Riesige Steinkugeln finden sich an der Küste der Südinsel von Neuseeland. Diese vor Millionen von Jahren durch einen Kristallisierungsprozess von Calcium und Karbonaten gebildeten Felsblöcke gehören zur Hintergrundgeschichte und sind die Namensgeber des vorliegenden Taktikspiels aus dem neuen Kiehly-Verlag. Der Legende der Maori folgend, sind die Moeraki-Boulders Flaschenkürbisse, die bei einem Schiffbruch vor etwa 1000 Jahren von dem großen Reisekanu „Areiteuru“ gefallen sind. Kürbisse waren die traditionelle Speise der Ureinwohner Neuseelands. Bei einem Wettstreit ermitteln die Oberhäupter zweier rivalisierender Stämme, wer den heiligen Boden des „Marae“ für sich beanspruchen darf. Der geneigte Leser ahnt es schon, dieser Wettstreit wird mit Moeraki-Kemu ausgetragen, bei dem durch strategisches Legen von Spielsteinen der Gegner in die Enge getrieben und durch das Erreichen eines der Siegbedingungen der eigene Stamm den heiligen Boden für seine rituellen Bräuche nutzen darf.
Autor Stefan Kiehl konnte mit seinem Moeraki-Kemu beim Hippodice-Spieleautorenwettbewerb 2010 den Sonderpreis für das beste Zwei-Personenspiel gewinnen. In der sehr übersichtlichen und grafisch exzellent gestalteten Spielregel finden sich gleich drei Spielvarianten, die entsprechend gekennzeichnet sind und die Spieler langsam in das Spiel einführen. Doch um was geht es eigentlich bei Moeraki-Kemu?
Auf dem Spielbrett befinden sich in einem Raster angeordnet 57 Mulden, die die Spielsteine der Spieler aufnehmen können. Jeweils vier dieser Mulden umschließen ein quadratisches Strandfeld und am Rand gibt es deren halbe dreieckige Pendants. In der Mitte ist ein weißer Kreis markiert, der den heiligen Boden „Marae“ darstellt und in den zu Beginn einer Partie die Moeraki-Kugel gesetzt wird. Die Spieler versuchen nun über das Setzen von Kugeln die Übermacht in Strandabschnitten zu erobern oder Linien zu bilden. Entsprechend der Spielvariante gibt es vier Siegbedingungen:
1. Tahuna (Strand)
Wer einen Strandabschnitt mit vier eigenen Kugeln umschließt, gewinnt sofort.
2. Awa (Fluss)
Einem Spieler gelingt es, eine Diagonale von Spielfeldrand zu Spielfeldrand mit den eigenen Kugeln zu legen oder vom Rand diagonal zur Moeraki-Kugel auf dem „Marae“. Dieser Spieler gewinnt dann ebenfalls sofort.
3. Ara (Weg)
Wer eine der zwei waagerechten oder zwei senkrechten 4er-Reihen des Spielfeldes mit eigenen Kugeln besetzt, gewinnt sofort.
Diese drei Bedingungen kommen im Einsteigerspiel zur Anwendung, wobei es dabei auch ein Unentschieden geben kann. Für das Basisspiel werden nun die Stammesplättchen benutzt und es kommt eine zusätzliche vierte Siegbedingung hinzu. Die Stammesplättchen werden dabei zur Markierung einer Übermacht auf einem Strandfeld ausgelegt. Immer dann, wenn ein Feld mit vier Kugeln umschlossen ist, wird ermittelt, wer die Mehrheit an Kugeln hat. Dort, wo die Moeraki-Kugel liegt, kann ein Strandfeld bereits mit einer 2:1-Übermacht in Besitz genommen werden, da diese Kugel selber neutral ist.
4. Marae (Heiliger Boden)
Wenn alle Mulden des heiligen Bodens besetzt sind, zählen die Spieler ihre auf dem gesamten Spielbrett gesetzten Stammesplättchen, wobei die Randfelder bei einer 2:1-Übermacht nur halbe Punkte bringen. Wer jetzt die meisten Punkte zusammenbekommt, ist Sieger der Partie. Sind mehrere Partien ausgemacht, zieht der siegreiche Spieler den Zählstein auf seiner Moeraki-Skala vor.
Das Meisterspiel bietet für zwei versierte Spieler eine zusätzliche taktische Variante. Die bis dato in ihrer Höhle schlummernden Maori-Tane treten ins Licht und greifen in den Wettstreit um die Übermacht der Strandabschnitte ein. Ein Spieler, der ein Stammesplättchen legen darf, kann stattdessen seinen Krieger frei lassen und ihn auf dem entsprechenden Feld platzieren. Dann werden in Blickrichtung des Tane alle bereits gelegten Stammesplättchen entfernt, auch die eigenen. Die betroffenen Strandabschnitte sind fortan verbrannte Erde und dürfen nicht mehr belegt werden. Kreuzen sich im weiteren Spielverlauf die Blicke beider Tane, kann im Schnittpunkt wieder ein Stammesplättchen gelegt werden.