Markus Heitz‘ Justifiers

Markus Heitz‘ Justifiers wurde auch als 339-seitiges Portables Dokument (PDF) veröffentlicht. Es ist ein Inhaltsverzeichnis vorhanden. Der gut lesbare Inhalt ist vierfarbig. Die sparsam gestreuten Illustrationen sind sehr gut dem Thema angepasst und erleichtern so den Zugang zum Material. Die letzten 26 Seiten sind Spielzubehör, wobei der farbige Hintergrund farbverschwendend beim Ausdrucken ist. Im gesamten Regelteil sind nützliche Randnotizen vorhanden. Leider fehlen ein Index und eine Missionsübersicht.

1988 war ein gutes Jahr für anthropomorphe Tiere im Weltraum, sowohl Justifiers RPG als auch Albedo RPG wurden veröffentlicht. Mir erscheint es, dass in den letzten Jahren die Beliebtheit der sogenannten Furries gestiegen ist und warum dann nicht ein Spiel, das lange brach gelegen hat wiederbeleben? Markus Heitz‘ Justifiers kehrt als Abenteuerspiel zurück. Aber was ist ein Abenteuerspiel? Ähnlich wie bei den Brettrollenspielen, z.B. Dungeoneer oder Quest, werden hier konventionelle Spielelemente mit Rollenspielelementen vermischt. Es sollen mit diesem Konzept vor allem Gelegenheits- und Nichtrollenspieler angesprochen werden.

Mit einer 20-seitigen Kurzgeschichte beginnt das Buch. Dabei wird Atmosphäre geschaffen. Die Spielercharaktere sind genetisch gezüchtete Konzernsklaven, die als Vorhut, um des Gewinnes willen, Planeten erobern, kolonisieren und ausbeuten. Bei Namen wie Ice McCool und Zapatero und den ganzen ‘coolen‘ Sprüchen musste ich allerdings ständig an Cartoons mit 80‘-Jahre-Flair denken. Leider blieb mir dieser Eindruck auch den Rest des Buches erhalten und es lag wirklich nicht an den Illustrationen.

Es folgt eine Zeitleiste. Wenn jemand Wert auf Hard-Science legt, dann wird er sehr unglücklich bei dieser Aufzählung. Die Ereignisse dort schieben den ganzen Hintergrund ins Phantastische. Mit einem Beam-Strahl, genannt TransMatt-Technologie, befördert der TTA Konzern, die sogenannten "Justifiers" auf andere Planeten. Der Konzern kann diese Technik über 150 Jahre lang vor Kopie, Industriespionage usw. schützen und dabei totalitäre Macht aufbauen. In der Zwischenzeit haben andere Konzerne und Regierungen auf der Suche nach gestrandeten UFOs auf der Erde Erfolg gehabt und deren Überlichtgeschwindigkeitsantriebe kopiert. In den nächsten 800 Jahren gibt es ein Hickhack zwischen (Erd-)Staaten und Konzernen. Nebenbei wird der Weltraum kolonisiert.

Dann kommt Ice McCool wieder zu Wort und erklärt uns das Leben im 3. Jahrtausend. Das ist nicht sonderlich anders als heute in einer Großstadt, nur ohne Internet, dafür mit ein bisschen Cyberpunk und Anthropomorphen.

Nach 55 Seiten Hintergrund kommen jetzt die Regeln. Diese wenden sich an Einsteiger und erklären genau was diese tun sollen. Sehr positiv fällt auf, dass alles sehr einfach gehalten ist und mit vielen Beispielen erklärt wird. Es gibt drei Attribute: Körper, Geist und Seele auf einer Skala von Eins bis Vier. Zu jedem Attribut passend gibt es eine Reihe Fertigkeiten, mit den Werten 0 bis 3. Um eine Probe zu bestehen addiert man Attribut, Fertigkeit und eventuelle Modifikatoren. Dies ist die Anzahl der 6-seitigen Würfel, die geworfen werden. Jede gewürfelte Fünf oder Sechs ist ein Erfolg. Meistens reicht eine bestimmte Anzahl von Erfolgen aus um das gewünschte Ziel zu erreichen. Bei größeren Projekten werden mehrere Würfe über eine Rundenzahl durchgeführt und die Erfolge addiert.
Kämpfe beginnen mit dem Einschätzen des Gegners. Da erhalten die Spieler allgemeine Informationen und den ungefähren Herausforderungsgrad des Kontrahenten. Dann wird die Entfernung in einer von drei groben Kategorien bestimmt. Jede Waffe hat drei Einträge passend zu diesen Kategorien (der kann auch Null betragen) und die Angabe zur Art des Schadens. Der Spieler entscheidet ob der Charakter angreift, einen Ausrüstungsgegenstand oder eine Eigenschaft aktiviert oder eine erlaubte Sonderhandlung durchführt. Es wird ein Wurf gegen den gegnerischen Verteidigungswert durchgeführt. Wird dieser überschritten nimmt der Gegner Schaden. Sinkt die gegnerische Ausdauer auf Null wird dieser besiegt. Wenn die Ausdauerpunkte des Spielercharakters auf Null sinken, dann wird dieser ohnmächtig und es erfolgt ein Rückzug. Das endgültige Verscheiden eines Charakters ist nicht vorgesehen.
Auf den nächsten 60 Seiten werden die Erschaffungsregeln präsentiert. Diese sind rollenspieltypisch mit Art des Anthropomorphen und Klasse. Jede Art erhält eine gewisse Anzahl Abenteuerpunkte. Mit Abenteuerpunkten können die Attribute und Fertigkeiten erhöht, noch zusätzlich besondere Eigenschaften, Psikräfte und Ausrüstung gekauft werden. Die Ausrüstung umfasst Waffen, Körperpanzer und allgemeine Ausrüstung. Gekaufte Ausrüstung ist ‘gesichert‘ und kann immer wiedererstattet werden. Möchte man andere Ausrüstung haben, muss man die Punkte umtauschen. Gefundene Ausrüstung hält immer nur eine Zeitlang. Es werden noch 10 vorgefertigte Charaktere angeboten.
Zusammen mit den Teampunkten kauft die Gruppe die Fahrzeuge und die einzelnen Komponenten des Shuttles ein. Das Shuttle dient für Weltraumkämpfe und als Bodenstation. Diese Punkte können vor jeder Mission neu verteilt werden.

Jetzt geht es ans Eingemachte, dem eigentlichen Spiel. Es handelt sich immer um eine Mission. Ziel des Spieles ist möglichst viele Missionspunkte innerhalb einer begrenzten Rundenzahl zu erreichen. Für je 10 Missionspunkte bekommen die Spieler eine Teamkarte und je einen Abenteuerpunkt. Erzähltechnisch sind das ebenfalls die Payback Punkte für den Freikauf von dem Konzern. Die Teamkarten enthalten nützliche Bonusse für die Mission.
Für die Mission Holz 11 gibt es auch eine Karte auf der die Runden- und Missionspunkte festgehalten werden können.
Eine Mission gliedert sich in folgende Phasen: Briefing, Ausrüstungstausch, Orbitalexploration, Raumkämpfe und Exploration des Planeten. Letztere teilt sich wiederum in Erkundung, Reparieren, Laboruntersuchungen, Erholen, Freizeit, Trainingspause, Erkundungsziel besuchen und Zonenwechsel auf. Jede der letztgenannten Aktionen kostet Missionsrunden, die von der Gesamtrundenzahl abgezogen werden.
Es gibt zwei verschiedene Modi, den Abenteuermodus und den Explorationsmodus. Der Explorationsmodus stellt die abstrakte Darstellung von wochen- und monatelanger Arbeit dar. Der Abenteuermodus ist sozusagen die Detailansicht. Dies sollte man nicht mit einem Rollenspielabenteuer verwechseln. Auch im Abenteuermodus ist alles vordefiniert und folgt festgelegten Mustern.
Das Spiel startet mit dem Briefing, wo den Charakteren mitgeteilt wird was ihre Mission sein wird und wie viel Missionspunkte zu erwarten sind. Die Charaktere dürfen dann auch Fragen stellen, um sich ein grobes Bild der Situation machen zu können. Dann wird eventuell Ausrüstung getauscht um sich besser vorzubereiten.
Es geht im Orbit des Planeten weiter. Je nach Shuttle kann jetzt einer (oder mehrere) der Charaktere den Planeten scannen. Der Erzähler legt inzwischen die Planetenkarte auf den Tisch worauf die Zonen zu erkennen sind. Je nach Erfolg des Scanwurfes werden jetzt Informationen weitergegeben und eventuell Missionspunkte eingestrichen. Dann entscheiden sich die Spieler dafür in welcher Zone sie landen wollen.
Zu diesem Zeitpunkt kann es zu einem Raumkampf kommen, wenn dies so vorgesehen ist. Je nach der Platzverteilung im Shuttle kann auch hier eine unterschiedliche Anzahl von Charakteren am Kampf beteiligt sein. Der Raumkampf ähnelt dem normalen Kampf mit einigen Ausnahmen, z.B. bestimmt die Energieverteilung zu den Systemen, ob diese benutzt werden können.
Dann wird in der gewählten Zone gelandet, der Landewurf entscheidet, wie heil alle unten ankommen. Der Erzähler legt nun die Regionskarten verdeckt aus. Je nach Erfolg des Orbitalscans werden davon einige aufgedeckt. Von der Landezone aus können nun die Spieler ihre Charaktere die oben genannten Aktionen durchführen lassen. Die häufigste Aktion ist das Erkunden, dabei werden die Charaktere auf die mitgenommenen Fahrzeuge verteilt und erkunden die angrenzende Regionskarte. Sie dürfen die Karte umdrehen, erhalten eine Beschreibung vorgelesen und machen Würfe ob sie durch das Gelände manövrieren können. Wenn der Wurf misslingt können sie diese Karte nicht betreten und müssen je nach Misserfolg des Wurfes vielleicht sogar das Fahrzeug reparieren. Ist der Wurf erfolgreich, so können je nach Art der Karte weitere Würfe fällig sein und mehr Informationen und Missionspunkte verteilt werden. Der Erzähler verfügt über einen Stapel von Erzählerkarten, die je nach Anzahl der Charaktere und Textanweisung gezogen werden und jederzeit nach Bauchgefühl ausgespielt werden können. Diese erschweren den Charakteren das Leben. Einzelne Regionskarten enthalten auch Erkundungsziele. Diese werden markiert und können dann von der gesamten Gruppe angefahren werden. Es wird auf Abenteuermodus umgeschaltet und die Spieler erfahren was dort Besonderes vor sich geht. Das bedeutet meistens ein paar Entscheidungen zu treffen und entsprechende Würfelwürfe durchzuführen mit thematischem Begleittext, z.B. Erstkontakt mit Einheimischen. Wenn alles erkundet und die Erkundungsziele erreicht wurden, wechselt man die Zone und alles geht wieder von vorne los.

Der Leser mag sich jetzt fragen warum man sich die Geschichten, den Hintergrund durchgelesen und einen individuellen Charakter mit Hintergrund erschaffen hat. Das traurige ist, in der Mission spielt alles das keine Rolle. Rollenspiel bezieht sich hier darauf seine Würfelergebnisse zu kommentieren. Natürlich kann ein findiger Erzähler das alles ändern, aber vorgesehen ist es nicht. Apropos Erzähler, für diesen finden sich wenig Hinweise im Buch. Zwar wird mal darauf hingewiesen wie eine bestimmte Person darzustellen ist, aber wichtige Dinge wie Missionsgestaltung, Anpassen von Herausforderungen oder Herstellung neuer Karten sind hier nicht zu finden.

Die erste Zone der Mission Holz 11 umfasst 85 Seiten und wird im Quellenbuch Mystery fortgesetzt.

Im Anhang sind Kopiervorlagen für die Shuttle-Bordsysteme, Erkundungsfahrzeuge, Startspielerkarte und Explorations-Startspielerkarte, Teamkarten, Erzählerkarten, Regionskarten, Erkundungsmarker, Erkundungszielmarker, Gegnerkarten von Holz 11, Justifier-files und Zonen-Referenzblätter.

Spieletester

20.02.2013

Fazit

Für ein Brettspiel ist es unnötig ausführlich und die Hintergrundinformationen spielen in der Mission keine Rolle. Für ein Rollenspiel sind zwar die grundlegenden Spielmechaniken vorhanden, aber einer der Kernpunkte, die kreative Lösungsfindung, ist nicht vorgesehen. Überhaupt ist es schwierig zu ermitteln was hier als Rollenspiel verstanden wird. Wann und wie die Charaktere untereinander und mit der Umwelt interagieren sollen wird komplett außen vor gelassen. Ob das Ziel erreicht wird, neue Spieler zu interessieren die nicht aus dem Rollenspielmilieu stammen, ist dadurch fraglich.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 7
Alter: ab 12 Jahren
Preis: 21,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2010
Verlag: Ulisses Spiele
Autor: Markus Heitz
Grafiker: Che Rossié
Zubehör:

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