Fury of Dracula

Langsam beginne ich, Fantasy Flight Games bzw. deren offizielle Übersetzer, den Heidelberger Spieleverlag, zu hassen. Mit Spielperlen wie Doom, Runebound, Descent oder Arkham Horror kostet mich dieser Verlag bald mehr Geld im Monat als mein Toyota (so hoch kann man den Spritpreis gar nicht treiben...). Und jetzt kommt Dracula himself in die Ehre des Verlages, bei dem jedes Spiel 40 Euro Minimum kostet ("Zahlen Sie bar, in Raten oder in Immobilien?"), indem FFG einmal mehr ein altes Spiel ausgräbt und für heutige Ansprüche überarbeitet. Hat schließlich schon bei Arkham Horror funktioniert…


Die Story:

Vier wackere Hunter, Van Helsing (nona), Lord Godalming, Dr. Seward und Mina Harker, sind hinter Dracula her, der sich mit Kleinigkeiten erst gar nicht abgibt und sein Unwesen in ganz Europa treibt. Ein Spieler übernimmt die Rolle des Dracula, die übrigen Spieler übernehmen die Rollen der Jäger. Da immer alle Jäger im Spiel sein müssen, kann es sein, dass ein Spieler (im Falle 3 Spieler auch beide Hunter – Spieler) mehrere Hunter steuern muss. Und wie sich’s für ein ordentliches Spiel dieser Art gehört, hat jede Figur eine spezielle Fähigkeit.


Die Spielrunden:

Das Spiel an sich ist in „Tage“ unterteilt, wobei jeder Tag wiederum in sechs Spielrunden unterteilt ist. Von diesen sechs Runden sind drei Runden Tag-Runden und drei Runden Nacht–Runden (in denen Dracula bedeutend stärker ist). Jeder Tag, den Dracula überlebt, bringt ihm Punkte, doch bei jedem Tageswechsel erhalten auch die Spieler Punkte, die sie einsetzen und die Jagd damit empfindlich für sich erleichtern können.


Draculas Zug:

Dracula beginnt seinen Zug, indem er den Tagesmarker um eine Stufe weiterbewegt. Danach bestimmt er verdeckt, in welche Stadt er zieht. Diese Städte sind auf Karten abgedruckt, die durchnummeriert alphabetisch geordnet sind (was die Kartensuche extrem erleichtert) und werden verdeckt vor Dracula abgelegt. Bis zu 6 Städte liegen so verdeckt vor ihm. Dies bedeutet aber auch, dass er eine aufgesuchte Stadt nun innerhalb von 6 Runden nicht mehr betreten kann. Dracula kann auch über See fahren oder sich im Castle of Dracula heilen, doch Seefelder verraten sich den Huntern durch die Kartenrückseiten (außerdem kosten ihn Seefahrten mindestens einen Lebenspunkt) und das Castle Dracula ist durch seine Rückseite offensichtlich. Die Karte für Castle Dracula ist nämlich beidseitig gleich bedruckt und hat somit keine Rückseite. Zieht Dracula auf eine Stadt, in der ein Hunter steht, offenbart er sich und greift an (dazu unten mehr).

Auf jede Stadt legt er außerdem noch einen Marker. Diese Marker enthalten Hindernisse für die Jäger, aber auch Vampire, die Dracula durchbringen muss. Denn: Mit jeder Stadt, die Dracula aufsucht, fällt logischerweise eine siebente Stadt – wenn vorhanden - aus der Reihe. Ein darauf liegender Marker wird nun "Matured", d.h. wirkt auf spezielle Weise. Ist ein solcher Marker ein neuer Vampir, bringt dieser Dracula Siegpunkte. Dracula kann in einer aus der Reihe gefallenen Stadt aber auch "Katakomben" errichten. Dann wird diese mit einem zweiten Marker belegt und damit zur Falle für die Hunter.


Der Zug der Jäger:

Die Jäger beginnen in Ihrem Zug mit einer Bewegung über Wasser, Strasse oder Eisenbahn, doch Eisenbahnbewegung klappt nicht immer. Hierfür gibt es einen bösen Würfel, der einem Hunter eine ganze Runde kosten kann. Danach kann er – sofern er nicht auf offener See zum Stehen gekommen ist - sich in der Stadt ausrasten, was Dracula Event-Cards bringen kann, je nach Größe der Stadt Event- und/oder Item Cards einsammeln (hat der Hunter Pech, geht die Event - Karte an Dracula, doch die doppelte Zahl an Event Cards ist für die Hunter bestimmt, und die Karten sind ziemlich mächtig) oder mit einem anderen Hunter in derselben Stadt Item-Karten handeln. Wenn aber die Stadt, in die der Spieler zieht, eine Stadt ist, die in Draculas Kartenreihe liegt, deckt Dracula die Karte auf und der Spieler muss sich dem Marker stellen. Hier gibt’s ungute Events: Anhänger Draculas, die bekämpft werden müssen, die Sicht stark einschränkender Nebel usw. usw..


Der Kampf

Sobald Dracula einen Hunter angreift oder die Hunter in die Stadt ziehen, in der sich Dracula jetzt gerade aufhält, kommt es zu einem Kampf, dessen Funktionsweise die Vermutung nahe legt, dass der Autor eine kleine Schwäche für die Final Fantasy – Reihe hat: Für jeden Hunter, für Dracula und für Draculas Anhänger gibt es einen bestimmten Satz Karten, die die gewünschten Kampfaktionen darstellen (Schlag, Flucht, Ausweichen, Hypnoseblick,…). Bei den Huntern ergibt sich dieser Satz aus drei für jeden Hunter gleiche Karten plus den gesammelten Items, Draculas Kampfkarten unterscheiden sich dadurch, dass die mächtigsten nur bei Nacht eingesetzt werden können, und Draculas Anhänger aus einem Standardsatz plus den auf den entspr. Markern abgebildeten Waffen. Jeder Kämpfer legt eine Karte verdeckt vor sich ab. Haben beide Seiten gewählt, werden die Karten aufgedeckt, einmal für jede Seite die Würfel bemüht und eventuelle Boni hinzugezählt. Der höhere Wurf gewinnt, bei Gleichstand gewinnt der höher Karteninitiativewert. Was der Angriff jedoch bewirkt, das ergibt sich aus der Karte des Gegners. Die Wirkungen sind auf den Karten abgedruckt und variieren mit der Waffe bzw. Aktion. Der Kampf kann vorerst ergebnislos weitergehen (3x hintereinander eine solche Continue-Aktion, und der Kampf ist vorbei), eine Seite kann erfolgreich flüchten, eine Seite kann Lebenspunkte verlieren, Waffen können zu Bruch gehen usw..

Gegen Dracula selbst kann man außerdem "Gebissen" werden, was Dracula in Zukunft einen +1 – Bonus bringt und die Hunter ab einer gewissen Bisszahl eliminiert. Und es wird nicht überraschend sein, dass Mina Harker bereits gebissen beginnt. Sie ist zwar gegen Draculas +1 immun, aber während Dracula alle anderen mindestens 2x beißen muss, reicht bei Mina EIN Biss. Eliminierte Hunter bleiben im Spiel, sie bringen Dracula aber Siegpunkte, verlieren alle Karten mit Ausnahme der Standardkampfkarten und werden im Krankenhaus von St. Joseph & St. Mary platziert.


Spielende:

Das Spiel endet, wenn die Jäger Draculas letzten seiner 15 (!!!) Lebenspunkte abziehen oder wenn Dracula 6 Siegpunkte zählt. Dracula erhält 2 Punkte für jeden Vampir, 2 Punkte für jeden besiegten Hunter und 1 Punkt für jeden Tag, den er überlebt.

Spieletester

04.06.2006

Fazit

Seinen Sinn für Logik verstaut man vor Spielbeginn lieber sorgfältig auf einem Stuhl neben sich: Die Hunter ziehen anno 1898 innerhalb der Morgendämmerung von Paris bis Madrid und kommunizieren quer über Europa miteinander. Vielleicht wäre es für die innere Logik des Spieles zuträglicher gewesen, Fury of Dracula auf London zu beschränken. Nur: Was ist dann das Pendant zu den Meererkarten?

Noch ein paar Worte zum Kampfsystem: Die Grundidee ist grandios, in vorliegender Form ist es aber das große Problem dieses Spieles, und zwar aus zwei Gründen: Erstens kann man durch die "wer höher würfelt, führt seine Karte aus" kaum gezielt agieren, und außerdem kann das Spiel nach 10 Minuten zu Ende sein (bezüglich des letzten Punktes spreche ich aus Erfahrung). Doch das Problem lässt sich durch eine kleine Regelkorrektur leicht beheben: Bei dem "Figur tot" - Ergebnis wird Dracula nicht nur auf das nächste rote Feld seines Sheets reduziert, der Kampf ist SOFORT BEENDET, und außerdem darf er diese Lebenspunktezahl bis zum Ende des Spieles nicht mehr überschreiten. Das es funktioniert weiß ich daher, dass ich es lang irrtümlich so gespielt habe.

Ansonsten noch eine kleine Warnung zum Kampfsystem: Es birgt aber die Gefahr in sich, dass die nicht am Kampf beteiligten Spieler einige Minuten damit zubringen, den Streithähnen beim Kartenumdrehen und Würfeln zuzusehen. Nicht, dass die Kämpfe nicht auch zum Zusehen interessant und spannend wären, aber mit allzu ungeduldigen „Mach weiter, ich will auch mal wieder mitspielen“ – Spielern sollte man Fury Of Dracula demnach eher erst gar nicht beginnen.

Vergleichen wir Fury of Dracula nun abschließend noch mit anderen Spielen gleicher Idee: Gegenüber Fuchsjagdspielen wie Scotland Yard oder Agentenjagd ist Fury of Dracula wesentlich glücksabhängiger, Kombinationsgabe ist kaum gefragt. Es geht darum, die Karten zum richtigen Zeitpunkt zu spielen, und im Kampf erfolgreich zu sein. Draculas Aufgabe besteht hauptsächlich darin, den Moment auszurechnen, wann er verdeckt bleiben sollte und wann bzw. wen er angreift, um an seine Siegpunkte zu kommen.

Wer sich für solche Jagdspiele erwärmen kann, kann hier gezielt zugreifen (und sich gerne bei mir melden, wenn er eine Verbesserung für das Kampfsystem hat, denn mit "Wer höher würfelt, dessen Karte gewinnt" bin ich nach wie vor nicht glücklich). Doch Vorsicht: Jemand, der sich auf das Pärchen Fantasy Flight Games / Heidelberger Spieleverlag einlässt, sollte über eine stabile Geldbörse verfügen.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

jumpwalker | 21.02.2012

Nachdem ich im Freundeskreis unlängst auf "Scotland Yard" angesprochen wurde, habe ich nach langer Zeit wieder mal begonnen, mich für diese Spielidee zu interessieren. Nachdem wir am Wochenende einige Partien "Die Akte Whitechapel" gespielt haben, werden wir uns demnächst mal "Fury of Dracula" zuwenden. Meine letzte Partie ist lange her, ich kann mich aber (gaaaanz dunkel) daran erinnern, dass wir damals das Kampfsystem dahingehend modifiziert haben, dass bei einem "Angriff bei Nacht" Dracula mit 2xW6 würfeln und bei einem "Angriff bei Tag" der Jäger mit 2xW6 würfeln durfte. Es galt der jeweils bessere WW. Das drängt das Glücksmoment beim Kampf ein wenig zurück.

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 120 Minuten
Preis: 40,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2005
Autor: Stephen Hand
Genre: Deduktion
Zubehör:

1 Spielanleitung
1 Spielplan
5 Spielfiguren
1 Dracula - Sheet
1 Spielplan-Übersicht für Dracula
4 Hunter-Sheets
2 weiße Hunter-Würfel
1 schwarzer Dracula-Würfel
1 roter Eisenbahn-Würfel
220 Karten
81 Marker

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