Wer hat die Toilette eingesaut?

Wir haben uns immer schon gefragt, warum noch niemand ein Spiel rund um Klos und Fäkalien entworfen hat – ein für unser Dasein so wesentliches Thema ist doch wohl einen Spieleableger wert! Not. Aber gut, hier ist er jetzt eben trotzdem. Wir haben ihn nicht auf Herz und Nieren, sondern auf Magen und Darm getestet – mit überraschenden Ergebnissen.
WG-Wars

Das Spiel behandelt die uralte Kriegsfrage eines jeden studentischen Haushalts: Wie sauber muss unsere Wohnung sein? Und weil das so aussagekräftig ist, hat man sich dafür gleich das Objekt mit der potenziell größten Verunreinigung ausgesucht: das Klo. Es gibt bekanntlich immer ein paar Leute, die es mit Sauberkeitsstandards nicht so haben (wer sich angesprochen fühlt, darf sich an dieser Stelle ruhig bei der Nase nehmen). Allerdings kann auch die Gegenseite ähnlich übertrieben ausgeprägt sein, wenn jedes Staubkorn eins zu viel ist.

Genau diese beiden Parteien spielen bei Wer hat die Toilette eingesaut? gegeneinander. Sauberkeitsfanatiker vs. Schmutzfinken, ein Duell so alt wie die Zeit. Zu Beginn des Spiels werden entsprechende Identitätskarten verdeckt an die Spieler verteilt. Dabei ist je nach Spielerzahl vorgegeben, wie viele Sauberkeitsfanatiker bzw. Schmutzfinken mitspielen. Jeder weiß anfangs nur seine eigene Rolle. Die Schmutzfinken erfahren allerdings noch vor dem eigentlichen Spielbeginn, wer die Mittäter sind.

Das folgende Spiel läuft über fünf Runden, das Klo ist zu Beginn jeder Runde sauber. In jeder Runde muss eine bestimmte Anzahl von Spielern auf das Klo. Wie viele genau gibt die Rundenkarte an. Wer genau entscheidet der von Runde zu Runde wechselnde Anführer. Er überlegt sich eine Reihenfolge und teilt diese dann der Spielerschaft mit. Einmal im ganzen Spiel dürfen wir Einspruch dagegen erheben, was uns zum sofortigen Anführer macht – in diesem Fall ist es an uns, eine neue Reihenfolge festzulegen (gegen die allerdings wieder Einspruch erhoben werden kann).

In dieser Reihenfolge gehen die Spieler dann auf's Klo, respektive zu den Klokarten, die weit genug vom Spielort entfernt liegen müssen, um nicht eingesehen werden zu können (wo kämen wir denn da hin, wenn wir nicht mal mehr am stillen Örtchen unsere Ruhe haben?). Ein Sauberkeitsfanatiker darf dort dann nur Eines, nämlich nachschauen, ob das Klo derzeit eingesaut oder sauber ist. Ein Schmutzfink darf dort aber auch böses Schindluder treiben, indem er ein sauberes Klo einsaut, also die Klokarte umdreht. Ist ein Klo eingesaut, bleibt es das für diese Runde auch.

Die Runde geht an die Schmutzfinken, wenn das Klo am Ende eingesaut ist, andernfalls gewinnen die Sauberkeitsfanatiker. „Was, aber die können ja gar nicht verhindern, dass man das Klo einsaut!", mag mancher jetzt denken. Stimmt. ABER sie könnten damit ihre Identität als Schmutzfinken verraten.
Ein Beispiel: Ich bin diese Runde der Anführer, die Rundenkarte gibt an, dass drei Leute das Klo besuchen müssen. Ich teile mich selbst als zweiten ein. Wenn ich nun als zweiter das Klo betrete und es ist schon versaut, dann MUSS die erste Person ein Schmutzfink sein. Verlasse ich das Klo als zweiter sauber, am Ende der Runde ist es aber dreckig, habe ich Person 3 auf frischer Tat ertappt.

Als Sauberkeitsfanatiker dreht sich also alles darum, die Identitäten der anderen herauszubekommen – und die Mitspieler dann auch davon zu überzeugen, dass man richtig informiert ist. Denn wenn ich weiß, wer die Toilette einsaut, werde ich seinem Vorschlag für eine Reihenfolge, wenn er Anführer ist, wohl eher nicht zustimmen. Gar nicht so schlecht durchdacht!

Eine besondere Rolle kommt den Actionkarten zu: In einer Action-Runde müssen alle Spieler ganz dringend mal auf die Toilette, und dafür hat man sich einen eigenen Modus einfallen lassen. Der Anführer verteilt für die Reihenfolge sonst Chips mit Ziffern drauf. Diese Chips müssen nun aus einer vorgegebenen Entfernung auf die Spielschachtel geschnippt werden, die übrigens im Klo-Design kommt. (Das ist übrigens mein Lieblingsteil der tatsächlich exzellent übersetzten deutschen Anleitung, ich zitiere: „Der Reihe nach die Kacke werfen".) Eine solche Action-Runde geht dann an die Sauberkeitsfanatiker, wenn drei oder mehr Chips auf der Spieleschachtel liegen bleiben. Ganz nett von der Idee, in der Praxis aber furchtbar, weil einerseits diese Geschicklichkeitsnote nicht ins Spiel passt und andererseits die Schachtel schwer genug zu treffen ist, so dass hier so gut wie nie die Sauberkeitsfanatiker gewinnen.

Das Spiel endet, wenn eine Seite drei von fünf Runden für sich entscheiden konnte. Und es ist gar nicht so ein schlechtes Spiel! Nur ist eben das Design ein sehr eigenwilliges und das Spielmaterial lässt von der Qualität zu wünschen übrig – die Schachtel ist zerfallen bei uns angekommen, die Karten sind haptisch ein Graus. Da hilft dann auch die witzige Idee nicht, das Innere der Spielschachtel mit Klopapier auszustaffieren...

Spieletester

04.12.2016

Fazit

Ich gebe zu, es war hier eher der Spaß an einer Kuriosität als echtes Interesse am Spiel, der mich über Vergabeprozess und Testspiele schließlich zu dieser Rezension brachte. Was soll man schon großes erwarten von einem Spiel, das Wer hat die Toilette eingesaut? heißt? Aber gut, man kennt das ja: Wenn man ohne Erwartungen an eine Sache herangeht, kann es eigentlich nur besser werden als befürchtet.

Und tatsächlich: Wer hat die Toilette eingesaut? ist gar nicht so schlecht! Es krankt ein wenig unter den Action-Runden, die viel zu unkontrollierbar sind, kann sonst aber auf seine schräge, durchgeknallte Art überzeugen! Man kann sich das Geschehen ungefähr wie ein sehr abgedriftet-humoriges Werwölfe von Düsterwald vorstellen – Diskussionsintensität, Blufferei und deduktives Vorgehen sind bei beiden Spielen ähnlich ausgeprägt, nur ist natürlich der Hintergrund ein gänzlich anderer. Dieses schrille Japano-Spiel ist zwar wenig überraschend kein Toptitel, aber trotzdem: Ein Ründchen ab und an ist gar nicht so kacke!

Redaktionelle Wertung:

Plus

  • Unverbrauchtes Thema
  • Neuartiger deduktiver Mechanismus

Minus

  • Actionrunden bremsen Spaß und stören Balance
  • Instabiles, schlecht verarbeitetes Material

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 5 bis 8
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: 20 bis 30 Minuten
Preis: 24,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2016
Grafiker: Katsuya Kitano
Zubehör:

1 Regel
8 Charakterkarten
8 Putzkarten
12 Rundenkarten
2 Toilettenkarten
3 Fußbodenkarten
1 Pümpelkarte
8 Kacke-Chips
2 Aufkleberbögen

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