Fremde Federn

Wenn ein Dieb mein Auto klauen will wäre es schon sehr nett, mir am Vortag einen Zettel in die Windschutzscheibe zu stecken und mich damit über seinen Plan zu informieren. Auch von Einbrechern würde ich mir ein kleines Ankündigungsschreiben mit Tag und Uhrzeit des Einstiegs wünschen. Ich könnte dann auf eine Pizza gehen und gleich die Tür offen lassen.
Friedemann Friese hat diesbezüglich alles richtig gemacht. In einem Bekennerschreiben gesteht er Ideenklau bei Dominion, Im Wandel der Zeiten und Agricola und bedankt sich auch gleich noch bei den Autoren. Auch der Titel "Fremde Federn" lässt keinen Zweifel.
Bitte bedienen Sie sich, aber mit Niveau.

Politik ist das Thema.
Wählerstimmen sind der Weg.
Der Wahlerfolg ist das Ziel.
Jeder startet seine Wahlkampagne mit zehn Karten, sieben davon sind Geldkarten mit je einer Münze und die restlichen drei sind je ein Siegpunkt. Dieser gut gemischte Kartenstapel liegt verdeckt vor jedem Spieler bereit, jede Runde beginnt mit dem Nachziehen der obersten fünf Karten von diesem Stapel. Eine der Handkarten wird verdeckt zur Bestimmung der neuen Spielreihenfolge verwendet. Danach setzen die Spieler reihum ihre (üblicherweise) drei Wahlkampfhelfer in Büros auf dem Spielplan. In jedem Büro darf (üblicherweise) nur eine Figur sitzen. Pro Runde kommt ein weiteres Büro hinzu. Elf Runden werden (üblicherweise) gespielt, damit kommen zu den zehn fixen Büros auf dem Spielplan noch bis zu elf hinzu.

Kleiner Einschub:
Üblicherweise verwende ich "üblicherweise" nicht so häufig, doch "Fremde Federn" bietet unüblich viele Möglichkeiten, um den Weg zum Wahlsieg mit Abkürzungen oder Umwegen zu begehen.

Alle Karten, die nach und nach in Spiel kommen, sind gruppenweise sortiert und werden gegen Ende immer mächtiger, die Aktionskarten aber auch teurer.
Diese Aktionskarten werden auf der "Straße" angeboten. Der Straßenstrich befindet sich auf dem Spielplan unterhalb der Büros und bietet Platz für elf Karten. Die linken vier sind um den auf den Karten aufgedruckten Preis zu bekommen, die nächsten vier kosten einen Geldschein mehr, für die letzten drei sind sogar zwei Geldscheine mehr zu bezahlen. Das sollte man sich verkneifen, rutschen die Karten doch jede Runde weiter nach links und sind ohne Zusatzkosten zu haben. Das wissen aber auch die Gegenspieler…

Der Kauf einer Aktionskarte ist jedoch nur möglich, wenn man einen Wahlhelfer im richtigen Büro sitzen und die nötigen Münzen in Form von Handkarten oder virtuell durch Wahlhelfer zur Verfügung hat. Durch eine gekaufte Aktionskarte kann man später für einen Zug sogar weitere Wahlhelfer anheuern und damit besser agieren und mehr Wählerstimmen einsacken. Die Aktionskarten bringen auch Siegpunkte. Leider verwässern diese Siegpunktkarten die Kartenhand. Teure Einkäufe werden schwierig, wenn man statt Geld nur Siegpunkte in der Hand hat. Wiederum können Aktionskarten hier hilfreich eingreifen und die gespielten Siegpunkte verdoppeln oder sogar verdreifachen. Immer vorausgesetzt, Fortuna hat ein glückliches Händchen beim Nachziehen vom gemischten Stapel.

Zwei witzige Details (es gibt mehr, vor allem die Kartentexte und Illustrationen) muss ich auf jeden Fall noch anmerken: In den Aktionskarten finden sich auch wertlose Klopapierrollen mit dem Aufdruck "Diplom". Bezeichnet sind sie mit "Pilotenschein" oder "Waffenschein". Sie können nichts und bringen nichts. Dennoch muss man diese Karten in den persönlichen Kartenstapel nehmen, wenn sie links von einer gekauften Aktionskarte auf der Straße ausliegen.
Besonders gelungen auch eine der Endbedingungen: Ist der letzte Doktortitel (Dr. jur., Dr. phil., Dr. rer. Pol. Und Dr. rer. nat.) verkauft, endet das Spiel. Das tut es auch, wenn die elfte Runde gespielt wurde oder ein Spieler 95 Siegpunkte erspielen konnte.

Spieletester

07.03.2013

Fazit

Wer Dominion kennt, wird sich an den Kartenstapelmechanismus erinnert fühlen. Wer Im Wandel der Zeiten kennt, dem wird die Straße bekannt vorkommen. Wer Agricola kennt, dem wird der sich ständig größer werdende Bürokomplex heimelig vorkommen. Die fremden Federn sind uns damit gar nicht fremd. Und irgendwie ist das gut so. Endlich hat man mal einen Vorteil, wenn man sich viel mit Spielen beschäftigt und damit viele kennt. "Yes we p(l)ay", findet sich im Schachtelboden. Ja, gerne wieder. "Play" aber lieber als "pay"!
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 90 Minuten
Preis: 28,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2012
Verlag: 2F-Spiele
Grafiker: Harald Lieske
Genre: Strategie
Zubehör:

Spielplan (= das Ministerium), 114 Karten (40 Startkarten, 55 Aktionskarten, 15 Bürokarten, 4 Übersichtskarten), 28 Wahlhelfer (jeweils 7 in 4 verschiedenen Farben), 8 Spielsteine für Spielreihenfolge und Erfolgspfad, 25 grüne Siegpunktmarker, Spielanleitung, Übersichtsplan, Beiblatt

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