Das Kosmische Netz - Einführungsregelbuch

Das Kosmische Netz, ein Rollenspiel mit diesem Titel war mir bis vor wenigen Wochen noch gar nicht bekannt gewesen, doch eine Pressemitteilung des Verlages sollte dies ändern.

Das erste was einem auffällt wenn man das Regelbuch sieht, ist die ungewohnte Größe. Das Buch misst gut 33 x 24 Zentimeter und ist somit um einiges größer als eine DIN A4 Seite. Manche Bücherregale werden sich einer aufrechten Verstauung des Buches wohl auf Grund dieser Größe auch erfolgreich widersetzen. Der stabile Hardcover-Einband des Buches ist in einem dunklen Blau gehalten und zeigt ein durchaus ansprechendes Coverbild von Dirk Frerichmann. Auf diesem erkennt man auch eines jener Kosmischen Tore, welche einen Zugang zum Kosmischen Netz ermöglichen und zu anderen Welten führen, doch dazu später mehr. Mit 188 Seiten hat das Buch eine angenehme Dicke, jedoch das Seitenlayout weiß nicht so ganz zu überzeugen. Wer Autor des Werkes ist, erschließt sich leider aus dem Impressum nicht direkt. Zwar werden die anderen Mitarbeiter dieses Werkes benannt, aber vom Autor fehlt jede Spur. Durch die im Juli erhaltene Pressemitteilung vom Verlag geht jedoch hervor, dass Mag. Philipp Lenk der Autor des Werkes und Inhaber des gleichnamigen Verlages ist.

Das Inhaltsverzeichnis ist mit seinen sieben Seiten schon recht umfangreich und die im gesamten Buch sehr schmalen Seitenränder tragen auch beim Inhaltsverzeichnis nicht gerade zur Übersichtlichkeit bei. Das Buch sollte schon komplett aufgeklappt werden, damit keine Informationen in der Falz verschwinden. Beim Layout kam mir direkt das ein oder andere bekannte Textverarbeitungsprogramm in den Sinn. Die wenigen Illustrationen in dem Buch erinnern mich vom Stil her an frühe Werke von Das Schwarze Auge. Dem Buch merkt man sogleich einige weitere Parallelitäten zu dem Rollenspiel Das Schwarze Auge an, so wird als Synonym für den Spielleiter der Titel Meister angeführt. Ein Titel, der sehr stark durch Das Schwarze Auge geprägt wurde.

Inhaltlich unterteilt sich das Buch in zwei große Bereiche. Der erste Teil, betitelt mit Das Grundregelwerk, befasst sich mit den Grundlagen des Rollenspiels und den Grundregeln von Das Kosmische Netz. Das Pantheon der Götter der 7 Welten wird ebenso beschrieben, wie eine kurze Einführung in das eigentliche Setting Die 7 Welten. Der zweite Teil erstreckt sich über gut 60 Seiten und bietet mit dem Abenteuer Die Trollbande Material für die ersten Spielstunden mit dem Kosmischen Netz

Ein paar Punkte auf den ersten Seiten haben mich bei der Lektüre direkt stutzen lassen. So erhält man unter "Wichtige allgemeine Regeln" den Hinweis, dass es sich anbietet, das Abkürzungsverzeichnis zu kopieren. Ich zitiere hierfür den Abschnitt "Die Abkürzungen": Für so gut wie alle Fachbegriffe des Regelwerkes verwenden wir Abkürzungen, die aus zwei oder drei Großbuchstaben bestehen. Ein Verzeichnis dieser Abkürzungen finden Sie auf Seite 117. Wir empfehlen, das Verzeichnis zu kopieren und als Lesezeichen zu benutzen, da es die Übersichtlichkeit deutlich verbessert. - Ich entnehme daraus also, dass der Autor seinem Werk, wegen der exzessiven Nutzung von Abkürzungen, die Übersichtlichkeit abspricht. Das Abkürzungsverzeichnis umfasst 53 Abkürzungen und dabei beschränkt man sich nicht auf zwei oder drei Großbuchstaben wie gerade zitiert. Einige im Buch benutzte Abkürzungen tauchen dann auch gar nicht erst im Verzeichnis auf oder es werden sogar unterschiedliche Abkürzungen für ein und dieselbe Begrifflichkeit verwendet. In den Tabellenköpfen im Magiekapitel tauchen für Zauberdauer und Wirkungsdauer die Abkürzungen Zau.dau. und Wir.dau. auf, auf dem Charakterblatt und im Abkürzungsverzeichnis werden diese Begriffe aber mit ZD, bzw. WD abgekürzt. An dieser Stelle hätte man um einiges sauberer arbeiten können.

Das System
Das Würfelsystem von Das Kosmische Netz kommt mit sechsseitigen Würfeln aus. Generell werden Proben nach folgendem Muster abgewickelt. Der Spieler würfelt zwei sechsseitige Würfel, addiert die Augenzahlen und zählt einen bestimmten Probenwert noch hinzu. Simultan würfelt der Spielleiter ebenfalls mit zwei sechsseitigen Würfeln und addiert zum Ergebnis noch einen Schwierigkeitsgrad (SWG) hinzu. Übertrifft das Ergebnis der aktiv handelnden Seite das der passiven Seite, so war die Probe erfolgreich.

Nach der allgemeinen Erläuterung des Probensystems geht der Autor auch auf die unterschiedlichen Methoden ein, wie ein Spielleiter Proben ausführen kann. Es werden offene Proben, verdeckte Proben und total verdeckte Proben genannt. Bei den offenen Proben würfeln alle offen, so dass jeder das Ergebnis sehen kann. Bei verdeckten Proben hält der Spielleiter das Ergebnis seines Wurfes vor den Spielern geheim. Greift man auf total verdeckte Proben zurück, so würfelt der Spielleiter für den Spieler und auch für sich verdeckt und teilt ggf. den Ausgang der Probe den Spielern mit. Etwas befremdlich im Abschnitt über die verdeckten Proben finde ich folgenden Passus:

Der zweite Grund für verdecktes Würfeln ist, dass der Meister in bestimmten Fällen lediglich pro Forma würfelt, den Ausgang der Probe aber selbst bestimmt, bzw. ein Ergebnis, das ihm nicht gefällt, entsprechend seinen Wünschen abändert. Auch wenn dies vielleicht überraschen mag, ist der Meister prinzipiell dazu berechtigt, Würfelergebnisse so zu verändern, wie er es will. [...] Der Spielleiter besitzt dieses Recht, da er die gesamte Spielwelt darstellt und die Ereignisse in dieser bestimmt.

Hier wird also die Spielleiterwillkür legalisiert, sollten die Mitspieler Glück haben, dann werden sie auch fair behandelt was ihre Proben betrifft. Vielleicht ist dies nicht die Intention hinter diesem Abschnitt, aber für mich klingt es zumindest so.

Charaktere bei Das Komische Netz werden über zahlreiche unterschiedliche Spielwerte definiert. Grundlegend sind die vier Eigenschaften Geschicklichkeit, Muskelkraft, Geisteskraft und Seelenstärke. Von diesen Eigenschaften werden neun Fähigkeiten abgeleitet, die Werte dieser Fähigkeiten ergeben sich aus jeweils zwei Eigenschaften. Jeder dieser neun Fähigkeiten sind noch spezielle Fertigkeiten zugeordnet, welche sich von den Fähigkeiten ableiten. In dem vorliegenden Buch können die Charakter zu einer von vier Rassen gehören, da wären die üblichen Verdächtigen wie Menschen, Elfen und Zwerge, als vierte spielbare Rasse kommen dann noch die Orks hinzu. Der Beruf eines Charakters entscheidet dann, welche Fertigkeiten, Kampfmanöver und Zauber der frisch gebackene Held beherrscht. Zehn Berufe stehen bei der Charaktererschaffung zur Auswahl: Ritter, Söldner, Einbrecher, Taschendieb, Falschspieler, Jäger, Pfadfinder, Magiker, Elementarist und Kleriker.

Nach der initialen Erläuterung der Mechaniken und Fähigkeiten geht es direkt mit dem Kampfkapitel weiter. Im Fokus stehen hier natürlich Angriff, Verteidigung, Schaden und die Kampfmanöver der unterschiedlichen Kampfstile. Das nächste große Kapitel befasst sich mit der Magie der 7 Welten. Bei der Magie gibt es drei unterschiedliche Bereiche. Da wäre zunächst die Formelmagie, hier hat man die Möglichkeit, über verschiedene Matrixformeln, dem Grundgerüst für einen Zauber, diverse Zaubersilben mit einander zu kombinieren, um so die unterschiedlichsten Effekte hervorzurufen. Eine weitere Art der Magie ist die Runenmagie, die Runenmagie kann im Grunde jeder Charakter ausführen, jedoch gibt es für die unterschiedlichen Berufe auch unterschiedliche Runen. Die Runenmagie unterstreicht dabei die Fähigkeiten der Charaktere in ihrem Berufsfeld, der Kämpfer wird also zum Beispiel widerstandsfähiger oder kann seine Waffen verbessern. Den dritten Part nimmt die göttliche Magie der Kleriker ein. Die unterschiedlichen Gottheiten gewähren ihren Klerikern Zugriff auf ebenso unterschiedliche Mysterien, wie die göttlichen Zauber im Buch genannt werden.

Der Regelteil endet nach der Erläuterung der Charaktererschaffung und wie sich die Helden weiterentwickeln können mit Tipps für Spieler und Spielleiter. Was ich sehr positiv gerade für Einsteiger finde ist, dass für jedes Regelkapitel ein ausführliches Beispiel angeboten wird. In den Beispielen wird quasi eine gekürzte Rollenspielrunde mit den unterschiedlichsten Proben und Situationen durch gespielt und veranschaulicht recht gut die Spielmechaniken des Systems. Teilweise sind die Beispiele aber auch recht umfangreich, mehr als einmal wird man sich diese dann wohl nicht zu Gemüte führen.

Das Setting
Interessant ist neben den Regeln sicherlich auch das Setting Die 7 Welten. Das Setting legt zu Grunde, dass viele Welten in der Galaxis durch die so genannten Kosmischen Straßen miteinander verbunden sind, bei den sieben Welten jedoch handelt es sich um einen abgeschnittenen Bereich. Der Kontakt ist auf diese sieben Welten beschränkt, es existieren keine Wege zu dem Rest der Galaxis. Zugang zu den Kosmischen Straßen erlangt man nur durch die Kosmischen Tore, welche auf den Planeten anzutreffen sind. Innerhalb dieser Straßen kann man sich nur schwebend fortbewegen, da man sich bei Kontakt mit den Wänden der Kosmischen Straßen spurlos auflöst. Sie sind also mehr Tunnel als Straßen. Dieses Verbindungsnetz hat seine ganz eigene Flora und Fauna und Reisen finden meist an Bord der Sternenfahrer, besonderen magischen Schiffen, statt. Im Folgenden werden recht kurz die sieben Welten vorgestellt, mal hat man einen Wasser- oder Eisplaneten, dann wieder eine Wüstenlandschaft. Außer dem Planeten Deria, einem erdähnlichen Planeten, sind die anderen Welten nur teilweise erforscht und lassen viel Platz für die eigene Kreativität. Sicherlich hätten es hier auch einzelne Kontinente anstelle von Welten getan, aber so ist eben das Setting gestrickt. Weiterhin bekommt man einen Überblick über die wichtigsten Geschichtsdaten und die unterschiedlichen Kulturen. Ein kleinwenig genauer wird das Königreich Altehrwürd betrachtet, man mag es nicht glauben, aber selbst ein Name wie Altehrwürd fällt den Abkürzungen zum Opfer und erhält das Kürzel AEW. Altehrwürd soll als anfänglicher Betätigungsort für die ersten Abenteuer dienen.

Anhang
Der Anhang bietet neben dem Abkürzungsverzeichnis und den Seiten für den Charakterbogen auch noch Ausrüstungslisten. Neben allgemeiner Ausrüstung gibt es hier natürlich noch Waffen, Rüstungen und magische Artefakte. Die Fehler bei den Tabellen für Waffen und Rüstungen sind mir gleich ins Auge gefallen. Teilweise sind die Tabellenköpfe und somit die Spaltenbeschriftungen absolut falsch, der Fehler taucht sowohl in der Tabelle für Nahkampfwaffen als auch in der Tabelle für Fernkampfwaffen auf. Zum anderen sind die ersten fünf Artikel bei der Reichweitentabelle für Fernkampfwaffen Rüstungen und keine Fernkampfwaffen. Natürlich weiß jeder, dass ein Kettenhemd eine Maximalreichweite von 20 hat.

Das Abenteuer
Mit Die Trollbande befindet sich auch ein Einstiegsabenteuer in dem Regelbuch. Das Abenteuer erstreckt sich über rund 60 Seiten und nimmt so gut ein Drittel des Buches ein. Das Abenteuer bietet Ideen, wie unterschiedliche Charaktere einen Einstieg in die Handlung finden können. Auch die folgenden Beschreibungen sind sehr ausführlich gehalten, gerade Gespräche mit Nichtspielercharakteren und welche Informationen man von diesen erhalten kann sind schön ausformuliert worden. Das Abenteuer bietet sicherlich nicht die anspruchsvollste Handlung, erfüllt aber den Zweck eines Einstiegsabenteuers sehr gut.

Spieletester

27.08.2010

Fazit

Das Kosmische Netz macht auf mich einen sehr ambitionierten Eindruck. Doch ein genauer Blick ins Innere konnte diesen Eindruck bei mir nicht bestätigen. Der praktizierte Abkürzungswahn ist absolut nicht mein Fall. Wären die Abkürzungen wenigstens in sich stimmig und einheitlich, dann könnte man ja noch gut damit leben, aber dass selbst Namen wie Altehrwürd abgekürzt werden, mutet schon eigenartig an. Grafisch und layouttechnisch hätte man auch noch einiges besser machen können, denn allzu übersichtlich finde ich das Buch nun nicht. Die oben angeführten Punkte hinterlassen bei mir auch einen leicht schalen Beigeschmack, wer sich selber ein Bild von dem Spiel machen möchte, der sollte sich zunächst mal das Einstiegsabenteuer Die Festung der Zwerge anschauen, welches es kostenlos auf der Seite des Verlages gibt. Mein System wird es wohl nicht werden, aber ich wünsche den Leuten vom Verlag Mag. Philipp Lenk, dass sie weiteres Feedback bekommen und an ihrem Produkt arbeiten werden.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 6
Alter: ab 14 Jahren
Preis: 35,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2009
Autor: Philipp Lenk
Grafiker: Dirk Frerichmann
Genre: Rollenspiel
Zubehör:

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