The Witcher: Abenteuerspiel

Auf den heimischen Mattscheiben war Geralt von Riva, der Meisterhexer, die letzten Jahre eine Fixgröße. Jetzt bekommt die Videospielreihe zur Romanserie von Andrzej Sapkowski ein neues Gesicht – eines, das auf unserem Wohnzimmertisch landet. Wir haben uns angeschaut, ob sich ein Witcher aus Pappe und Plastik lohnt.
Epische Größe? Die Schachtel vom Witcher: Abenteuerspiel verheißt schonungslose Kämpfe, dramatische Situationen, eine abenteuerliche Queste, was man halt so vom Hexer erwartet. Schaut man dann hinein, findet man... in seiner Gesamtheit eigentlich sehr überschaubares Spielmaterial. Die haptische Qualität der Karten ist zwar nicht spürbar minderwertig, an das ansonsten hochwertige Material von Heidelberger Spieleverlag-Spielen reicht sie aber, genauso wie die dünnen Pappmarker, nicht heran – erste Skepsis macht sich bei uns breit. Dafür entspricht zumindest die Größe der Spielwelt oder in diesem Fall besser des Spielbretts annähernd der von The Witcher III – Wild Hunt. Ein großer Tisch ist auf jeden Fall notwendig. Grafisch stimmt dafür alles, die tollen Illustrationen sind in jugendlicher Fantastik gehalten, das Spielfeld übersichtlich gestaltet, die Regel verständlich – passt. Epische Schlachten? Jeder Spieler schlüpft in die Rolle eines bekannten Charakters aus der Welt des Hexers. Zur Auswahl stehen Geralt von Riva, Triss Merigold, Rittersporn und Yarpen. Für jeden Charakter gibt eine Spielfigur, einige Marker und (wichtig!) ein eigenes Trainingskarten-Deck. Außerdem eine Tafel, die neben einem Portrait auch eine Übersicht über die Aktionen bietet. Zwei davon hat man pro Zug zur Verfügung. Die jedem Charakter zur Verfügung stehenden Basisaktionen sind "Reisen", um auf dem Spielfeld von A nach B zu kommen, "Ermitteln", um Hinweise zur aktuellen Mission zu sammeln, "Trainieren", um durch Trainingskarten stärker zu werden, und "Rasten", um erlittene Verletzungen zu heilen. Zusätzlich verfügt jeder Charakter über eine einzigartige Fähigkeit, die immer in Zusammenhang mit den Trainingskarten steht. So kann Geralt etwa seine mittels "Trainieren" erlernten Trankrezepte einsetzen, um im nächsten Kampf einen Bonus zu haben. Am Ende eines Zuges gilt es eine Gefahr zu überwinden. Eine solche kann entweder durch eine Unglückskarte oder durch einen Gegner, erhältlich in den Kampfstärken Bronze, Silber und Gold, repräsentiert werden. Während die Effekte von Unglückskarten immer auf selbiger abzulesen sind, ist beim Kämpfen zumindest ETWAS mehr Einsatz gefragt. Ein Gegner verfügt immer über einen Angriffs- und einen Verteidigungswert. Gegen diese Werte würfelt man mit den drei allgemeinen Würfeln und den eigenen Charakter-Würfeln, wobei alle Würfel mit Symbolen statt mit Zahlen bedeckt sind (z.B. Schwerter und Schilde). Übertrifft man beide Werte, ist man in jedem Fall aus dem Schneider, andernfalls kann es unangenehme Konsequenzen haben, im schlimmsten Fall sogar getrennte für einen fehlgeschlagenen Verteidigungs- und Angriffswurf (das muss aber nicht immer so sein). Meistens endet das dann in Verletzungen, die uns so lange diverse Aktionen versperren, bis wir sie mit der Aktion "Rasten" wieder heilen. Dabei ist das Glücksmoment nicht zu unterschätzen, da Unglückskarten und Monster eine ziemliche Bandbreite an Härtegraden abdecken. Das klingt jetzt vielleicht relativ kompliziert, im Endeffekt ist es aber ein simples über-zwei-Schwellenwerte-Würfeln. Jedenfalls weit entfernt von epischen Schlachten. Epische Queste? Wozu das alles? Natürlich, die epische Queste. Eigentlich gleich mehrere. Die gilt es zu erfüllen, wobei die Angelegenheit natürlich nicht ganz so einfach ist. Eine Story im klassischen Sinn sucht man beim Brettspiel-Hexer vergeblich, allerdings arbeitet jeder Charakter zu jedem Zeitpunkt an einer großen Quest. Wer zuerst drei Quests erfüllt, beendet dadurch mit sofortiger Wirkung das Spiel. Es gibt drei Quest-Kategorien: Kampf, Magie und Diplomatie, wobei es in jeder Kategorie Quests im Wert von acht, zwölf oder sechzehn Siegpunkten gibt. Um eine Quest zu erfüllen, braucht es immer zwei Beweise, die wiederum können wir gegen Hinweise eintauschen (ich verweise hier nochmal auf die Aktion "Ermitteln"). Beweise kommen in den selben Kategorien vor wie Quests. Jeder Held hat unterschiedliche "Wechselkurse" von den Hinweisen auf Beweise. Triss braucht etwa nur drei blaue Hinweismarker für einen magischen Beweis, während Rittersporn gleich acht davon benötigt. Ebenso kann jeder Charakter nur einen bestimmten Quest-Typ verfolgen. Aber auch hier: Nur vorgetäuschte Tiefe, im Endeffekt heißt Quests erfüllen nämlich von Ort zu Ort reisen, wodurch man per se Hinweismarker sammelt, und dann an diesen Orten (hoffentlich erfolgreich) ermitteln. Auch hier ist Glück gefragt, denn eine Ermittlung kann nicht nur fruchtlos, sondern bisweilen auch ganz schön gefährlich sein. Jaja, das Abenteurerleben... Das reißen dann auch die einfallslosen Nebenquests, von denen auf jeder Questkarte zwei abgebildet sind, nicht heraus. Einzig interessante Neuerung: Das The Witcher: Abenteuerspiel wartet mit sogenannten Unterstützungsquests auf. Auch hiervon ist immer eine auf der Questkarte abgedruckt, allerdings können wir die nicht selbst erfüllen. Stattdessen können hier die MitspielerInnen punkten. Steht man auf dem selben Feld wie ein Gegenspieler und verfügt über die nötigen Mittel (Geld oder Hinweismarker) um dessen Unterstützungsquest zu erfüllen, können wir auch abseits unserer eigenen Queste Siegpunkte sammeln – und das ist die einzige nennenswerte andere Möglichkeit dafür. Zwar erhält auch der Besitzer der Questkarte ein Stück vom Kuchen, allerdings deutlich weniger als der Quest-Erfüller. Interessante Idee, in Verbindung mit dem restlichen Gameplay artet es dann aber meistens in ein Abwarten-und-Verfolgen aus, weil jeder sich möglichst absichern will, bevor er den Hahn zudreht. Und das ist dann, leider wieder mal, weniger episch. Episches Spiel? – Das

Spieletester

16.11.2015

Fazit

Der Versuch ein Brettspiel zu kreieren, das an die epischen Ausmaße des Videospiel-Vorgängers herankommt, ist leider gründlich nach hinten losgegangen. Dafür ist das zugrunde liegende Prinzip vor allem eins, nämlich viel zu eintönig. Aber auch das Glück spielt eine zu große Rolle in diesem Titel, wenn man die stolze Spieldauer von guten drei Stunden bedenkt (lasst euch da nicht von der offiziellen Angabe täuschen). Im Endeffekt verbirgt sich hinter dem großen Namen nicht mehr als ein einfaches Zugspiel. Der einzige Mechanismus, der uns wirklich überzeugen konnte, ist jener der Unterstützungs-Quests – aber die sind mäßig überzeugend integriert und machen das Kraut dann auch nicht fett. Am Ende des Tages ist The Witcher: Das Abenteuerspiel leider nur Franchise-Ausbeute und allenfalls noch ein Hingucker. Bei Heidelberger Spieleverlag haben wir dann doch irgendwie auf mehr gehofft. Schade!
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 14 Jahren
Spieldauer: 120 Minuten
Preis: 40,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2015
Genre: Glück
Zubehör:

ALLGEMEIN: 1 Regel 1 Referenzhandbuch 1 Spielbrett 4 Heldenbögen 4 Heldenfiguren 8 Aktionsmarker 8 Heldenmarker 9 Spezialwürfel MARKER: 30 Monster (8x Gold, 11x Silber, 11x Bronze) 24 Beweise (je 8x Diplomatie, Magie & Kampf) 16 Wunden 27 Oren 21 Unglücksmarker 48 Hinweise 36 allgemeine Marker KARTEN: 48 Quests 120 Ermittlungen 40 Unglückskarten 20 Glückskarten 60 Trainingskarten 4 Gefährten für Yarpen

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