Augsburg 1520

"Geld allein macht nicht glücklich" heißt es im Volksmund. Nun, das vielleicht nicht. Aber es kann durchaus Mittel zum Zweck sein. Es gab in der Geschichte einige Personen, die gleichzeitig reich und hoch angesehen waren. Einer davon war Jakob Fugger, der 1459 in Augsburg geboren wurde. Er herrschte über ein Handelsimperium, das in Spitzenzeiten einen höheren Wert hatte, als die 30 Unternehmen des heutigen DAX (Deutscher Aktien-Index). Was tut man mit so viel Geld? Anlegen ist wohl eine clevere Sache, vor allem wenn man mit den Deutschen Monarchen eng befreundet ist. Es traf sich günstig, dass die Kaiser und Könige meist knapp bei Kasse waren; Jakob Fugger sprang ein und half finanziell aus. Die Liquidität der Schuldner wurde aber nur selten besser, so dass der Geldfluss eher einseitig war. Fugger hat allerdings stets eine Gegenleistung für den Schuldenerlass verlangt. So wurden im wiederholt Privilegien und Rechte verliehen durch die er enormes Prestige erlangte.

Angelehnt an den historischen Verlauf, erwirbt man Schuldscheine der Kaiser und Könige. Die wiederum revanchieren sich in Form von Privilegien. Geld und Amtswürden sind nur Mittel zum Zweck, um an das große Ziel zu gelangen: Prestige!

Das Hauptelement des Spiels ist ein nicht alltäglicher Versteigerungsmechanismus, auf den ich hier genauer eingehen möchte. Mit Hilfe der am Rundenbeginn erworbenen Schuldscheine geht man in die 5 Auktionen. Die Schuldscheine haben zwar verschiedenen Wert, dieser ist allerdings nur beim Erwerb relevant. Im weiteren Verlauf geht es nur mehr um die Anzahl. Reihum kann jeder Spieler passen, mitgehen oder eine höhere Anzahl Schuldscheine bieten. Wichtig ist: Man darf nie ein eigenes Gebot erhöhen! Und natürlich sind nur jene Schuldscheine zulässig, die am Hof des aktuellen Monarchen ausgestellt wurden.
Hierzu ein kleines Beispiel: Spieler A bietet 1 Schuldschein, Spieler B erhöht auf 2 Schuldscheine. Spieler C passt, Spieler A geht bei den 2 Schuldscheinen mit. Die Reihe ist wieder an Spieler B. Er kann nun nicht mehr erhöhen, da das aktuelle Höchstgebot von ihm selbst ausgerufen wurde - es geht an die Auswertung.

Bei der Auswertung gewinnt der Schuldschein mit der höchsten Zahl. Die Zahlen wiederum haben mit dem ursprünglichen Ankaufwert des Schuldscheines zu tun. Unterlegene Spieler erhalten eine kleine Entschädigung. Der Sieger darf unter den ausliegenden Privilegienkarten wählen und sie ausführen. Das bedeutet, dass neue Ämter und Rechte auf sein Spielertableau wandern. Zu beachten gilt es, dass für die 5 Versteigerungen genau 5 Privilegienkarten ausliegen. Wer sich also alles für die letzte Versteigerung aufhebt, muss nehmen was noch da ist.

Aufstieg gibt es in Sachen Geld, Prestige und Ämter. Den größten Profit schlägt man daraus erst am Rundenende, aber auch zwischendurch kann man Etappenerfolge feiern: So bieten die selteneren, hohen Stufen ein Recht, das den Erwerb eines dauerhaften Vorteils einbringen kann. Darum sind die hohen Plättchen auch heiß begehrt, die Mitspieler möchten sie einem bei nächster Gelegenheit wieder entreißen. Auch dafür gibt es eine kleine Abfindung. Beim Sammeln von Prestige darf man aber eines nicht außer Acht lassen: die Einbringung in der Kirche! Nur wer Geld für Kirche bzw. Dom springen lässt, darf Hürden auf der Zählleiste überspringen.

Was einem bei Augsburg 1520 recht bald auffällt, ist die große Streuung der Spieldauer. Während in Minimalbesetzung keine halbe Stunde ausreicht, braucht eine volle Runde klar länger als eine Stunde um ein ähnliches Ziel zu erreichen. Es kommt einem aber in keinem Fall langatmig vor, stets hat man das Gefühl, die Zeit gut genutzt zu haben. Unterbrochen wird der Freudentaumel nur dann, wenn man keine einzige Auktion gewinnt und von anderen demontiert wird. Wie bereits angesprochen gibt es dafür eine Abfertigung, sie ist aber ein Tropfen auf den heißen Stein. Trotzdem: ohne sie kann man nur schwer gewinnen!

Vor allem bei Auktionen heißt es, viel Fingerspitzengefühl zu beweisen. Wie viele Karten habe ich beim aktuellen Adeligen? Wie viele biete ich? Kluger Einsatz der Joker ist oft Schlüssel zum Sieg. Aber alles gleich rauswerfen? Tut man auch nicht gern. So kommt es, dass man z.B. 3 passende Schuldscheine auf der Hand hat und nur 1 bietet. Der Gegner hat nur einen, den er ebenfalls bietet. Ist man wieder an der Reihe, muss man nun aufdecken: Ärgerliches Geschrei, wenn gerade diese eine gegnerische Karte einen höheren Wert aufweist als die eigene. Besser, man hätte 2 geboten.... Die Erfahrung hat gezeigt, dass man anfangs eher zu geizig spielt.

Der nächste taktische Ansatz liegt in der Auswahl der Schuldscheine, die man am Rundenbeginn kauft: Hat man das Geld, alle gezogenen Scheine zu behalten? Oder hat man von einem Adeligen schon genug und spart sich Bargeld für Kirche bzw. Dom? Natürlich spielen auch die neuen Privilegienkarten eine Rolle: Will man bei den ersten Auktionen vorne dabei sein, weil die gewünschte Aktion selten ist? Oder hat man länger Zeit? Es verwundert nicht, dass die geheime Auswahl der Schuldscheine eine beträchtliche Zeit in Anspruch nimmt.

Verteufelt ist auch, dass man erst am Rundenende von seinen errungenen Stufen so richtig profitiert. Wer die Stufen früh zu sich nimmt, hat sie bis zum Rundenende vielleicht schon wieder verloren. Wer nach der ersten und zweiten Runde noch keine großen Sprünge auf der Wertungsleiste gemacht hat, darf aber nicht den Kopf in den Sand stecken: Wenig Auktionen zu gewinnen heißt, noch mehr Karten auf der Hand und Geld im Säckel zu haben. In den nächsten beiden Runden ist es vielleicht genau umgekehrt, weil die Gegner fast blank sind - und plötzlich hat man die Nase in Front.

Befremdlich ist allerdings die letzte Spielrunde: Hier zielt jeder nur mehr auf Prestigegewinn und somit frühe Auktionen, weil Geld und Ämter keine greifbaren Vorteile mehr bringen. Die gesamten Vorteile sind übrigens nicht auf einen Blick ersichtlich, da sie auf den Vordrucken der Spielertableaus nicht aufscheinen, sondern nur auf den entsprechenden Stufenkärtchen.

Spieletester

23.06.2006

Fazit

Augsburg 1520 ist ein Spiel für 2 bis 5 Jakob Fugger (alle schlüpfen gleichzeitig in die selbe Rolle, spielen aber gegeneinander), das hauptsächlich vom ungewöhnlichen Auktionsmechanismus lebt. Dieser Mechanismus geht bald in Fleisch und Blut über, was zwei Nachteile mit sich bringt: Zum einen verliert das Spiel an Attraktivität, weil jede Partie ähnlich verläuft. Auf der anderen Seite spielt man jedoch selten gegen neue Gegner, weil sie die Feinheiten der Auktion noch nicht im Gefühl haben. Ein Rookie wird üblicherweise nach Strich und Faden abgezockt, wobei auch schon Überrundungen auf der Punkteleiste vorgekommen sind.

Auf der Alea-Skala wurden dem Spiel 4 Anspruchspunkte zugeteilt.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 5
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 45 Minuten
Preis: 17,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2006
Verlag: alea
Genre: Taktik
Zubehör:

1 Spielplan, 5 Spielertableaus, 7 Spielsteine, 80 Schuldscheine (je 17 für vier Adelige + 12 Joker), 10 Privilegienkarten, 27 Stufen-Kärtchen, 30 Rechte-Plättchen, 72 Geldkärtchen, 1 Spielanleitung

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