Ruhrschifffahrt 1769 - 1890

Anspruchsvolle Spiele für den Spielegourmet - Mit diesem Slogan wirbt der deutsche Kleinverlag Spielworxx, der vorwiegend US-amerikanische historische Spiele vertreibt. Nun spielt Ruhrschifffahrt 1769 – 1890 nicht in Amerika, bedient damit aber das zweite Standbein, die Veröffentlichung von Spielen in Kleinauflage. Ruhrschifffahrt 1769 – 1890 simuliert die Geschichte des Kohletransports auf der Ruhr und versucht dabei die Wirtschaftsgeschichte in Form eines Strategiespieles nachzuspielen.

Die Spieler steuern ihre Schiffe über die Ruhr, die sich auf dem mehrteiligen Spielplan wie eine Schlange durch die Landschaft schlängelt und dabei Städte, Kleinindustrien und Kohleniederlagen der örtlichen Zechen miteinander verbindet. Zusätzlich wird der Flusslauf immer wieder durch Wehre und niedrige Steindämme gestört, an denen zunächst kein Schiff vorbeikommt und deshalb die Kohle umgeladen werden muss. Sehr schön ist dieser historische Aspekt mit der Reduzierung des Kohlewertes umgesetzt, bei dem ein Würfel einfach auf niedrigere Werte gestellt wird. Im Lauf des Spieles entwickelt sich allerdings die bessere Schiffbarkeit der Ruhr durch den Bau von insgesamt 14 Schleusen.

Das Spiel verläuft insgesamt über 12 Spielrunden, in denen die Spieler ihre auf der Ruhr transportierte Kohle für möglichst viele Thaler an Kleinindustriestandorte, den Städten oder im Hafen Ruhrort verkaufen. Zunächst können nur schwarze Kohlewürfel aus den Gebieten Essen und Berg/Broich auf die Schiffe geladen werden und erst wenn die Grafschaft Mark über ein Fortschrittsplättchen freigeschaltet wurde, dürfen auch weiße Würfel aus dieser Region transportiert und verkauft werden.

Die so wichtigen Siegpunkte erhalten die Spieler durch den Ankauf von Lagerhäusern, Kohlelager und den Bau von Schleusen. Fortschrittsplättchen werden über gesammelte Entwicklungssteine freigeschaltet und erlauben ihrem Besitzer fortan Lagerhäuser in bestimmten Regionen, Kohlenlager oder Schleusen zu bauen, sowie die „weiße“ Kohle aus der Grafschaft Mark zu transportieren oder ganz profan Lohn zu kassieren und für Kohle-Nachschub zu sorgen. Dies alles wird mit Plättchen und Entwicklungssteinen kenntlich gemacht, wobei die weißen Fortschrittsplättchen nur in begrenzter Zahl vorhanden und somit nicht für alle Spieler zugänglich sind. Hier heißt es dann, wer zuerst kommt mahlt zuerst.

Zu Beginn jeder Runde wird zunächst ein historisches Ereignis ausgeführt, das dann alle Spieler im positiven wie negativen Sinne trifft. Danach wird ein Hindernis-/ Nachfragemarker gezogen und ausgeführt. Hierbei werden überwiegend Thaler auf Felder der Städte und Kleinindustrien gelegt. Hoch- oder Niedrigwasser dagegen behindern die Schiffbarkeit der Ruhr, weshalb bei einem entsprechend gezogenen Plättchen die Sonderoptionen mit Lotsenfunktion nicht verfügbar sind. Als nächstes setzen die Spieler ihr Ruhrschiff auf eine Kohleniederlage mit Kohlewürfel und wählen eventuell eine der Sonderoptionen aus. Es beginnt immer der Spieler, der mit seinem Schiff weiter flussaufwärts steht. Danach fahren die Schiffe mit der Kohle flussabwärts zu einem Verkaufsfeld. Jeder Spieler muss in jeder Runde zwingend einen Kohlewürfel transportieren und verkaufen. Wird dabei ein Hindernisfeld überschritten, reduziert sich der Wert des Kohlewürfels um eins. Für die verkaufte Kohle erhält der Spieler jetzt einen Entwicklungsstein, der auf das passende Feld seines Tableaus abgelegt wird, sowie für die restlichen Punkte des Kohlewürfels entsprechend viele Thaler. Die Kohle wird auf die Transportbahn gelegt und kann bei bestimmten Konstellationen wieder ins Spiel kommen. Die nach Ruhrort gelieferte Kohle wird ab der vierten Runde nach Belgien, in die Niederlande oder ins Rheinland exportiert und bringt dann den Spielern Siegpunkte, die in Ruhrort entsprechende Lagerhäuser errichtet haben.

Sobald das zwölfte historische Ereignis und die darauf folgende Runde gespielt wurde, endet die Ruhrschifffahrt und eine letzte Punktewertung folgt. Hier wird dann geschaut, wer Lagerhäuser in bestimmten Städten und Kohlenniederlagen sein eigen nennen darf oder mit Mehrheiten aufwarten kann. Bestimmte Fortschrittsplättchen werfen ebenfalls Siegpunkte ab, wohingegen noch ausstehende Schulden mit Minuspunkten bestraft werden. Wer jetzt während des Spieles und am Ende die meisten Punkte sammeln konnte, gewinnt.


Spieletester

28.04.2013

Fazit

Das Spiel ist alles andere als seicht und lässt so machen Spieler bei der ersten Partie verzweifeln. Auch in meiner Spielgruppe war das beim ersten Mal so schlimm, dass wir die Partie abgebrochen haben. Zwei Wochen später haben wir es noch einmal versucht und diesmal wurde auch zu Ende gespielt, wie auch alle weiteren Partien. Durch die vielen kleinen Details, die teilweise nicht eingängig sind, kommt das Spiel immer wieder mal ins Stocken. Erst ein Blick in die chaotisch aufgebaute Regel brachte meistens nach längerer Suche Klarheit. Erschwert wird das Ganze dann auch durch den Spielplan, der zwar viele Informationen bereithält, doch diese sind oft zu klein oder wie die Wappen der Städte und Regionen nicht erkennbar. Insgesamt trübt die Spielregel etwas den Gesamteindruck eines wirklich hervorragenden Spieles, das eigentlich nur durch eine bereits veröffentlichte FAQ und das Stöbern in diversen Internet-Foren wirklich fließend spielbar wird. Jetzt aber genug gemeckert, denn Ruhrschifffahrt 1769 – 1890 ist ein gutes Spiel, das seinen Teilnehmern einen schönen Spieleabend bescheren kann. Der kann mitunter sehr lang werden, was sich anhand der Spielerzahl auch noch exponentiell steigern kann. Trotzdem sind alle während der kompletten Zeit bestens unterhalten und, sieht man mal von den diversen "Ich-schau-mal-in-der Regel-nach"-Phasen ab, läuft das Spiel, je öfter man es bereits gespielt hat, auch durchaus flüssig ab. Mir persönlich hat es, außer in besagter erster Partie, gut gefallen, wenngleich die Zusammenstellung der Spielgruppe entscheidend für den tatsächlichen Spielspaß ist. Der ungewöhnliche Einsetzmechanismus und das Flair des Kohletransports werden hier sehr fein zu einem außergewöhnlichen Warentransportspiel verwoben. Leider ist Ruhrschifffahrt 1769 – 1890 beim Spielworxx Verlag direkt nicht mehr erhältlich. Wer trotzdem die Möglichkeit hat, es käuflich zu erwerben, der sollte sich nicht scheuen zuzugreifen.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

Xarlos | 28.04.2013

Die erste Partie Ruhrschifffahrt ist einfach nur Arbeit. Hier sind extrem viele Punkte und Regelfeinheiten zu beachten. Danach war ich einfach nur platt. Aber schon im Laufe des nächsten Tages regte sich die Lust auf eine neue Partie und welche höhere Auszeichnung gibt es für ein Spiel als die Lust es wieder zu spielen? Trotzdem sollte man beachten dass Ruhrschifffahrt ein Spiel für Vielspieler mit einer Spielzeit nicht unter 3 Stunden ist. Ist man bereit dieses zu investieren wird man mit einem an- und aufregendem Spielabend belohnt!

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 120 Minuten
Preis: 69,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2012
Verlag: Spielworxx
Grafiker: Harald Lieske
Genre: Strategie
Zubehör:

1 großer Spielplan aus mehreren Teilen 4 Spielertableaus 100 Plättchen 4 Ruhrschiffe 1 Rundenanzeiger 8 Markierungsscheiben 14 Kohlewürfel 48 Entwicklungssteine 40 Münzen 44 Lagerhäuser 1 Exportanzeiger 1 Beutel 1 Regelheft

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