Undaunted: Normandie

Die Nische der CoSim-Spiele, sprich Konfliktsimulationen, ist durch recht viele, qualitativ hochwertige Spiele sehr gut besetzt und hat eine treue und feste Fangemeinde. Leider werden diese Spiele und die entsprechenden Spieler wegen ihres Themas von vielen Menschen jedoch als kriegslüstern und aggressiv abgestempelt.

Die Fans dieses Genres sehen den eigentlichen Reiz der entsprechenden Spiele hingegen darin, weit reichende taktische und strategische Entscheidungen treffen zu können, deren Auswirkungen sofort spürbar werden. Deutlich massenkompatibler sind die so genannten Wargames bzw. Light-CoSims, welche auf ein gestrafftes Regelwerk und eine überschaubarere Spielzeit setzen. In diese Kategorie könnte man auch das hier vorliegende Undaunted: Normandie einordnen, welches ursprünglich beim britischen verlag Osprey Games erschien und dann vom deutschen Verlag Giant Roc lokalisiert wurde.
Als geschichtlicher Hintergrund für das vorliegende Spiel sind die Gefechte der 30. US.-Infanteriedivision nach ihrer Landung in der Normandie gewählt worden. Insgesamt 12 Szenarios können einzeln oder als Kampagne zusammenfasst gespielt werden. Dabei weisen die jeweiligen Szenarios einen wechselnden Schwierigkeitsgrad z.B. durch nach und nach hinzukommende neue Truppentypen, einen größeren Spielplan oder schwieriger zu erreichende Siegbedingungen auf. In Undaunted: Normandie befehligen die Spieler keine Armeen oder Kompanien sondern einzelne Soldaten, die jeweils zu einem Trupp bzw. Zug zusammengefasst sind. Dabei gibt es sowohl Karten für verschiedene Vorgesetzte, als auch für Soldaten mit unterschiedlichen Funktionen bzw. Fähigkeiten wie z.B. Schützen, Späher, Granatwerfer-Bedienung oder MG-Schütze.
Vor jedem Spiel wird der Spielplan entsprechend den Szenariovorgaben modular aus Geländeplatten zusammengesetzt. Auf den einzelnen Platten sind verschiedene Geländeformen mit ihren damit verbundenen Deckungswerten zu finden. Auch die Startaufstellung der Truppen und die Position der Kontrollpunkte sind vorgegeben. Zusätzlich bildet jeder Spieler aus den Karten der teilnehmenden Einheiten einen Zugstapel mit seinen Startkarten und eine offen ausliegende Reserve. Die Siegbedingung für jedes Szenario ist die dauerhafte Kontrolle einer vorgegebenen Anzahl von Kontrollpunkten.
Gespielt wird Rundenweise wobei sich jede Runde in drei Phasen gliedert: Kartenziehen, Initiative ermitteln und Spielerzüge. Die ersten beiden Phasen sind schnell abgehandelt, denn jeder Spieler zieht zuerst vier Karten von seinem verdeckten Nachziehstapel auf die Hand und bestimmt anschließend eine davon, um seinen Initiativwert zu ermitteln. Der Spieler mit dem höheren Wert kann anschließend zuerst seine Aktionen ausführen. Hier beginnt aber auch schon das Dilemma, denn Karten mit hohem Initiativwert wären natürlich auch als Befehlskarten extrem nützlich und so muss in jedem Zug die aktuelle Situation analysiert werden, damit man die richtige Entscheidung treffen kann.
Mit den restlichen drei Karten beginnen die Spieler dann ihre jeweilige Aktions-Phase. Sie spielen diese nacheinander aus, denn es ist nicht möglich eine Handkarte mit in die nächste Runde zu nehmen. Pro Karte kann nur eine der darauf verzeichneten Aktionen ausgeführt werden. Diese sind recht vielfältig und lassen sich grob in die drei Gruppen Bewegung, Unterstützung und Kampf einordnen. Bewegungsaktionen helfen dabei Gebiete zu erkunden und die Truppen anschließend im Gelände zu bewegen. Durch unterstützende Aktionen kann man Karten nachziehen, zusätzliche Karten aus der Reserve ins Spiel bringen oder es dem Gegner durch das ausspielen von Sonderkarten schwerer und sich selbst einfacher machen. Durch Kampfaktionen werden gegnerische Truppen direkt angegriffen und so aus dem Spiel genommen oder aber niedergehalten, sprich behindert. Für einen erfolgreichen Angriff auf ein bestimmtes Ziel muss dessen Verteidigungswert, der aus dem Widerstandswert der Einheit, dem Deckungswert des Geländes und dem Entfernungswert zwischen Schützen und Ziel besteht, mit einem Würfelwurf mindestens erreicht oder aber übertroffen werden. Bei der Planung der eigenen Aktionen muss jedoch darauf geachtet werden, dass bestimmte Aktionen immer an einzelne Truppentypen gebunden sind. So muss z.B. ein Späher erst einmal ein Geländefeld erkunden, bevor es andere Truppen betreten können oder es wird ein Schütze benötigt, um einen Kontrollpunkt zu kontrollieren.
Von den meisten Einheitenarten gibt es bis zu drei gleichartige Trupps die durch Buchstaben voneinander unterschieden werden. Eine gewisse Anzahl von Soldaten jedes Trupps ist schon auf dem Spielfeld unterwegs, die anderen befinden sich in der Reserve. Sollte es also durch gegnerische Angriffe Verluste geben, muss man versuchen diese so rasch wie möglich auszugleichen, da ansonsten die gesamte Einheit vom Brett genommen werden muss und man anschließend im weiteren Verlauf des Szenarios taktisch nur noch limitiert agieren kann.

Spieletester

20.04.2022

Fazit

Undaunted: Normandie ist spielmechanisch ein gelungener Mix aus Wargame, Area Control und Deck-Building-Elementen. Trotz der schlanken Spielregeln ist es taktisch sehr anspruchsvoll, kaschiert dies aber ein wenig durch die Glückskomponenten beim Würfel und Deckbau. Das Deckbuilding als zentrales Spielelement funktioniert hervorragend, ständig ist man im Laufe der einzelnen Runden gezwungen wichtige Entscheidungen zu treffen, um sein Deck zu verschlanken oder aber das des Gegners aufzublähen, die Initiative zu übernehmen, um als Erster agieren zu können oder aber abzuwarten, um den Gegenspieler dann mit einem gelungenen Doppelzug zu überraschen.
Auch die Materialqualität ist sehr gut, über die grafische Gestaltung der Karten kann man sich hingegen sicher streiten. Zudem empfinde ich die Positionierung bzw. die Größe der Grafiken auf den Einheiten-Markern als überaus unglücklich. In jedem Fall fehlt jedoch eine Spielhilfe für jeden Spieler da gerade zu beginn des Spiels die Namen der einzelnen Aktionen nicht unbedingt eingängig sind und deshalb immer wieder in der Spielregel nachgeschlagen werden muss.
Undaunted: Normandie ist ein spannendes, herausforderndes und sehr abwechslungsreiches Zweipersonen-Spiel welches ich sowohl allen Liebhabern taktischer Spiele als auch Einsteigern nur wärmstens ans Herz legen kann. Der Wiederspielreiz ist sehr hoch da die Spieldauer eines Szenarios kurz genug ist, um es mit vertauschten Rollen ein weiteres Mal auszuprobieren. Thematisch hätte das Spiel trotz seiner Anlehnung an reale Geschehnisse problemlos auch in andere historische Epochen übertragen werden können, da es viele relevante Punkte eines modernen Krieges ausblendet und sich insofern auch nicht als realistische Kriegs-Simulation präsentieren möchte. Kauftipp!

Redaktionelle Wertung:

Plus

  • sehr gute Materialqualität
  • schlanke Spielregel
  • modulares Spielfeld
  • permanent sind wichtige taktische Entscheidungen notwendig
  • hohe Interaktion, kurze Downtime

Minus

  • separate Spielhilfe fehlt
  • Glücksanteil durch Würfel vorhanden
  • Grafik auf den Markern unglücklich positioniert
  • Artwork der Karten gewöhnungsbedürftig

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 45 bis 60 Minuten
Preis: 35,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2020
Grafiker: Roland MacDonald
Zubehör:

Anleitungsheft
Szenarioheft
18 Geländeplatten
54 Karten (US-Armee)
11 Plättchen (US-Armee)
4 US-Armee-Ankunftsmarker
US-Armee-Zielmarker
18 US-Armee-Kontrollmarker
54 Karten (Wehrmacht)
11 Plättchen (Wehrmacht)
5 Wehrmacht-Ankunftsmarker
Wehrmacht-Zielmarker
18 Wehrmacht-Kontrollmarker
Funkstation-Marker
Initiativ-Marker
14 Auftrags-Marker
4 Würfel (W10)

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