Valhal

Immer wieder gehen enthusiastische Neu-Autoren das Abenteuer Eigenverlag an. Vielfach mit einem bekannten Autor oder Namen im Hintergrund, oft aber auch, weil sie von ihrem eigenen Spiel überzeugt sind und keine Einschränkungen oder Änderungen durch etablierte Verlage wollen.

Das bringt zum einen natürlich viel frischen Wind und kreatives Potential ins Metier, birgt zum anderen aber auch einige Gefahren für Verlag und Autoren. Aktuell ist es wegen der Vielzahl von neuen Verlagen nicht so einfach, auf dem hart umkämpften Brettspiel-Markt wahrgenommen zu werden. Der deutsche Verlag Tetrahedron Games aus Nürnberg ist solch ein Eigenverlag, der mit dem hier vorliegenden Valhal sein erstes Spiel präsentiert. Eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne ebnete den Weg dazu.

Valhal versetzt die Spieler in eine Zeit, in der die Wikinger begannen, ihre Raubzüge in England und dem Kontinent zu unternehmen, dort Dörfer und Städte plünderten und sich dann wieder übers Meer nach Dänemark und Norwegen zurückzogen. Für das Spiel schlüpfen alle in die Rolle von Jarls, welche durch eine große, jedoch unbeabsichtigte Dummheit die nordischen Götter erzürnt haben. Nun müssen sie in den nächsten Jahren hart daran arbeiten, wieder deren Gunst zu erlangen, um am Ende ihrer Tage in Valhal eingelassen zu werden. Zu diesem Zweck vergrößern sie ihre Dörfer, errichten dort neue Gebäude, bauen Langschiffe und bilden Krieger aus, mit denen sie im Sommer das Festland überfallen. Dort plündern sie Dörfer und Städte. Die Beute wird wiederum eingesetzt, um den harten Winter im hohen Norden zu überstehen und neue Gebäude errichten oder Krieger ausbilden zu können. Aber auch die anfangs vermeintlich leichten Opfer rüsten schnell auf und verstärken die Verteidigung ihrer Siedlungen oder heuern Milizen an, um den Wikingern die Stirn bieten zu können. Die Jarls erhalten die Gunst der Götter während des Spiels vor allem für das Plündern von Ansiedlungen, aber auch für Opferungen im eigenen Dorf. Der Spieler, der zuerst einen bestimmten Level der Göttergunst erreicht, gewinnt das Spiel. 

Valhal wird rundenweise gespielt, dabei entspricht jede Runde einer Jahreszeit. Da es in der Heimat der Wikinger aber vergleichsweise sehr harte und lange Winter gab, wird diesem Fakt im Spiel dergestalt Rechnung getragen, dass es nur drei Jahreszeiten gibt: Frühling, Sommer und Winter. In jeder dieser Jahreszeiten können im Dorf Einheiten bzw. Gebäude gebaut werden. Allerdings nur, wenn dafür genügend Nahrung oder wahlweise Geld vom Jarl zur Verfügung gestellt werden.

Der Ablauf einer Jahreszeit ist immer identisch. Zuerst wird eine Ereigniskarte gezogen, die für alle Spieler gleichermaßen gilt. Anschließend können alle Spieler bei Bedarf gleichzeitig neue Einheiten und Gebäude in Auftrag geben. Dazu wird das entsprechende Projekt mit der Rückseite nach oben an den vorgegebenen Stellen im eigenen Dorf platziert und der Bauauftrag mit einer Münze darauf bekräftigt. Während des Wechsels der Jahreszeiten entfernen die Spieler reihum den Nahrungsmarker für die jeweilige Jahreszeit und die Münze vom Bauprojekt. Dann wird dieses um eine Viertel Drehung weitergedreht. Auf den Rückseiten der Projekte finden sich Zahlenwerte und Symbole, die die notwendige Bau- bzw. Ausbildungsdauer und den Einfluss bereits errichteter Gebäude darauf symbolisieren. So können z.B. mit einer bereits errichteten Trockenkammer Gebäude und Schiffe in einer kürzeren Zeit und damit natürlich auch kostengünstiger errichtet werden, während eine Schmiede hingegen den Ausbildungszeitraum von Kriegern verkürzt und überhaupt erst die Ausbildung von deutlich stärkeren Veteranen ermöglicht.

Aber die Krieger sollen mit ihren Langschiffen natürlich nicht das Dorf verteidigen, sondern in erster Linie auf Plünderfahrt gehen. Dieses geschieht jedoch immer nur im Sommer. Zu diesem Zweck wählen sich die Spieler nacheinander aus der Festlandsauslage jeweils ein entsprechendes Ziel aus. Dort gibt es immerhin vier verschieden Arten von unterschiedlich stark befestigten und verteidigten Siedlungen. Der Kampf selbst wird mit Würfeln abgehandelt und die Würfe von Verteidiger und Angreifer anschließend jeweils durch Angriffsboni zu einem Gesamtergebnis verändert. Der Unterschied zwischen den Ergebnissen ergibt die Anzahl an Trefferpunkten, die der Verlierer der Würfelrunde einstecken muss. Sind die Trefferpunkte einer Einheit erstmalig komplett verloren, gilt diese als verwundet, kann aber noch mit deutlich reduzierten Werten weiterkämpfen. Die Verteidigungsanlagen einer Siedlung hingegen sind sofort zerstört, wenn alle Trefferpunkte verbraucht sind. Dann wird die Siedlung geplündert und der Jarl erhält die angegebene Menge und Art an Beutekarten und Ruhmespunkten. Natürlich kann so eine Plünderfahrt aber auch ordentlich ins Auge gehen und ein Jarl beißt sich an einer gut verteidigten Siedlung die Zähne aus. Wenn er dabei alle Einheiten verliert, stellt ihm sein Dorf, quasi als Entschädigung, ein neues Langschiff und eine einzelne Kriegereinheit kostenlos zum Neuanfang zur Verfügung. Trotzdem stellt solch eine Situation einen ordentlichen Zeitverlust im Wettlauf um die Göttergunst dar. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, sich mit anderen Jarls zu verbünden und gemeinsam eine stärker befestigte Siedlung anzugreifen. Im Erfolgsfall muss die Beute allerdings geteilt werden, über das WIE müssen die Spieler allerdings selbst entscheiden.

Beutekarten können dem Sieger neben Münzen und Ressourcen auch Göttergunst zuteil werden lassen. Auch durch Ereignisse oder Opferungen können Jarls die Gunst der Götter erhalten und nicht zu vergessen: Plünderungen und gefallene Krieger bringen Ruhmespunkte, die wiederum während des Jahreszeitenwechsels an Opferstätten in Göttergunst eingetauscht werden können. Der erste Jarl, der sechs Mal eine Göttergunst erlangen konnte, gewinnt das Spiel.

Spieletester

24.05.2019

Fazit

Valhal ist ein interessantes und sehr atmosphärisches Spiel. An allen Ecken und Enden merkt man, wie sehr sich die Autoren Martin Otzmann und Mario Arthur mit dieser Zeitepoche beschäftigt haben, um die entsprechende Stimmung auf die Spieler übertragen zu können. So gibt es sowohl in der Spielregel als auch auf den Ereigniskarten sehr viel Flavour-Text, der zur Atmosphäre beiträgt. Leider reicht das allein für ein perfektes Spiel nicht aus, denn es haben sich in ihrem Erstlingswerk leider einige handwerkliche und redaktionelle Fehler eingeschlichen.

So ist das Material insgesamt zwar überaus reichlich vorhanden, der Druck jedoch deutlich zu dunkel und manche der Komponenten sind nicht gut genug voneinander unterscheidbar oder aber schlecht zu handhaben. Zusätzlich gibt es leider einige Regelunklarheiten, die den Einstieg ins Spiel unnötig verkomplizieren. Tetrahedron Games haben aber auf diesbezügliche Rückmeldungen schon reagiert und arbeiten an einer verbesserten Regel und einer insgesamt überarbeiteten zweiten Auflage dieses Spiels. 

Valhal startet rasant mit der ersten Spielrunde. Schnell sind die ersten Dörfer überfallen und ordentlich Beute gemacht, die wiederum in zusätzliche Truppen oder die ersten Dorferweiterungen investiert wird. Bald kommt jedoch ein Bruch im Spielablauf. Schon der Überfall auf befestigte Dörfer kann bei schlechten Würfelwürfen ordentlich nach hinten losgehen und den jeweiligen Spieler wieder an den Anfang des Spiels versetzten. Natürlich kann man sich für einen Überfall mit anderen Spielern zusammenschließen, dann fällt die eigene Beute allerdings auch deutlich kleiner aus. Trotzdem muss das Dorf versorgt werden wenn man dort bauen oder ausbilden will. Deshalb geht es oft im Spiel nur sehr langsam voran und die Runden ähneln sich, ohne dass etwas Nennenswertes passiert, von den Ereignis- und eventuellen Götterkarten mal abgesehen. Dadurch kann die Spieldauer eines Spiel auch schnell einmal auf drei Stunden anschwellen, statt der vom Verlag veranschlagten maximalen 120 Minuten.

Aus den vorgenannten Gründen setzt sich Valhal vor allem im Bezug auf seine Zielgruppe leider ungewollt zwischen die Stühle. Für ein reines Familienspiel wirkt das gesamte Artwork zu düster und die Spieldauer ist zu lang. Vielspieler werden sich hingegen an der mangelnden Abwechslung im Lauf des Spiels sowie dem hohen Glücksmoment, das von den ausgewürfelten Kämpfen und die gezogenen Karten herrührt, stören. Deshalb ist das Spiel aktuell vor allem für Wikinger-Fans und Spieler interessant, die eine schöne Atmosphäre im Spiel schätzen und sich mit den vorhandenen Glückselementen arrangieren können.
 

Redaktionelle Wertung:

Plus

  • schöne Grafik
  • viel Atmosphäre speziell durch die Texte der Ereigniskarten
  • auch die Spielregel ist mit viel Zusatztext geschrieben
  • überarbeitete Version des Spiels und der Regel ist in Arbeit

Minus

  • Spiel beginnt gut und abwechslungsreich, zieht sich dann aber in die Länge
  • sehr hoher Glücksanteil durch ausgewürfelte Kämpfe und gezogene Karten
  • wenig Interaktion zwischen den Spielern
  • insgesamt zu wenig spielerische Abwechslung dadurch geringerer Wiederspielwert
  • in der Regel gibt es einige Unstimmigkeiten
  • Spielgrafik leider allgemein zu dunkel
  • Zielgruppe für das Spiel ist nicht klar definiert

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: 90 bis 120 Minuten
Preis: 45,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2018
Grafiker: Nele Diel
Zubehör:

Spielregel
4 Spielertableaus Wikingersiedlung
1 Festland-Tableau
72 Einheitenkarten
16 Gebäudekarten
149 Spielkarten
4 Kampftableaus
24 Städtekarten
1 Rundenmarker
16 Nahrungsmarker
4 Anzeigen Gunst der Götter
4 Rabenkopf Marker
16 Baumarker
7 Erfolgmarker
1 Startspielerplättchen
8 Merkhilfe Plättchen
80 Münzen
24 Würfel (20 weiß und vier rot)
20 Marker (Holz)

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