Auf dem aktuellen Spielplan findet sich in wirklich vorzüglicher Grafik dargestellt der Teilausschnitt einer mittelalterlichen Landkarte mit acht farblich voneinander unterscheidbaren Lehen. Dabei besteht jedes Lehen aus mehreren durch Wege miteinander verbundenen Dörfern und einem Schloß bzw. einer Burg. Gleichzeitig gibt es aber auch fünf Bistümer, deren Grenzen jedoch nicht mit jenen Grenzen der einzelnen Lehen identisch sind, sondern munter und frei in der Landschaft verlaufen und so übergreifende Gebiete bilden. Auf dieser Karte sollen die Spieler durch Eroberung und diplomatische Absprachen ihre jeweiligen Einflussbereiche erweitern, sich anschließend und als wohlüberlegtes Resultat daraus mit weltlichen oder klerikalen Titeln schmücken, um deren Vorteile zu nutzen und so zum mächtigsten Adligen im Reich aufzusteigen. Dabei bringt die Kontrolle über ein Lehen sowie die einzelnen Titel der eigenen Adligen im Spiel die notwendigen Siegpunkte.

Fief selbst läuft in einzelnen Runden ab, wobei jede Runde immer aus sieben Phasen besteht, welche nacheinander abgearbeitet werden. Dabei wird die letzte Phase jeder Runde benutzt, um zu überprüfen, ob irgendeiner der Spieler die Siegbedingungen erfüllt, was entweder 3 notwendige Siegpunkte im Solospiel oder 4 Siegpunkte im Teamspiel zu Grunde legt und ein sofortiges Spielende nach sich ziehen würde. Vereinfacht aufgelistet haben die einzelnen Phasen nachfolgende Inhalte: Diplomatie und Wahlen; Nachziehen von maximal 2 Karten; Bestimmung des eigenen Einkommens; Kauf von Truppen, Gebäuden oder Titeln; Bewegung der Einheiten auf dem Spielbrett; notwendig gewordene Kämpfe; Überprüfung der Siegbedingungen.

Jeder der Spieler beginnt das Spiel mit einem zufällig gezogenen Adligen und ein paar Truppen in einem selbstbestimmten Dorf. Von hier aus werden nahe liegende, neutrale Dörfer unter den eigenen Einflussbereich gebracht und in diesen Mühlen für ein größeres Einkommen oder Burgen zum Schutz des Gebietes gebaut. Schnell vergrößert sich durch die Bautätigkeit und das vergrößerte Einflussgebiet das anfangs geringe eigene Einkommen. Diese Gelder sollten natürlich schnell in mehr Truppen oder weitere Gebäude reinvestiert werden. Werden alle Dörfer eines Lehens vom selben Spieler kontrolliert, der dazu dort noch eine Burg besitzt, ist es möglich den entsprechenden Lehenstitel zu kaufen. Aber Achtung, die lieben Mitspieler stehen schon in den Startlöchern und rasseln hörbar mit ihren Säbeln, denn natürlich gönnt in diesem Spiel niemand dem anderen auch nur den geringsten Vorteil, und wenn ein Spieler scheinbar zu mächtig werden sollte wird ihm ganz schnell auf die Finger geklopft. Aber nicht alle Situationen können durch einen Kampf gelöst werden. Auch die Diplomatie nimmt einen hohen Stellenwert ein. So können sich z.B. zwei Spieler unter vier Augen auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Die Vielfältigkeit der jeweiligen Interessen macht es möglich. So ist es durchaus von Vorteil, einem Konkurrenten die noch fehlende Stimme zu dessen Wahl zum Papst zu liefern, um im Gegenzug vielleicht eine überflüssig gewordene eigene Ehe annullieren zu lassen. Ob sich jeder allerdings an alle getroffenen Absprachen hält oder diese bricht, bleibt wie im echten Leben offen.

Spieletester

06.09.2012

Fazit

Fief ist nicht nur ein Aufbau-, Eroberungs- und Diplomatiespiel, sondern gleichzeitig fast schon eine Art Simulation der Welt des Mittelalters. So ersteht vor den Augen der Spieler, die sich auf solche Art Spiel einlassen können, eine Welt voll Intrige, Bündnissen, Verrat, Krieg und Mord. Man muss dabei aber von Anfang an sehr genau überlegen, in welche Richtung man eigentlich spielen und sich entwickeln will, denn die Möglichkeiten sind vielfältig und jede getroffene Entscheidung zieht etliche Folgen nach sich. So sind z.B. bestimmte Titel für die Adligen sowohl mit Boni als auch Mali behaftet und können dadurch manchmal eher hinderlich als nützlich sein. Auch die Mitspieler werden alles tun um den aktuell Führenden am Sieg zu hindern. Anders als bei vielen Eurogames mit ähnlichem Thema wie z.B. Ora et labora, bei denen die Spieler vorwiegend separat vor sich hin spielen, wird bei Fief Interaktion groß geschrieben. Weitere Pluspunkte sammelt das Spiel durch die überdurchschnittlich gute Grafik und das ebenfalls sehr gute und reichliche Material.

Doch leider gibt es dort wo Licht ist auch immer Schatten. So hat Fief zwar vielfältige Möglichkeiten und komplex verwobene Strukturen im Spiel zu bieten, dieses wird jedoch durch eine entsprechend lange Spielzeit von mindestens 3 Stunden erkauft. Die Spielregel ist zwar gut und anschaulich illustriert, aber zu umständlich geschrieben. Zudem ist es nicht sonderlich dienlich, dass die Kurzerklärungen des Spiels und die Regel nur in französischer Sprache vorliegen. Dankenswerterweise gibt es mittlerweile wenigstens eine englische Spielregel und auch auf der Webseite von BGG einige englischsprachige Hilfen. Durch die vorgenannten Probleme vor allem mit der Spielregel ist die Einstiegshürde im Spiel recht hoch und Fief somit für Gelegenheitsspieler keinesfalls zu empfehlen. Spieler die sich allerdings auf das vorstehend geschilderte Spielerlebnis einlassen können und wollen, die hohe Kunst der diplomatischen Rede beherrschen und frustresistent sind, wenn es trotzdem einmal schiefgehen sollte, werden mit einem durchaus nicht alltäglichen und sehr atmosphärischem Spiel belohnt.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 6
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 180 Minuten
Preis: 40,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2011
Verlag: Asyncron Games
Grafiker: Patrick Dallanegra
Genre: Strategie
Zubehör:

Spielbrett , Spielregel (französisch!), 2 Spielhilfen (Kartenauslagen), 6 Kurzspielregeln (französisch!), 90 Plättchen Kämpfer (15 pro Farbe), 48 Plättchen Ritter (8 pro Farbe), 18 Adligen-Marker (12 Männer und 6 Frauen), 12 Plättchen Burg, 8 Plättchen Stadt, 12 Plättchen Belagerungswaffe, 15 Stück Plättchen Mühle, 12 Plättchen Wahl (2 pro Farbe), 18 Plättchen Steuern (3 pro Farbe), 6 Plättchen Heirat (1 pro Farbe), 18 Plättchen Botschaft, 1 Plättchen Kronprinz, 2 Plättchen Meuchelmörder, 1 Plättchen Exkommunikation, Münzplättchen in drei verschiedenen Werten, 22 Charakter-Karten, 24 Ereigniskarten, 10 Unglücks-Karten, 17 Titel-Karten, Startspielerkarte, 6-seitiger Würfel, acht spezielle Kampfwürfel in zwei verschiedenen Farben, 18 Kunststoff-Basen für die Adligenkarten

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