Der Begriff "Ingsoc" wird dem einen oder anderen geläufig sein: So nennt sich eine politische Partei in George Orwells Roman "1984". Wenig verwunderlich, dass wir in Ingsoc 1984 eine Partei aufbauen wollen.
Dieses Spiel wird mit Spielanleitungen in spanisch, katalanisch und französich ausgeliefert. Es gibt aber eine englischsprachige Ausgabe, die thematisch und grafisch anders auftritt und unter dem Namen "At the Office" erhältlich ist. Von dieser findet man die Regeln online, nach denen wir das Spiel erlernt haben.
Hierarchie
Egal ob ich bei Ingsoc 1984 eine Partei aufbaue, oder in At the Office die Führungsebenen eines Unternehmens bestücke, eine Sache ist immer dieselbe: Wer in der Hierarchie weiter oben steht, sollte wenigst gleich gut ausgebildet sein wie die beiden direkt untergebenen. Je durchgängiger man dieses Prinzip verfolgt, desto mehr Bonuspunkte erhalte ich am Spielende.
Blöderweise entsteht so ein Menschenpool weder von Top zu Bottom noch umgekehrt. Unsere HR-Abteilung rekrutiert mal hier, mal da... Und sie sagt sich: Hey, wenn jeder die Top-Ausbildung hat, ist das doch auch super! Ja, dann bekomme ich nämlich viele Punkte für die Fähigkeiten der Mitarbeiter und noch dazu Boni für die einzelnen Ebenen meiner Führungspyramide. Die Sache mit der besseren Ausbildung des Chefs bleibt dafür manchmal auf der Strecke.
Schneller oder effizienter?
Das Spiel belohnt auch, wenn man als Erster alle Felder einer Farbe befüllt hat. Außerdem kann man sich Boni holen, wenn man auf den Einsatz des Joker-Spezialwürfels verzichtet. Beides geht zu Lasten des Ausbildungslevels, eventuell auch entgegen der Chef-Ausbildung.
Die Qual der Wahl
Nicht nur, wenn man das parteithematische Ingsoc 1984 spielt, hat man stets die Qual der Wahl: Es wurden alle Würfel geworfen, der Werfer muss sich einen der vier farbigen Würfel aussuchen und nehmen. Alle anderen Würfel derselben Augenzahl werden zur Seite gelegt. Die Mitspieler dürfen einen der verbliebenen Farbwürfel verwenden. Alle dürfen auch den Spezialwürfel nutzen, indem sie seinen Wert zum Augenwürfel addieren oder den Spezialwürfel alleine nutzen. Das Ergebnis trage ich bei einer noch leeren Person in meiner Pyramide ein. Habe ich einen Farbwürfel genutzt, muss der Eintrag in einem gleichfarbigen Feld passieren.
Welche(n) Würfel möchte ich verwenden? Wo soll ich eintragen? Welche Boni möchte ich kassieren? Man kann vortrefflich überlegen und überlegen und überlegen... um Ende die Gewissheit zu haben: Will ich den einen Boni haben, werde ich den anderen nicht bekommen. Hier gewinne ich zehn Punkte, dort verliere ich zehn Punkte. Es ist doch eh egal, was ich mache...
Das Spiel ist aus, wenn alle Personen mit Zahlen versehen sind. Wer die meisten Punkte sammlen konnte, gewinnt das Spiel.
Spieletester
Fazit
Wie oben dargelegt, gibt es sehr viele Möglichkeiten, Punkte zu sammeln. Durch den Zufall der Würfel kann ich nie alle Boni beanspruchen, ich muss mich aktiv entscheiden, wo ich verzichten will. Wie ebenfalls schon erwähnt, ist es zwar eine Entscheidung die gefällt werden muss, die aber am Ende keinen Einfluss auf das Ergebnis hat. Da solche Situationen erst gegen Spielende auftreten, habe ich am Ende der Partie keine Kulmination der Spannung, sondern einen Abfall derselben. Ich stehen außerdem am Ende da und sage mir "Was hätte ich besser machen können?". Man hätte, vielleicht, irgendwann, irgendwo, eine andere Farbe... Kurz gesagt: Man weiß es nicht.
Die erreichten Punkte haben natürlich mit Würfelglück zu tun, vor allem ob für die Mitspieler verwertbare Würfel übrig bleiben, wenn ich sie geworfen habe. Aber den Farbwürfel danach auszuwählen, was für die Mitspieler "nicht übrig bleiben sollte", macht man fast nie. Man ist viel zu sehr damit beschäftige, die vielen eigenen Möglichkeiten abzuwiegen. Wenn ich für die Mitspieler auch noch mitdenke, werden wir hier nie fertig. Es gibt jetzt schon genug Leerläufe, weil ein Grübler am Tisch es nicht wahrhaben muss, dass der Bonus nur von einer Tasche in die andere wandert, aber nicht mehr wird. Es ist implizit, dass am Ende alle ungefähr gleich viele Punkte haben.
Die Spielausstattung ist wahrlich überschaubar, dafür hat man eine übertrieben große Box spendiert. Das Spiel ist leicht zu erlernen, hat mich persönlich aber nicht so richtig glücklich gemacht.
Plus
- schnell erlernt
- knappe Spielausgänge
Minus
- eine englische Spielanleitung muss man sich aus einem anderen Spiel herunterladen
- Leerläufe durch Grübler am Tisch
- Entscheidungen müssen gefällt werden, die am Ende aber keine Relevanz für das Ergebnis haben
- da ist viel Luft in der Schachtel, dafür wenig Inhalt
- man weiß nicht, was man besser hätte machen können
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Details
4 Augenwürfel
1 Spezialwürfel (1, 1, 2, 2, 3, 3)
1 Block mit Spielplänen
4 Bleistifte
Statistik
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