Qin The Warring States

Das Spiel ist nur in englischer und französischer Sprache erhältlich. Die Rezension bezieht sich auf die englische Ausgabe.

Qin – The Warring States ist ein hochgelobtes Spiel, das für seine französische Ausgabe den Silberner Ennie 2007 für „Beste Innengrafik“ und den Silberner Ennie 2007 für „Bestes Spiel“ abgeräumt hat. Die Autorin von „Jadeclaw“ Chuan Lin schrieb: „So hätte mein Spiel sein sollen.“
Was kann man bei soviel Vorschusslorbeeren noch sagen?

Fast jedes Rollenspiel bietet eine Asienvariante für die jeweilige Hintergrundwelt, aber Rollenspiele die China als Hintergrund wählen sind rar. Ähnlich wie bei uns das Mittelalter und die Ritter, so ist die Zeit der streitenden Reiche und die Wuxia gerne romantisch verklärt. Man findet deshalb genug Buch und Filmmaterial des Genres, bekanntere Filme sind zum Beispiel „Tiger&Dragon“ oder „Hero“.

Das Buch hat einen festen Einband und ist 270 Seiten stark. Auf der vorderen und hinteren Einbandseite ist die Karte der streitenden Reiche zu finden. Die Schrift ist schwarz auf beige. Die Hervorhebungen, in einer sepiabraunen Schrift, sind zwar noch lesbar, aber man sollte gute Lichtverhältnisse haben. 17 Seiten sind vierfarbig. Die Bilder sind passend und zeigen hauptsächlich Kampfszenen. Auch wenn das Spiel deswegen einen Preis gewonnen hat, so muss ich doch sagen, das Legends of Five Rings dort die Nase vorn hat.

Vor jedem Kapitel sind Kurzgeschichten zu finden, so wie es bei vielen Spielen üblich geworden ist.

Es beginnt mit einer Geschichtsstunde vom Beginn des Universums bis zur Jetztzeit des Spieles auf 16 Seiten. Das ist schön kurz und knackig. Dass eine alternative Version zur Schöpfungsgeschichte ebenfalls hier zu finden ist, zeigt schön die Vielschichtigkeit des Hintergrunds auf.

Auf den folgenden vierfarbigen Seiten werden uns 7 spielbereite Charaktere vorgestellt. Diese leiten das Kapitel „Charaktere“ ein. Es gibt keine festgelegten Charakterklassen, aber es werden Archetypen vorgeschlagen, die in die Gruppen Krieger, Gelehrte, Händler, Weise, Reisende, Künstler und 'Im Schatten' aufgeteilt wurden. Jedes Mal werden die Fertigkeiten und die Taos empfohlen.
Jeder Charakter hat fünf Aspekte: Metall (Kampfgeist), Wasser (physische Attribute), Feuer (soziale Attribute), Holz (geistige Attribute) und Erde (mystische Attribute). Darauf werden 14 Punkte verteilt, die von 1 (Schwach) bis 5 (Legendär) reichen.
Jeweils eine Gabe und eine Schwäche wird für den Charakter ausgesucht. Diese Gaben ermöglichen meistens einen Wurf auf eine Fertigkeit zu wiederholen oder verbessern die Fertigkeit. Die Schwächen sind eher rollenspielerischer Natur, z.B. Loyal wie ein Hund, Amnesie, Gesegnet von Chang-E.

Die Fertigkeiten reichen von 0 (Anfänger) bis hin zu 6 (Gottgleich). Die Spieler verteilen 15 Punkte für ihre Charaktere. Während Stufe 1 noch 1 Punkt kostet, so kostet Stufe 3 bereits 6 Punkte und die Kosten werden kumulativ berechnet. Genau wie die Attribute sind die Fertigkeiten nach den Elementen aufgeteilt. Bei nahezu 60 Fertigkeiten, ohne die Spezialisierungen zu berücksichtigen, fängt man daher sehr Bescheiden an.

Das Chi, die Verteidigung und die Lebenspunkte sind interessanterweise an den Gedanken gekoppelt, dass Ausgewogenheit besser ist. Ein Charakter der Min/Max-Werte bevorzugt wird eindeutig der Verlierer sein. Meiner Meinung nach eine stimmige und effektive Regelung.
Die Regeln sind einfach gehalten. Der Attributswert+Fertigkeitswert+Würfelwurf wird mit einer Zielnummer verglichen. Ist das Ergebnis gleich oder höher, so hat man einen Erfolg erzielt. Die Differenz zwischen der Höhe der Zielnummer und dem gewürfelten Erfolg ist Erfolgsqualität.
Der Würfelwurf wird mit einem weißen und einen schwarzen 10 seitigen Würfel durchgeführt. Bei diesen als Ying-Yang bezeichneten Würfeln wird der niedrige Wurf von dem Höheren abgezogen, das Ergebnis liegt zwischen 1 und 9. Ein Pasch gilt als kritischer Erfolg, es sei denn es wird die Doppel-Null geworfen, welche ein völliges Versagen kennzeichnet.
Der durchschnittliche Schwierigkeitsgrad wird bei 6 angelegt und endet bei 15 mit legendärer Schwierigkeit. Mittels seines Chi und einiger Taos kann der Würfelwurf nochmals zu Gunsten des Charakters verändert werden.
Der Kampf wird in Runden unterteilt, die wiederum in Aktionssequenzen aufgeteilt werden. Die Anzahl der Aktionen eines Charakters wird von seiner Kampffertigkeit bestimmt. Eine Aktion ist das Bewegen, Zielen, Angreifen, aktives Verteidigen oder Ähnliches. Innerhalb einer Aktion können verschiedene Taos, Kampftechniken oder Waffenfertigkeiten miteinander kombiniert werden.
Wenn ein Angriff erfolgreich war, so wird der Grundschadensbonus der Waffe mit dem Metallattribut des Charakters addiert. Wenn der Yang-Würfel höher war als der Yin-Würfel wird die Differenz auch noch addiert. Das Ganze wird von den Lebenspunkten abgezogen, die nach der Schwere der Verletzung gestaffelt sind. Unter Umständen kann ein Kampf sehr schnell entschieden sein.
Es folgen noch eine Reihe von typischen Schadensquellen wie Ertrinken, Feuer, Krankheiten und Gifte. Danach folgt die Heilung und das Wiedererlangen von Chi. Beides geschieht relativ zügig und darf ohne Bedenken im Action-Genre angesiedelt werden.

Die 60 Taos sind die klassischen Wunder der Helden des chinesischen Films: An der Wand entlanglaufen, das Schicksal beeinflussen, das innere Auge öffnen, Flammen speien, usw. Für jede Gruppierung gibt es vier Stufen, die allerdings nicht in einer bestimmten Reihenfolge erlernt werden müssen.

Für jede Kriegsfertigkeit gibt es auch erlernbare Kriegskünste. Wie schon bei den Taos sind es für jede Gruppierung 4 Stück. Da sie sich allerdings inhaltlich überschneiden sind es insgesamt 26 Stück. Auch hier sind die höheren Künste schon im Bereich des Übernatürlichen anzusiedeln. Im Gegensatz zu den Taos verbrauchen diese allerdings kein Chi bei der Benutzung.

Dann gibt es noch die Magie des Tao. Diese unterscheidet zwischen innerer und äußerer Alchemie, sowie Vorhersage und Exorzismus. Diese einzelnen „Sprüche“ können von jedem gelernt werden, der die Voraussetzungen erfüllt, d.h. entsprechende Fertigkeitswerte vorweisen kann. Es sind beinahe 65 verschiedene Zauber, die typisch für das Setting sind, ob es das Unsterblichkeit-Elixier ist, das Reisen unter der Erdoberfläche oder das Bannen und Anrufen von Geistern.

Damit findet der regellastige Teil auch sein Ende und es folgt die Beschreibung des Hintergrunds.

Die streitenden Reiche werden nun betrachtet. Jedes dieser Reiche hat Stärken und Schwächen, wobei Qin, zur Zeit, der mächtigste und gefährlichste dieser Staaten ist. Es wird auf den Aufbau der Reiche, Armeen, Kriege und die Bürokratie eingegangen. Für jedes Reich wird auch eine wichtige Person vorgestellt.
Als nächstes folgt die Lebensweise in den Reichen. Auch hier ist es einfach und kompakt gehalten. Die Bedeutung der Familie, die Moral, Etikette, Kleiderordnung, Essen und Trinken, Gesundheit, Arbeit, Freizeit, die Künste, Niederlassungen, Reisen, Verbrechen und der Kalender werden betrachtet.

Innerhalb der im vorigen Kapitel beschriebenen Ordnung gibt es noch die „Jiang Hu“, die Welt der Kriegskünste. Diese am Rande der streitenden Reiche existierenden Klans und Da Xia, die Ritter, leben nach den „alten“ Gesetzen der Ehre und des Feudalismus. Die meisten Charaktere werden aus diesem Milieu kommen.

Die „Hundert Gedankenschulen“ werden nur kurz angeschnitten, indem auf die Grundlagen des Konfuzianismus, des Legalismus und des Mohismus eingegangen wird.

Religion und Aberglauben spielen natürlich auch eine große Rolle. Der Taoismus und die verschiedenen Gottheiten werden vorgestellt. Auch hier nur ein Abriss, was man bei Komplexität des Themas verzeiht.

Kein Rollenspiel ohne Ausrüstungslisten. Während diese natürlich fast in die Unendlichkeit gehen können, so erscheinen mir diese hier alles Wichtige zu enthalten, ohne zu ausführlich zu werden.

Auch der Spielleiter hat seinen Abschnitt in dem Buch. Ohne Umschweife geht es zu den Spielwerten von Tieren und Monstern. Dieses fällt ein wenig knapp aus, aber ein Quellenbuch zu diesem Thema ist schon veröffentlicht.

Das Kapitel „Die Macht hinter dem Thron“ liefert eine weitere Ebene zu der schon recht komplexen Situation in den streitenden Reichen.

Die Regeln für Erfahrung und Ruf sind auf den folgenden Seiten. Erfahrung wird in einzelnen Punkten ausgeteilt mit denen man sich steigern kann. Es ist auch möglich Erfahrung durch Selbststudium und Lehrer zu bekommen. Dafür sollte allerdings eine Menge von Spielzeit eingeplant werden.
Ruf spielt zwar eine große Rolle in dieser Gesellschaft, aber das System über Prozentwürfel abzudecken, ob man erkannt wird oder auch nicht, wirkt ein bisschen zurechtgeschustert.

Da für die meisten Spieler und Spielleiter die asiatische Welt fremd sein wird, sind die Hinweise für den Spielleiter mit 6 Seiten ein wenig mager.

Ein kurzes Abenteuer mit 14 Seiten folgt. Trotz des typischen Anfangs werden doch verschiedene Dinge von den Abenteurern abverlangt und es ist für den Einstieg gut geeignet.

Das Charakterblatt dient hauptsächlich zur Zierde. Die Felder zum Eintragen der Werte sind ausgeschnitten aus dem beigen Hintergrund, dazu noch reichlich Verzierung. Da freut sich der Drucker oder Kopierer. Ein sehr kurzer Glossar und Bücher- und Filmempfehlungen schließen das Buch ab. Einen Index vermisst man schmerzlich.

Spieletester

13.06.2011

Fazit

Der Hintergrund ist gut ausgearbeitet und für Nichtasiaten verständlich vereinfacht. Dennoch ist alles mehrschichtig und komplex, so dass Langeweile nicht aufkommen sollte. Das Regelsystem bringt keine Innovationen, man kann es als solide bezeichnen. Es scheint mir, dass für viele Dinge das Storyteller System und das White-Wolf-Design Pate stand. Dieses Spiel ist jedem zu empfehlen der im alten China spielen möchte.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 6
Alter: ab 12 Jahren
Preis: 38,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2009
Verlag: Cubicle 7
Grafiker: Aleksi Briclot
Genre: Rollenspiel
Zubehör:

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