Seitdem 2010 7 Wonders auf der Bildfläche erschienen ist und damit das Genre der Drafting-Spiele quasi begründete, müssen sich alle Nachfolger an diesem Platzhirsch messen lassen. Bisher schaffte es aber noch keines der nachfolgend erschienenen Spiele, die den Drafting-Mechanismus als hauptsächliches Spielelement verwenden, ihm den Rang abzulaufen. Jetzt gibt es mit dem hier vorliegenden Neom von Lookout Spiele einen neuen Herausforderer und einen neuen Versuch. 

Die Spieler wollen über drei Generationen hinweg auf ihren Tableaus die ideale Stadt der Zukunft erbauen. Dazu wählen sie in den sieben Runden, die eine Generation andauert, jeweils ein Gebäude-Plättchen aus einem zwischen den Spielern weiter gegebenen Plättchenstapel aus und erweitern durch dieses ihre Stadt. Die zweite und dritte Generations-Phase läuft nach demselben Prinzip ab, allerdings wird die eigene Stadt nun durch komplexere Gebäude vergrößert. Nach Abschluss der drei Generations-Phasen werden die Siegpunkte für das Erreichen bestimmter Ergebnisse zusammengezählt. Derjenige Spieler, der in seiner Stadt die idealsten und punkteträchtigsten Gebäude-Kombinationen errichten und somit die meisten Siegpunkte erreichen konnte, gewinnt bei Neom.

Jeder der Spieler beginnt das Spiel mit einem eigenen Stadttableau, dem daraus resultierenden Grundrohstoff und ein wenig Geld. Zusätzlich erhält jeder Spieler einen Stapel mit vier Grundgebäuden, den sogenannten Ankergebäuden. Von diesen sucht er sich verdeckt eines aus und gibt die restlichen an seinen linken Nachbarn weiter. Von seinem rechten Nachbarn erhält er gleichzeitig einen Stapel mit drei Ankergebäuden, von denen er sich eines aussucht und den restlichen Stapel wiederum an seinen linken Nachbarn weitergibt. Diesen Vorgang nennt man Drafting und er wird in diesem Fall wiederholt, bis jeder Spieler drei Ankergebäude hat. Gleichzeitig ist dieses Drafting der Grundmechanismus, mit dem die Spieler in den einzelnen Spielrunden an ihre Plättchen kommen. 

Neom wird über drei Generationsphasen gespielt. Diese sind wiederum in jeweils sieben Spielrunden unterteilt. Zu Beginn einer neuen Generationsphase erhält jeder Spieler einen Stapel mit acht Gebäudeplättchen. Diese Plättchen werden vor der Partie entsprechend der Spieleranzahl zusammengestellt. 

In jeder Spielrunde wählt sich der Spieler ein Gebäudeplättchen aus, bevor er die Restlichen an seinen Nachbarn weitergibt. Nun kann er entweder dieses Plättchen bauen, stattdessen eines seiner Ankergebäude errichten oder aber im ungünstigsten Fall das gewählte Plättchen für Geld verkaufen,  bevor die nächste Runde mit der erneuten Auswahl eines Gebäudeplättchens beginnt.

Der Bau eines Gebäudes funktioniert recht einfach. Hierfür müssen in den meisten Fällen entweder monetäre Baukosten entrichtet werden oder aber eine geforderte Warenproduktion bzw. eine bestimmte Anzahl von Gebäuden in der eigenen Stadt vorhanden sein. Ist die auf dem Plättchen geforderte Voraussetzung erfüllt, kann es angrenzend an schon errichtete Gebäude der Stadt gebaut werden. Eine grundlegende Bedingung ist allerdings, dass die darauf abgebildeten Straßen mit dem Ursprungsfeld der Stadt verbunden sind. Beim Auslegen dürfen die Plättchen weder gedreht noch gewendet werden. Es gibt in Neom fünf verschiedene Gebäude- bzw. Plättchentypen die zur besseren Unterscheidung farblich gekennzeichnet sind. Grüne Wohngebäude, blaue Wirtschaftsgebäude, gelbe Industriegebäude, orange öffentliche Gebäude und graue Rohstoff-Abbaugebiete. Die Gebäudetypen haben bestimmte Wechselwirkungen untereinander, dazu kommen noch eventuelle individuelle Eigenschaften der einzelnen Gebäude. Diese Eigenschaften sind zur besseren Übersicht noch einmal in einem 3-seitigen Glossar zusammengefasst.

Ankergebäude werden analog zu den Bauregeln normaler Gebäude auf dem eigenen Tableau platziert. Sie gewähren gewisse Vorteile, meistens aber Siegpunkte in der Endabrechnung.  Allerdings darf die Anzahl der gebauten Ankergebäude eines Spielers nicht die Nummer der aktuellen Generationsphase übersteigen. Sollte Geld knapp sein oder ein Gebäudeplättchen partout nicht zum eigenen Stadtplan passen, kann es für fünf Coins verkauft werden.

Einfach so vor sich hin bauen wäre ja auf die Dauer öde. Deshalb gibt es eine Entsprechung zum Computerspiel-Klassiker Sim City, die Katastrophen. In jeder Generation kann eine bestimmte Katastrophe über die Spieler hereinbrechen. In der ersten Generation eine Überschwemmung, in der Zweiten ein Großbrand und in der Dritten die Gewaltwelle. Die Katastrophen sind Plättchen analog den Gebäuden und werden mit diesen gedraftet. Wählt ein Spieler die Katastrophe und spielt sie aus, kann er in dieser Runde zwar kein Gebäude bauen, schadet allen Mitspielern aber durch ihre nicht zu unterschätzenden Auswirkungen, von denen er allerdings verschont bleibt.
Am Ende jeder Generation erhalten die Spieler ein Einkommen, das der Wirtschaftskraft ihrer Stadt entspricht. Mit diesem müssen sie die nächste Generation bestreiten. Zum Spielende gibt es die Endwertung, in der es Siegpunkte für bestimmte gebaute Gebäude, für die Größe von Wohngebieten und die Anzahl verschiedener produzierter Waren, sowie für vorhandenes Geld gibt. Mali hingegen gibt es, wenn kaum Wohngebäude errichtet wurden, die Stadt nicht mit Strom versorgt ist oder Wohngebiete an Industriegebäude angrenzen. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt das Spiel. 

Spieletester

19.11.2019

Fazit

Neom hat deutlich sichtbare Parallelen zu 7 Wonders. Das Spielelement des Draftings, die mit den Weltwundern vergleichbaren Ankergebäude, das Ineinandergreifen der einzelnen Gebäudearten. Aber es erzeugt gleichzeitig auch ein komplett anderes Spielgefühl. Während 7 Wonders eindeutig bei der tollen grafischen Präsentation und der einfachen Zugänglichkeit punktet, ist Neom eher ein Titel für Optimierer und Tüftler.

Die Einstiegshürde ist aufgrund der vielfältigen Verflechtungen zwischen den Gebäuden, die auf Anhieb nicht so schnell zu durchschauen sind, der gewählten Symbolik und der gewöhnungsbedürftigen Grafik sehr hoch. Gleichzeitig hat es aber auch eine recht steile Lernkurve. Hat man erst einmal verstanden, wie der Hase im Spiel läuft und wofür man Punkte bekommt, ist man recht schnell angefixt und versucht von Partie zu Partie, den eigenen Score zu verbessern. Dabei steht bei Neom das Optimieren der eigenen Stadt deutlich im Vordergrund und drängt trotz des vordergründigen Draftings den Aspekt der Interaktion in den Hintergrund. Dazu sind die auf den Plättchen verwendeten Symboliken zu klein und zu schlecht erkennbar, als dass man mitbekommen könnte, woran die benachbarten Spieler gerade arbeiten. Mit Optimier-Spielen geht meistens auch ein gewisser Grübelfaktor einher. Hier müssen die Spieler selbst darauf achten, dass dieses nicht zu stark ausartet.

Neom würde ich im Gegensatz zu 7 Wonders trotz der einfachen Spielregel nicht unbedingt als Familienspiel verorten. Guten Gewissens kann man es aber allen Fans von Optimierspielen empfehlen, die mit dem gewissen Zufalls- und Glücksfaktor im Spiel umgehen können und sich trotzdem von Partie zu Partie steigern wollen.

Redaktionelle Wertung:

Plus

  • ideal für alle Fans von Optimier-Spielen
  • Punktejagd
  • wirtschaftliche Abhängigkeiten werden schön simuliert
  • Solospiel möglich

Minus

  • durch die Symbolik sehr hohe Einstiegshürde
  • hoher Grübelfaktor
  • Grafik nicht wirklich wirklich atmosphärisch
  • nicht zu unterschätzender Glücksfaktor

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Besucherkommentare

drfunk | 20.11.2019

Die Begrifflichkeit "steile Lernkurve" umschreibt einen hohen Erkenntnisgewinn in kurzer Zeit, also etwas positives. In diesem Sinne wird der Begriff hier falsch verwendet.

Ralf | 21.11.2019

Hi, korrekt! Allerdings habe ich mich falsch ausgedrückt. Was ich meinte ist, dass es durch die Steile Lernkurve zu einem Ungleichgewicht zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen im Spiel kommt und dass dieses nicht ausgeglichen werden kann.

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 1 bis 5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 45 Minuten
Preis: 40,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2018
Verlag: Lookout Spiele
Grafiker: Christian Opperer
Genre: Drafting, Legen
Zubehör:

Spielregel 

Sechs verschiedene Stadtpläne

120 Gebäudeplättchen (je 40 Plättchen der 1., 2. und 3. Generation)

30 Ankergebäudeplättchen

85 Warenmarken insgesamt, davon:

30 Rohstoffmarken (je 5× Erz, Erdgas, Holz, Öl, Kohle, Stein)

40 Handelsgutmarken (je 5× Stahl, Beton, Bauholz, Diamanten, Glas, Plastik, Kupfer, Gold)

15 Luxusgutmarken (je 5× Sportwagen, Schmuck, Elektronik)

Wertungsblock

65 Münzmarker (29× Einer, 18× Fünfer, 12× Zwanziger, 6× Fünfziger)

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