European Ody-see

Der griechische Held Odysseus ist uns aus der Ilias bekannt. Dort wird seine zehnjährige Irrfahrt erzählt. Eine Odyssee haben nun die Spieler vor sich, die aber keine zehn Jahre sondern maximal dreißig Minuten dauert. Wer wird am schnellsten wieder nach Hause finden oder die größten Abenteuer erleben?

Dieses Spiel ist nur in englischer Sprache (Spielanleitung, Kartentexte) erhältlich.

Adieu, Heimat

Die Spieler haben einen Heimatort, an dem sie mit ihrer Spielfigur starten. Von dort aus wird die Welt bereist. Entweder man bereist sechs Orte und kehrt dann wieder heim, oder man besucht in einer vereinbarten Zeit möglichst viele Orte. Die Reiseziele sind in beiden Fällen durch gezogene Karten vorgegeben. Damit die Reise für alle Spieler halbwegs gleich schwierig ist, muss man Karten aus unterschiedlichen Bereichen des Spielplans und gegebenenfalls auch mit unterschiedlichen Symbolen auf der Hand halten. Ist eine solche Verteilung durch den Zufall nicht gegeben, muss man solange Karten vom Stapel ziehen und tauschen, bis sie erfüllt ist. Dann geht es mit der Odyssee los.

Wir fliegen mit dem Schiff über Straßen

Um die Bewegung festzulegen, spielen wir mit beiden Würfeln. Der eine gibt die Basiszugweite an. Der zweite bestimmt, ob es bei der Basiszugweite bleibt, ich „Bonusmeilen" (=zusätzliche Schritte) erhalte oder eine Ody-seekarte (=Ereigniskarte) ziehen muss. Ob die Bonusmeilen eine Schifffahrt oder ein Flug sind, wird in den dem Spiel beiliegenden Unterlagen an unterschiedlichen Stellen leider unterschiedlich angegeben. Sowohl von der Geschwindigkeit als auch von den Reisewegen her gesehen müssen es Flüge sein. In jedem Fall darf ich mich nur entlang der markierten Wege von Punkt zu Punkt bewegen. Ziel sind immer die mir zugeteilten Ortskarten, die ich in beliebiger Reihenfolge anfahren darf.

Die Ereigniskarten

Einige Ereigniskarten sind nach dem Schema „befindest du dich im Sektor der Farbe xy, dann bewege dich sofort in die Stadt z im selben Sektor" angelegt. Das kann einem die Suppe ganz schön versalzen und die Reise zu einer wahren Odyssee machen, aber angesichts von sechs unterschiedlichen Farben am Spielplan ist die Gefahr relativ gering. Ähnlich sind die Karten, die einem das Versetzen zu einem angegebenen Ort erlauben. Der eigene Standort ist dabei egal, man muss das Angebot nicht annehmen, wenn man nicht will.
Andere Karten lassen eine Karte einer von mir bereisten Stadt durch einen Mitspieler wählen. Da für jeden Ort verschiedene Dinge angegeben sind (Land, Einwohnerzahl, vorherrschende Glaubensrichtungen...) ist hier ein Quiz inkludiert. Die Ereigniskarte gibt an, wonach man gefragt wird. Kann man die Frage beantworten, dann erhält man ein paar Schritte zusätzlich. Anderenfalls passiert nichts.
Kurios sind die Karten, durch die man eine zusätzliche Ortskarte ziehen muss bzw. darf. Für das Zeitspiel kann es hilfreich sein, aber für das Bereisen aller Orte vor der Heimfahrt mitunter eine Katastrophe. Dem gegenüber steht eine Karte, die einen sofort in die Heimat zurückversetzt. Zum richtigen Zeitpunkt ist das bei der einen Spielvariante ein Siegbringer, bei der anderen meist ein Rückschlag.
Abschließend sei noch gesagt, dass es ein paar Tauschkarten gibt. Man kann versuchen, eine eigene Ortskarte mit der eines Mitspielers zu tauschen, wobei ein Würfelduell über die Aktion entscheidet.

Spielende

Das Spiel endet, wenn ein Spieler all seine Städte besucht und wieder die Heimat erreicht hat (er hat sofort gewonnen) bzw. wenn in der anderen Spielvariante die Zeit vorüber ist. Ist letzere Variante die gewählte, ermitteln die Spieler die erreichten Punkte. Dafür ermitteln alle Spieler die Werte der Symbole jener Städte, die sie besucht haben, und addieren diese. Der Spieler mit den meisten Punkten trägt den Sieg davon.

Spieletester

18.05.2017

Fazit

Leider passt bei Ody-see schon vor dem Spiel einiges nicht. Es gibt die bereits angesprochenen Widersprüche, was die Zusatz-Bewegungsweite angeht, aber das sind eigentlich die kleineren Probleme. Da wäre nämlich zum Beispiel das Fehlen einer Zeitangabe für das zeitliche begrenzte Spiel! Wie soll man eine Zeit festlegen, wenn man gar nicht weiß, wie lange eine Partie dauert? Ich kann nur hoffen, dass die Angabe auf der Box (45-75 Minuten) stimmt. Tut sie das? Kommt auf die Spielerzahl an. Ich würde eher von 10-15 Minuten pro Spieler ausgehen. Für drei bis fünf Personen passt es vielleicht, zu zweit ist man auf jeden Fall schneller fertig, zu sechst könnte es eine Spur länger dauern.

In meinen Augen sind die Auffindehilfen auf den Karten nicht sehr hilfreich, da sie nur einen kleinen Ausschnitt der großen Europakarte zeigen. Da kann ich alternativ oft schneller im farblich deutlich angegebenen Gebiet nach dem Namen der Stadt suchen; wenn ich ihn denn lesen kann. Speziell die gelbe Schrift auf grauem Untergrund macht bei den Karten Probleme. Die Symbole sind hingegen oft schwarz auf sehr dunklem Hintergrund und am Spielplan kaum zu erkennen (wo sie aber nur wenig Sinn haben, wichtiger ist ihr Vorhandensein auf den Karten). Die lila Laufwege leiden ebenfalls unter fehlendem Kontrast. Vereinzelt glaubt man, gar nichts zu sehen, was sogar den Tatsachen entspricht: Manche Städte des Spielplans sind nicht an das Wegenetz angebunden; aber auch nicht als Karten vorhanden. Diese hätte man ruhig weglassen können, um die Übersichtlichkeit zu steigern. Wie chaotisch ein Spiel deswegen ablaufen kann, sieht man phasenweise in einem offiziellen Gameplay-Video des Verlages.

Die Idee mit dem Quiz ist eine halbherzige: Ich muss mir nur die paar Karten merken, die ich zugeteilt bekommen und noch nicht erfüllt habe, in vielen Fällen hat man Auswahlantworten. Dieser edukative Effekt ist gering, zumal die Folgen des Nichtwissens verschmerzbar sind (nämlich keine, außer dass ich die Bonusschritte nicht bekomme). Kann ich im Moment der Ereigniskarte noch rasch büffeln? Theoretisch ja, da sollten die Mitspieler ein Auge darauf haben.

Spielt man in Teams, so kann man laut Spielanleitung gemeinsam Strategien planen und mit bis zu zwölf Personen spielen. Strategie bei einem Würfelspiel mit Kartenglück? Nicht wirklich. Durch die unterschiedlich schwere Erreichbarkeit der zugelosten Städte, das pure Glück, ob man eine längere Bewegung bekommt oder auf eine Odyssee geschickt wird, ist jede Strategie überflüssig. Wir haben hier ein pures Würfelspiel, das in geringem Maß nebenbei Wissen vermittelt.

Die Verteilung der Symbole am Spielplan ist ohne sichtbares Konzept erfolgt, eine wertvolle Stadt mit drei Punkten liegt direkt neben einer mit nur einem Punkt ... Da schlägt schon bei der Kartenverteilung am Beginn das Glück zu, ob ich überhaupt wertvolle Städte bekomme und eine reelle Siegchance habe.

Wir haben hier Ody-see in der Europaversion Economy. Es gibt auch eine US-Version, eine Weltkarte, eine Bibelversion... Und das alles nicht nur als glatten Spielplan, sondern auch als (natürlich teurere) 3D-Version, in der die Seehöhen modelliert sind. Die Spielpläne sind dann aus einer Art laminiertem Pappmaché.

Kurz zusammengefasst: Der Spielablauf ist sehr einfach gehalten, die taktischen Elemente sind nicht ausgewogen. Ob man etwas lernt oder nicht, liegt im eigenen Ermessensspielraum, für einen erfolgreichen Spielverlauf ist die Aneignung von Wissen irrelevant.

Redaktionelle Wertung:

Plus

  • Man kann etwas über andere Länder und Kulturen lernen.

Minus

  • Lerneffekt ist für den Spielerfolg nicht zwingend notwendig
  • Farbgebung teils schwierig
  • Punktewerte der einzelnen Karten nicht nachvollziehbar

Teilen mit facebook twitter

Kommentar verfassen

Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 12
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 20 bis 80 Minuten
Preis: 39,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2008
Verlag: Ody-see
Autor: Len Wicks
Zubehör:

1 Bewegungswürfel
1 Spezialwürfel
6 Spielsteine
6 Heimatkarten
50 Ody-seekarten
100 Ortskarten
1 Spielanleitung

Anzeige

Statistik

Derzeit findest Du auf spieletest.at 7125 Gesellschaftsspiele-,
1656 Videospielrezensionen
2304 Berichte.