Assyria

Sehr stimmungsvoll präsentiert sich die Schachtel. Ob die Sonne über der kargen Landschaft auf oder unter geht, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Von den spielbestimmenden Nomaden sind nur dunkle Silhouetten erkennbar. Machen wir die Schachtel auf und bringen Licht ins Leben der Nomaden.

Im Zwischenstromland, eigentlich entlang, zwischen und neben den beiden Strömen auf dem Spielplan ( Euphrat und Tigris wäre ein schöner Spieltitel, leider gibt es den schon), treiben sich die Nomaden herum. Sie bauen kleine Hütten und kassieren dafür - wenn sie auch mit entsprechender Nahrung versorgt werden - Kamele oder Siegpunkte. Siegpunkte sind eben Siegpunkte, Kamele hingegen werden in weitere siegpunktbringende Bauwerke oder andere Möglichkeiten zur Aufbesserung des Siegpunktekontos umgewandelt.

Der Spielplan zeigt eine karge Landschaft in Sechseckfelder unterteilt. Zu viert spielt man auf der ganzen Spielfläche, zu dritt oder zu zweit schrumpft das Spielfeld und es macht Sinn, die Grenze durch nicht benötigte Hüttchen zu markieren. Auf definierten Startplätzen setzt jeder Spieler die Basis einer seiner 4 Zikkurate, das ist ein Tempel mit bis zu 3 Plattformen. Das Spiel unterteilt sich in 3 Herrschaftszeiten, die erste dauert 2 Runden, die zweite und dritte dauern jeweils 3 Runden. Jeder Spieler bekommt sein Spielmaterial, eine Pflug-Karte (entspricht einer beliebigen Nahrungskarte) und eine weitere Nahrungskarte.
Der Startspieler der ersten Runde wird beliebig ermittelt, die Reihenfolge wechselt jede Runde nach einem Prinzip, das ich gleich erklären werde. Er deckt eine Nahrungskarte mehr auf als Spieler mitspielen, also 5 bei 4 Spielern, und ordnet sie nach Anzahl der Nahrungssymbole. Eine Dattel, dann eine Traube, zweimal Salz, drei Palmen und zuletzt einen Nahrungsjoker. Darunter legt er eine zweite Reihe, ordnet sie nach obigem Prinzip und man erhält 5 Pakete mit je 2 Karten auf den Positionen 1 bis 5. Der Startspieler sucht sich zuerst ein 2-Karten-Paket aus und setzt seine Figur zur Bestimmung der Zugreihenfolge auf die Position dieses Pakets. Die anderen Spieler suchen ebenso ein Paket aus, die beiden Karten, die keiner wollte, bleiben liegen und sind später mit Kamelen käuflich erwerbbar. Der Spieler, dessen Figur nun auf der Position mit der niedrigsten Paketnummer sitzt, darf seine Hütten zuerst auf den Spielplan setzen. Das kann, speziell wenn die Landschaft schon etwas enger wird, von Vorteil sein.

Pro Runde in jeder Herrschaftszeit wird eine Karte aufgedeckt, die definiert, wie viele Hütten (2, 3 oder 4) auf den Spielplan gebracht werden dürfen. Man muss die Hütten dabei ausgehend von einer eigenen Zikkurat oder einer eigenen Hütte in einem zusammenhängenden Bereich setzen. Einerseits platziert man die Hütten auf Felder mit Nahrungssymbolen, von denen man auch Karten in der Hand hat, andererseits gibt es nur für Hütten auf Flussfeldern Kamele. Für die erste Hütte auf einem Fluss 3 Kamele, für jede weitere Hütte 2 Kamele. Hat man auf beiden Flüssen je 2 Hütten, bekommt man das Maximum von 10 Kamelen (wenn man die Hüttenbevölkerung durch Abgabe von Nahrungskarten auch ernähren kann). Jede ernährte Hütte im Zwischenstromland bringt 2 Siegpunkte, jede außerhalb der Flüsse bringt einen Punkt, genau wie jede Zikkuratebene. Zikkurate benötigen jedoch günstigerweise keine Nahrung. Zusätzlich kann man auf den Bau von Brunnen spielen. Ein Brunnen bringt 5 Punkte und wird auf dem Schnittpunkt von 3 Sechseckfeldern errichtet, wenn alle 3 Felder von eigenen Hütten besiedelt und die Hütten auch die Hungersnot überstanden haben. Die drei an den Brunnen angrenzenden Felder sind damit für den Bau einer Zikkurat gesperrt (dazu später mehr). Nicht ernährte Hütten werden vom Spielplan genommen. Im Spiel macht es dabei Sinn, Hütten bei der Expansion nicht in die Mitte des Sechseckfeldes zu setzen, sondern etwas aus der Mitte. Damit erkennt man noch, welche Nahrung dort gefragt ist. Ernährte Hütten zieht man in Feldmitte, die nicht ernährten stehen abseits und können so leicht identifiziert und vom Plan genommen werden. Jeder Spieler macht seine ganze Expansionsaktivität durch, also Hütten einsetzen, ernähren, Hütten entfernen, Brunnen bauen, Kamele und Punkte kassieren. Wenn alle Spieler diese Phase durch haben, werden die erwirtschafteten Kamele in der Aktionsphase gleich wieder ausgegeben.

Ebenso in Spielerreihenfolge kann man um 6 Kamele eine Zikkurat errichten (anstelle einer eigenen Hütte, aber nicht auf dem Fluss und nicht angrenzend an einen Brunnen) oder aufstocken (die zweite Ebene kostet 3 Kamele, die oberste nur 2 Kamele). Man kann die Kamele aber auch für Einfluss und damit Siegpunkte am Hofe von Assur ausgeben, kann den Pflug (falls man ihn schon als Nahrung verwendet hat) zurückkaufen, kann eine der verbliebenen Nahrungskarten kaufen oder den Göttern opfern. Es macht zumeist wenig Sinn, Kamele für die nächste Runde aufzusparen (außer vielleicht in der allerletzten Runde). Jede Option hat ihre Vorteile, eine wirkliche Sieg-Strategie ist schwer auszumachen. Im Prinzip geht es stets darum, aus den aktuellen Gegebenheiten das Beste zu machen. Ob in der nächsten Runde 2 oder 4 Hütten auf den Plan gesetzt werden können, wird durch eine Karte bestimmt. Ärgerlich ist dann in jedem Fall, wenn man nicht mehr genug Hütten für die Expansionsphase hat, weil man zuviel Einfluss am Hofe von Assur ausgeübt hat. Die Nahrungskarten werden zufällig aufgedeckt, als erster aussuchen zu dürfen, bringt da mitunter große Vorteile. Aber egal, wie genau planbar oder strategisch spielbar Assyria NICHT ist, es macht großen Spaß und auch die Überflutung, die am Ende jeder der 3 Herrschaftszeiten alle Hütten am Fluss vom Spielplan spült, stört nicht wirklich, sondern schafft Platz für die nächsten Runden.
Am Ende der dritten Herrschaftszeit werden zu den aktuellen Punkteständen noch Punkte für Zikkuratebenen, verbliebene Kamele und den Besitz der Pflugkarte hinzugezählt.

Spieletester

20.03.2010

Fazit

Assyria spielt sich in jeder Besetzung vorzüglich. Durch die Verkleinerung des Spielplans bei 2 oder 3 Personen wird die gleiche Enge und die gleiche Nähe zu den Mitspielern erzeugt wie in Vollbesetzung. Klare Regeln und viele Möglichkeiten zeichnen das Spiel aus. Im Unterschied zu anderen Spielen aus dem Hause Ystari hält sich der Mangel an Ressourcen hier in Grenzen. Wie viele Hütten man einsetzen darf ist vorgegeben, lediglich die Ernährung der Hütten schlägt sich spielerisch auf den Magen. Assyria bietet, verglichen mit Amyitis oder auch Caylus nicht wirklich Neues, aber es spielt sich etwas leichter und lockerer als diese beiden Spiele. Vielleicht macht es auch gerade deswegen so viel Spaß. Nachsatz: Für alle, denen der Artikel „die“ bei Zikkurat nicht gefällt und die gerne das Zikkurat lesen wollen, sei gesagt: ich hätte wirklich gerne „das“ geschrieben, aber es wäre leider falsch.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

Gerhard | 21.03.2010

Ich kann dem Fazit von Jörg nur zustimmen. Assyria macht wirklich sehr großen Spaß, ist nicht zu schwerfällig und bietet immer wieder Gelegenheit, etwas Neues auszuprobieren. Hängt natürlich auch von den Mit- bzw. Gegenspielern ab, denen man auch ganz gut am Hofe von Assur in die Suppe spucken kann. Für mich eines der besseren Spiele des aktuellen Jahrganges.

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 90 Minuten
Preis: 30,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2009
Verlag: Ystari Games
Grafiker: Arnaud Demaegd
Genre: Strategie
Zubehör:

Spielplan, 40 Hütten in 4 Farben, 16 Zikkurat-Basen in 4 Farben, 16 Zikkurat-Mittelstücke in 4 Farben, 16 Zikkurat-Spitzen in 4 Farben, 16 Spielmarken in 4 Farben, 16 kleine graue Spielmarken (Brunnen), 54 Karten (40xNahrung, 9xExpansion, 1xBonus, 4xPflug), Spielregel

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