Tzolk´in

Wollte man den Medien glauben, stand die Erde, so wie wir sie kennen, im Dezember 2012 zum wiederholten Mal direkt vor dem Abgrund der totalen Auslöschung. Diesmal sollte das Volk der Mayas daran mitschuldig sein. Hatten Sie doch einfach ihren ewigen Kalender am 21. Dezember 2012 enden lassen. Wie Sie aber lesen können, haben sich die Befürchtungen der Boulevardblätter zum Glück nicht erfüllt. Warum der Kalender bei diesem Datum allerdings abbricht, ist bis heute nicht geklärt. Dieser Frage will Czech Games Edition in ihrem neusten Arbeiter-Einsetz-Spiel aber auch gar nicht nachgehen, sondern sie machen einfach den Maya Kalender zum Mittelpunkt ihres Spiels und freuen sich dabei über die kostenlose und zusätzliche PR.

Dreh- und Angelpunkt des Spiels im wahrsten Sinne des Wortes der Tzolkin Kalender der aber selbst nur ein Teil des komplexen Mayakalenders ist. Die Autoren Daniele Tascini und Simone Luciani haben für Tzolkin aus dieser berühmten Scheibe ein Zahnrad gemacht, welches andere Zahnräder antreibt, die die wichtigsten Maya Stätten symbolisieren sollen: Palenque, Yaxchilan, Tikal, Uxmal und Chichen Itza. Doch erst einmal der Reihe nach.

Jeder Spieler ist der Anführer eines Maya Stammes, der mit anderen Stämmen in einen Wettbewerb tritt, welcher Stamm innerhalb einer Frist von 26 Tagen, gemessen in Siegpunkten, die beste Entwicklung in den Bereichen Religion, Architektur, Landwirtschaft und Rohstoffgewinnung nimmt. Jeder Stamm beginnt dabei seine Entwicklung mit drei Arbeitern und 4 zufällig gezogenen Startvermögen-Plättchen, von denen er zwei auswählt und deren Bonuseinkommen er zusätzlich erhält. Die Arbeiter werden im Gegensatz zu anderen Arbeiter-Einsetz-Spielen aber nicht direkt in einzelne Bereiche eingesetzt um dort z.B. etwas zu produzieren, sondern sie werden auf den fünf kleineren Zahnrädern positioniert, die den oben genannten Maya-Stätten zugeordnet sind. Diese fünf werden durch das zentral angeordnete Zahnrad gleichzeitig in identischer Richtung weiterbewegt. Jede der fünf Maya Stätten steht für andere Prioritäten und die dort eingesetzten Arbeiter können so ihrem Stamm auf unterschiedliche Art und Weise nützlich sein. So gibt es in Palenque vor allem Mais und Holz zu ernten, Tikal ist das Zentrum der architektonischen und technologischen Entwicklung der Mayas, in Yaxchilan steht die Gewinnung von Rohstoffen (Holz, Stein, Gold, Kristallschädel) im Vordergrund, Uxmal ist das Handelszentrum der Mayas und Chichen Itza eine heilige Stätte, in der die Götter um ihre Gunst angefleht werden. Je länger die Spieler einen Arbeiter an einem dieser Orte auf dem Zahnrad stehen lassen können, umso größer ist dessen möglicher Ertrag, wenn er dann doch wieder zum Vorrat des Spielers zurückgenommen werden muss.

In Tzolkin gliedert sich jede Spielrunde in zwei bzw. drei Phasen: die Aktionsphase, eine viermal im Spiel stattfindende Erntefest-Phase und die Kalender-Dreh-Phase. In der Aktionsphase kann jeder Spieler entweder Arbeiter einsetzen oder er muss Arbeiter von den Zahnrädern zurück nehmen. Wird ein Arbeiter zurückgenommen, kann die Aktion des Feldes auf welchem er steht, ausgeführt werden. Um wahlweise auch vorherige Felder nutzen zu können, muss Mais abgegeben werden. In dieser Situation ist es natürlich von Vorteil, möglichst viele Arbeiter zu besitzen, um einige davon so lange wie möglich auf einem wichtigen Zahnrad stehen zu lassen, denn die lukrativen und interessanten Ertragsfelder finden sich erst am Ende der Runde. Immer nach sechs bzw. sieben Spielrunden finden Erntefeste statt, an denen die Arbeiter ordentlich Mais zu futtern bekommen müssen. Haben die Spieler nicht genügend Maisvorräte angelegt, werden ihnen gnadenlos Siegpunkte abgezogen. Nach jeder ausgeführten Aktion wird das zentrale Zahnrad einen Zahn weiter gedreht, bis nach entsprechend vielen Spielrunden das große Zahnrad mit dem Mayakalender eine komplette Umdrehung zurückgelegt hat und das Spiel damit beendet. Jetzt werden die erhaltenen Siegpunkte ausgezählt bzw. gebunkerte Rohstoffe in Siegpunkte getauscht. Um bei Tzolkin Siegpunkte generieren zu können, müssen die Spieler in der Wertung der Tempel möglichst weit voranschreiten und vor allem Monumente errichten. Für deren Bau werden allerdings Unsummen an Rohstoffen benötigt, so dass eine konsequente Strategie beim Bau von Gebäuden, der Erforschung von Technologien und dem Generieren von Ressourcen unabdingbar ist. Das ist allerdings leichter gesagt als getan, denn Tzolkin ist gerade zum Spielbeginn recht verwirrend. Das wird leider durch die Symbolgrafik noch verstärkt. Diese passt zwar gut zum Thema, ist aber leider nicht immer eindeutig und intuitiv verständlich.

Tzolkin ist ein komplexes und sehr interessantes Spiel, auf das man sich allerdings einlassen muss. Der neuartige und sehr schön funktionierende Mechanismus der Zahnräder macht selbst gestandene Vielspieler neugierig auf das Spiel und kann bei entsprechender grafischer Gestaltung zum absoluten Hingucker mutieren. Wie immer bei solchen Spielen sind permanent viel mehr Aktionen möglich, als die Spieler ausführen können. Das bedingt eigentlich eine sehr konsequente Spielweise bzw. Strategie, aber meist erliegen die Spieler schnell den Verlockungen schneller Punkt- oder Rohstoffgewinne. Die größte Schwierigkeit ist es, einen sinnvollen Rhythmus zwischen dem Einsetzen und dem Herunternehmen der eigenen Arbeiter zu finden. Das schöne Material verbunden mit dem innovativen Spielmechanismus schafft eine angenehme Spielatmosphäre und regt zum wiederholten Ausprobieren an. Dieser hohe Wiederspielreiz wird durch die Vielzahl der zur Verfügung stehenden Bonusplättchen, Gebäude und die dadurch möglichen Kombinationen noch verstärkt. Unabhängig von der Anzahl der Spieler funktioniert Tzolkin in jeder Besetzung gleichermaßen gut und auch im Zwei-Personen-Spiel kommt es durch die Geisterspieler-Regel mit permanent besetzten Feldern auf den Zahnrädern zu spannenden Positionskämpfen um die beste Ausgangsbasis.


Spieletester

01.04.2013

Fazit

Trotz einiger kleiner, sich abzeichnender Einschränkungen im Balancing ist Tzolkin aufgrund seiner Atmosphäre, des hohen Wiederspielreizes und nicht zuletzt der innovativen Spielmechanik neben Terra Mystica für mich das absolute Highlight der Spielemesse Essen 2012 für Vielspieler. Uneingeschränkte Kaufempfehlung!
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: 90 Minuten
Preis: 35,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2012
Grafiker: Milan Vavron
Genre: Strategie
Zubehör:

vierteiliger Spielplan, 6 Getrieberäder aus Kunststoff, 6 Befestigungen für die Getrieberäder am Spielplan, 10 Aufkleber, 24 Arbeiter aus Holz (je 6 in vier Farben), 28 Spielsteine aus Holz (je 7 in vier Farben), 4 Wertungsmarker aus Holz (je 1 in vier Farben), 65 Rohstoffquader aus Holz (Gold, Holz, Stein), 13 Kristallschädel aus Kunststoff, 65 Maismarker aus Pappe (Werte 1 und 5), 28 Ernteplättchen aus Pappe (Mais und Holz), 21 Plättchen mit Startvermögen, 13 Karten Monumente, 32 Gebäudekarten, 4 doppelseitige Spielerhilfen, Startspielermarker, Spielregel

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