Feudalherren

Die Feudalherren, vor allem die darin enthaltenen Plättchen, erinnern ein wenig an Kings & Things. Kein Wunder - schließlich ist beides vom selben Autor und Grafiker. Manche sehen sogar spielerische Parallelen; das finde ich aber zu weit hergeholt. OK, es gibt Monster, Kriege und Burgen, sowie einen Beutel aus dem man Plättchen zieht. Aber sonst?! Lasst mich das Spiel im Detail erläutern.

Jeder Spieler schlüpft in die Rolle eines Barons. Die Größe unseres Reiches ist durch den Lehensplan vorgegeben. Neben viel grüner Wiese zeigt der Spielplan auch ein paar Gebirge (nur dort kann man Minen errichten) und einen Fluss (dieser steigert die Erträge mancher Plättchen). Als Startguthaben besitzen wir einen Burgfried (er bedeckt vier der 49 Felder) mit einem Turmplättchen, außerdem einen Wald und zwei aus dem Beutel gezogene Plättchen. Unser Rohstofflager ist mit je drei Nahrung, Gold, Stein, Holz und Erz gefüllt. Los geht's!

Wer an die Reihe kommt, wirft die beiden achtseitigen Würfel. Das Ergebnis bestimmt ein Feld des Lehensplans, das Mittelpunkt der Aktion wird. Dieses oder eines der acht angrenzenden acht Felder kann aktiviert werden; wenn wir dort Plättchen haben. Die Plättchen werfen Rohstoffe oder Siegpunkte ab. Da jeder Spieler andere Plättchen hat und sie anders in seinem Lehen verteilt, sind auch die Erträge unterschiedlich.

Als zweite Aktion wird eine Ereigniskarte aufgedeckt. In vielen Fällen bringen diese Ungemach für die Spieler. Zum Beispiel kann der König einen Krieg erklären oder Banditen über das Land herfallen. Wer sich hier wacker schlägt, kann Siegpunkte erhalten. Hat man allerdings Pech oder keine Streitmacht entsprechender Stärke, droht Siegpunktabzug oder der Verlust von Plättchen bzw. Rohstoffen. Manchmal ist der König aber auch gnädig und es passiert nichts, in seltenen Fällen spendiert er sogar Rohstoffe oder Siegpunkte. Gefürchtet sind außerdem die Feste, die spielerisch den Zweck des Mischens des Ereignisstapels haben, praktisch aber Siegpunktverlust und gleichzeitigen Rohstoffgewinn für alle Spieler bedeuten; d.h. die Spieldauer verlängert sich. Ziel des Spiels ist es nämlich, eine bestimmte Anzahl an Siegpunkten zu erreichen.

Nun geht es ans Kaufen. Es werden doppelt so viele Plättchen gezogen wie Spieler teilnehmen, reihum darf jeder ein Plättchen kaufen. Wer mit der Auswahl nicht zufrieden ist, kann seinen Turm zu einer Burg, die Burg zum Fort und das Fort zur Festung ausbauen. Dass weder Plättchen noch Ausbauten gratis sind, versteht sich wohl von selbst (naja, einige Plättchen sind doch gratis. Aber deren Nutzen ist meist gering). Falls man die passenden Rohstoffe nicht besitzt, gibt es die Option 4:1 mit der Bank zu tauschen.

Nun hat der Spieler am Zug noch zwei Aktionen, mit denen er zwei beliebige Plättchen in seinem Lehen (jedoch keine Siegpunkte bringenden) aktivieren darf. Statt der zweiten Aktivierung darf er aber auch versuchen einen Siegpunkt durch glückliches Würfeln zu erringen, durch Sabotage einen Mitspieler zu schwächen oder gegen einen Mitspieler bzw. eine fiktive neutrale Stadt in den Krieg zu ziehen; letzteres mit der Aussicht auf Siegpunkte oder Rohstoffe. Wo Vorteile winken, droht aber auch der Verlust von Siegpunkten und/oder Plättchen, wenn die Würfel nicht wohlgesonnen sind.

Abschließend muss man in seinem Zug seine Plättchen mit Nahrung versorgen. Egal ob es ein Ritter, ein Handwerker, eine Mine oder ein Stück Wald ist: Hunger haben sie alle.

So läuft das Spiel reihum, bis wie gesagt einer die geforderte Zahl an Siegpunkten erreicht hat. Da dies mehrere Spieler im selben Zug sein können, entscheidet bei Gleichstand die stärkere Streitmacht über Sieg und Niederlage.

Spieletester

22.02.2012

Fazit

Der Verlag Lookout Games ist dafür bekannt, Spiele mit viel Taktik und wenig Glück auf den Markt zu bringen. In Feudalherren hängt aber so viel vom Würfelglück ab (Erträge, Gewinn und Verlust von Siegpunkten, Sieg und Niederlage im Krieg, Leben und Sterben von Kriegern,...), dass man die Spieler auf der Schachtel außen schon warnt: "Lookout (mit Würfeln)" ist dort zu lesen. Dass bei so viel Glück die Taktik eine untergeordnete Rolle spielt, ist wohl klar. Ich kann natürlich versuchen die Plättchen über das gesamte Lehen zu verteilen, um bei möglichst jeder Position des Aktionssteins einen Ertrag zu generieren. Wenn jedoch die "falschen" Ereigniskarten kommen, sind die Erträge schneller weg als man sie bekommt. Das fällt vor allem auf, wenn man mit vielen Personen spielt. Bis man wieder an die Reihe kommt und durch gezielte Aktivierung von Plättchen dringend benötigte Rohstoffe bekommt, dauert es eine gefühlte Ewigkeit. Und in dieser Ewigkeit kann ich meine Armee nicht verstärken wenn ich kein Erz habe (außer ich habe von einem anderen Rohstoff so viel, dass ich 4:1 tauschen kann) und bin Angriffen durch Aktionskarten und/oder Mitspieler mehr oder weniger hilflos ausgeliefert. Ruft der König zum Krieg, gibt es vielleicht weitere Minuspunkte. Frustrierend. Spielen wenige Spieler, gibt es ebenfalls Grund zum Unmut: Rattenplagen bewegen sich so gut wie nie weiter, in jedem seiner Züge benötigt man eine kostbare Nahrung zusätzlich. Was uns aufgefallen ist: Von den drei Möglichkeiten der Sonderaktionen wird fast immer nur der Versuch auf einen Siegpunkt gewählt. Sabotage sollte man nur versuchen wenn man viel Gold gebunkert hat (die Kosten werden zufällig durch den Würfel bestimmt), der Nutzen (Zerstörung eines Plättchens bei einem Mitspieler) ist kläglich, der Erfolg ungewiss (Entscheidung durch Würfelduell), eine Niederlage bitter (Siegpunktverlust). Noch schlimmer ist es beim Krieg, bei dem die eigene Armee gegen die Verteidigung eines Mitspielers oder einer fiktiven Stadt zieht. Klarerweise kann man die eigene Burg nicht auf den Rücken schnallen und mitnehmen, also muss man mit seinen Kämpfern eine gewisse Übermacht besitzen oder sich wie so oft auf das Würfelglück verlassen. Beim Krieg weiß man zudem nie, ob die Kämpfer sterben oder nicht; denn das entscheidet, man wäre fast nicht darauf gekommen, der Würfel. Eines kann man zur Taktik noch sagen: Der Ausbau der eigenen Wehranlage kann nie schaden. Wer es bis zur Spitze treibt, kann in der Aktionsphase bis zu vier Siegpunkte auf ein Mal erringen. Bei einem Ziel zwischen zwölf und vierzehn ist das ein Löwenanteil! Voraussetzung ist jedoch, dass man eine Steinmine bekommt, oder ein Plättchen mit dessen Hilfe man Steine aus dem Fluss gewinnen kann. Den Bergfried setzt man eher an den linken oder oberen Rand, da die Felder in Zeile bzw. Spalte Eins seltener aktiviert werden können als in den anderen Regionen (darum ist es sinnvoll, die Befestigung in Zeile/Spalte Zwei zu legen). Somit ist Feudalherren ein Spiel für Personen mit hoher Glückstoleranz. Taktische Planungen sind nur begrenzt möglich, sie bestehen vor allem darin die Wahrscheinlichkeiten fürs oftmalige Würfeln zu optimieren. Ganz ehrlich gesagt: das liegt mir nicht so. Vor allem dauert eine Partie angesichts des Spielgeschehens verhältnismäßig lang, sodass man sich am Ende denkt "Wofür habe ich mich jetzt neunzig Minuten lang abgerackert? Die Würfel waren gegen mich.". Wenn ich dem Verlag einen Rat geben darf: Schuster bleib bei deinen Leisten!
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

Teilen mit facebook twitter

Kommentar verfassen

Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Preis: 40,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2011
Autor: Tom Wham
Grafiker: Tom Wham
Genre: Glück
Zubehör:

6 doppelseitige Lehenspläne, 6 Bergfriedtafeln, 12 Spielfiguren, 6 Sätze Befestigungs-Plättchen (je 4), 1 Wertungstafel, 2 achtseitige Würfel, 180 Ressourcensteine, 50 Ereigniskarten, 1 Übersichtskarte Schild, 1 Übersichtskarte Baronaktionen, 1 Beutel, 208 Bewohner-Plättchen, 1 Anleitung

Anzeige

Statistik

Derzeit findest Du auf spieletest.at 7125 Gesellschaftsspiele-,
1656 Videospielrezensionen
2304 Berichte.