Scheinheilig

Schein oder nicht Schein - das ist hier die Frage.
Bei Scheinheilig handelt es sich um eine Neuauflage des Spiels Lügenbeutel, das mehr als 30 Jahre zuvor (!) erstmals veröffentlicht wurde. Das Spielprinzip ist unverändert, lediglich die Grafik wurde der heutigen Zeit angepasst.

Worum es im Spiel geht: Anfangs hat jeder 10 Karten, die er möglichst schnell loswerden möchte. Ach, du meinst Uno!
Nein, jetzt lass mich mal fertig erklären.
Die Karten tragen zehn verschiedene Zahlenwerte, zudem gibt es einige Sonderkarten.
Also doch Uno.
Nein, es gibt einen ganz entscheidenden Unterschied!
Um die Karten auszuspielen, legen die Spieler sie reihum auf den zentralen Ablagestapel.
Und wo ist jetzt der Unterschied?
Hier hast du deinen Unterschied:
Die Karten werden
1. nicht offen sondern verdeckt gelegt und
2. in einer beliebigen Stückzahl
3. muss jeder Spieler einen anderen Zahlenwert bedienen.

Der erste Spieler muss Karten mit dem Wert eins ablegen. Wie viele Karten er dabei auf den Ablagestapel legt, steht ihm frei. Will er keine Karte mehr legen, beendet er seinen Zug mit dem Satz "Ehrlichkeit siegt". Ehe der nachfolgende Spieler seine erste Karte(er muss jetzt Zweien legen, der übernächste Dreien,...) ablegt, können die Spieler die Ehrlichkeit des vorigen anzweifeln. Um zu sehen ob er nur scheinheilig getan hat, werden die gelegten Karten aufgedeckt. Hier lässt die Regel zwei Varianten offen: Entweder muss man eine bestimmte Karte anzweifeln (was ein recht langes Spiel mit sich ziehen kann), oder man zweifelt alle soeben gelegten Karten an. Wurde ein Lügner ertappt, muss er seine gelegten Karten zurücknehmen und außerdem würfeln. So viele Augen der Würfel zeigt, muss der Spieler Karten vom Nachziehstapel nehmen. War der Spieler aber ehrlich, bleiben die Karten liegen und der Zweifler muss Karten laut Würfelergebnis aufnehmen.

Man kann sich schon denken: Die verdeckte Ablage verführt zu manch Flunkerei - oft hat man einfach nichts Passendes! Bei manchen Karten ist es sogar ein Muss zu lügen, weil sie nie als passend gespielt werden können. Der Anreiz zu zweifeln ist jedoch gering: Man hat keinerlei Aussicht auf Belohnung. Man geht also nur ein Riskio ein, welches man eher nur zur Abwehr einer Rundenniederlage auf sich nimmt. Apropos Runden: Hat ein Spieler alle Karten ausspielen können, endet eine Runde. Was die anderen Spieler noch an Karten auf der Hand halten, zählt Pluspunkte: Zahlenkarten 1-10 Punkte, Sonderkarten 20-40 Punkte. Eine Partie endet, wenn ein Spieler 500 Punkte erreicht hat. Das geht ja noch halbwegs flott, wenn in voller Besetzung (acht Spieler) gespielt wird, wird aber ein Marathon im reinen Duell.

Spieletester

24.12.2010

Fazit

Die Idee hinter Scheinheilig hat bereits viele Jahre auf dem Buckel. Die pädagogische Diskussion darüber, ob man Kindern und Jugendlichen das ständige Lügen antrainieren sollte, lasse ich mal dahingestellt. Auf jeden Fall hätte ich mir etwas mehr als nur eine neue Grafik gewünscht, da das Anzweifeln der Mitspieler wenig Anreiz bietet. Meist läuft es eher so, dass einer nach dem anderen seine Karten ablegt, ohne dass dazwischengefunkt wird. Was nervt, ist das ständige Mischen. Sobald die Zählung beim Kartenwert zehn angekommen ist, beginnt alles wieder bei eins. Allerdings schlägt die Anleitung vor, Ablage- und Nachziehstapel zu mischen (spielt man zu acht, kommen die meisten Spieler also nur ein Mal an die Reihe, ehe gemischt werden muss!). Ich frage mich: Wofür? Für die Handvoll Karten, die abgehoben wird? Wir haben das Mischen einfach weggelassen, das Spiel funktioniert genau so gut. Natürlich ist die Kartenzuteilung am Beginn entscheidend darüber, wann man lügen muss. Irgendwann muss man, das geht eigentlich gar nicht anders. Deswegen ist die Teufel-Sonderkarte mit ihrer Spielvariante ("Jeder bekommt eine, damit jeder mindestens ein Mal lügen muss") eigentlich überflüssig. Um es auf die Spitze zu treiben, kann man nach Standard-Regeln einfach alle Handkarten auf ein Mal ablegen. Hat man mehrere Engel und vielleicht ein paar passende Kartenwerte? Dann steht die Chance etwa 50:50, dass man mit seiner Aktion durchkommt; der Mitspieler muss ja beim Zweifeln eine falsche Karte erraten. Darum würde ich unbedingt zu der Variante raten, wo alle soeben gelegten Karten angezweifelt werden. Scheinheilig ist ein Bluffspiel in einer kleinen Box, das mit geringer (aber hochwertiger) Ausstattung geliefert wird. Große Neuerungen darf man sich nicht erwarten, dafür aber Spaß für Alt und Jung. Je mehr Spieler teilnehmen, desto höher ist der Spielspaß. Und auch wenn es einem selbst wenig Vorteil bringt: Lieber einmal öfter die anderen der Scheinheiligkeit verdächtigen - es steigert in jedem Fall den Spielspaß.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

Teilen mit facebook twitter

Kommentar verfassen

Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 8
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 45 Minuten
Preis: 12,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2010
Verlag: Amigo
Grafiker: Markus Wagner
Genre: Karten
Zubehör:

112 Karten, 1 Würfel, 1 Anleitung

Anzeige

Statistik

Derzeit findest Du auf spieletest.at 7125 Gesellschaftsspiele-,
1656 Videospielrezensionen
2304 Berichte.