Mont-Saint-Michel

Der erste Eindruck nach einem Testspiel war mit "unterirdisch" noch relativ harmlos umschrieben. Aber professionell wie wir nun mal sind, müssen wir ein Spiel natürlich zweimal gespielt haben, um es endgültig beurteilen zu können (es ist manchmal nicht leicht, ich zu sein *hmpf*). Also wurde dieses Spiel eine Woche später einem weiteren Test, diesmal mit mehr Spielern, unterzogen. Die vorherrschende Stimmung: "Bringen wir es hinter uns, und das möglichst schnell." 

Diese Einführung nur, damit keiner sagen kann, man sei nicht gewarnt worden...


Das Spiel:

Auf dem berühmten französischen Klosterberg Mont Saint Michel sind die einzelnen Seiten eines rätselhaften, verschwundenen, alten Buches aufgetaucht... um gleich wieder zu verschwinden. Das ist ein Fall für die Detektive, die sich prompt Mönchskutten umhängen. Nun kennt niemand mehr die Identität der Gegner - und auch nicht die Eigene. (???)

Nun denn, auf einem sehr schön gezeichneten Spielplan ist das Kloster Mont Saint Michel aufgezeichnet. Es gibt 16 Orte, an denen die Seiten des Buches auftauchen werden. Zuerst aber muss jeder der 6 Mönchsfiguren eine Identität zugeteilt werden. Zu diesem Behufe werden auf den Minizetteln die Namen der Spieler aufgeschrieben. Da es 6 Figuren gibt und immer alle 6 Figuren mitspielen, werden für die restlichen Figuren Zettel mit einem "X" markiert, diese Zettel gemischt, in den Figuren versteckt und diese Figuren auf dem Startfeld platziert. Und nur um es an dieser Stelle noch einmal zu verdeutlichen: Kein Spieler weiß, welcher Mönch SIE BZW. ER SELBST ist.

Zu Beginn des Spieles werden nun zwei Stapel mit Karten gebildet. Einer davon enthält alle 16 Orte, der andere die gesuchten Buchseiten und die Anzahl der Spieler x3 an Identitätskarten. Und schon kann es losgehen mit 30 Minuten Spannung, Spaß und guter Laune (wenn man "Mont Saint Michel" wegräumt und stattdessen z.B. Der König der Diebe spielt... ooops, ich greife vor. T'schuldigung.).

Also: Es wird eine Ortskarte und eine Buchseitenkarte aufgedeckt. Ist die Buchseitenkarte eine Identitätskarte, darf der Spieler, der an der Reihe ist, sich die Identität eines Mönches ansehen. Das darf man nur dreimal im ganzen Spiel machen (logische Konsequenz: Man kennt am Ende des Spieles die Identität von 50 % der Mönche), dürfte man das vierte mal einen Mönch inspizieren, geht dieses Recht an den nächsten Spieler.

In den meisten Fällen wird allerdings eine Buchseite aufgedeckt. Das bedeutet, dass an dem von der Ortskarte definierten Ort diese Buchseite befindet. Buchseiten haben Siegpunkte (manche der Seiten sind verbrannt und zählen Minuspunkte), bestimmen aber auch die Zugweite, die der Spieler nun einsetzen darf.

Der Spieler, der an der Reihe ist, zieht mit einem beliebigen Mönch die Anzahl an Feldern, die die Buchseitenkarte angibt. Mönche, die ein Feld besetzen, auf das man ziehen möchte, werden um 1 Feld geschubst, und zwar in eine beliebige Richtung (also auch in die Richtung, aus der der Schubser kam). Um die Zugweite zu erhöhen hat jeder Spieler außerdem noch eine "Ebbe" - Karte und eine "Flut" - Karte, die je einmal im Spiel eingesetzt werden kann.

Landet ein Mönch auf dem Feld, auf dem die Buchseite liegt, wird diese Seite auf das Feld für den entspr. Mönch gelegt und es werden zwei neue Karten aufgedeckt. Die Ortskarte wird unter den Stapel geschoben, so dass deren Reihenfolge immer gleich bleibt. Das wird so lange wiederholt, bis alle Buchseitenkarten verteilt sind. Der Spieler, dessen Mönch die meisten Siegpunkte gesammelt hat, gewinnt.

Spieletester

23.04.2007

Fazit

Lasset es mich mit den unsterblichen Worten Bill Murrays ausdrücken: "Oh mein GOTT, ist das SCHLECHT !!!"

Mont Saint Michel ist eines der Spiele, bei dem man leider sagen muss: Hier passt NICHTS, aber auch GAR NICHTS !!! Für den geübten Inkognito - oder Cluedo - Spieler ist es blanker Hohn, dieses Spiel seitens des Verlages ernsthaft als Detektivspiel bezeichnen zu wollen. Die Idee war offensichtlich, aus dem Verhalten der Spieler schließen zu können, wer auf welchen Mönch setzt. Also DAS ist aber in Warumono 2 - oder in Jockey, und das ist noch nicht mal ein Detektivspiel - wesentlich glorreicher gelöst worden.
Im Klartext heißt das: Mont Saint Michel ist ein reines Glücksspiel. Wenn Du durch Zufall durch eine Identitätskarte Deinen Mönch erwischt, freu Dich. Öffnest Du NIE Deine Mönchsfigur (und nur zur Erinnerung: Jeder Spieler kennt nur 50 % der Mönchsidentitäten, die Chance dafür ist also sehr groß !!!), ist Deine Chance, das Spiel aktiv zu gewinnen (also nicht dadurch, dass Deine Gegner Dir in gutem Glauben, Dein Mönch sei ein herrenloser Mönch, die Buchseiten zuschanzen) bei Null.
Und da alle mit diesem Problem kämpfen, erledigt sich der Fall "Einschätzung der Sachlage durch die Züge der Gegner" damit von selbst.

(Noch ein kurzer Einschub, bevor ich zum Mechanismus des Figurenschiebens komme: Ich bin kein Freund davon, Spiele nach ihrer "Handlung" zu beurteilen, aber in diesem Fall komme ich an einem kleinen Hieb in diese Richtung leider nicht vorbei. Die Spieler wissen nicht, wer SIE SELBST sind. Also bitte, wie soll ich mir denn das vorstellen? Einschub Ende.)

Nun hab ich prinzipiell nichts gegen Glücksspiele, wenn sie GUT sind. Aber als ein Glücksspiel ist Mont Saint Michel leider auch unbrauchbar. Das mit fortwährender Dauer des Spieles immer lustloser werdende Figurengeschiebe ist furchtbar langweilig, weil - und da sind wir wieder bei Punkt 1 - man weder Wahrscheinlichkeiten ausrechnen noch "Spiele im Spiel" spielen kann. Und nur so funktionieren "Glücksspiele" (was aber ohnehin hinfällig ist, da Mont Saint Michel ja ein Detektivspiel sein will).

Damit zum Wort zum Sonntag (denn getippselt werden diese Worte grade am Sonntag): Hochgradig sinnlos, sterbenslangweilig... oder lasst es mich durch ein Zitat eines meiner Leidensgenossen (Hallo, Markus !!!) sagen: "Irgendwie fehlt bei diesem Spiel das SPIEL !!!" Dem kann ich mich nur vollen Herzens anschließen (und mich heimlich darüber freuen, dass es in den diversen Spieleforen gnadenlos verrissen wird und auf boardgamegeek auf glatte 2,3 von 10 Punkten gebracht hat - Stand 22.4.2007. Die Spieleszene hat gesprochen, und das eindeutig.)
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

morg | 25.04.2007

Die Kritik finde ich nicht vernichtend, sondern leider realistisch. Als "Spiel" könnte ich vielleicht folgendes bezeichnen: Das Suchen des Zielfeldes (dessen Zahl) am Spielplan, denn auf dem großteils dunkelbläulich gehaltenem Plan sind die schwarzen Zahlenfelder meiner Meinung nicht so leicht zu finden. Da hätte man zur schnelleren Übersicht ruhig etwas Kontrastreicheres verwenden können. Oder das Öffnen, oder Abziehen des grauen Kuttenteiles von der hohlen Spielfigur um dessen Inneres freizulegen. Ich musste mich einmal ziemlich anstrengen (Kraftakt ala "Arthus zieh das Schwert aus dem Stein") um den "Deckel" zu entfernen.
Als Maßstab würde ich mal alle bisher gespielten komerziellen Spiele hernehmen und mit dem erlebten Spielspass vergleichen. Und da fällt mir persönlich auf die Schnelle kein schlechteres, langweiligeres und unausgegoreneres Spiel ein.
Zum Thema Detektivspiel: Das Spiel wird meiner Meinung als Detektivspiel beschrieben denn in dessen Beschreibung steht: "...ein spannendes Detektiv-Spiel für die ganze Familie!"
Die "lustige" Idee, oder der Zustand, dass die Spieler zu Beginn nicht mal ihre eigene Identität kennen kann leider (zu oft) bis zum Spielende anhalten. Was hilft eine tolle Ausstattung, wenn Spiel und Spass mit der sprichwörtlichen Lupe zu suchen ist?
Ich bin der Meinung solche Spielegurken schaden dem Spielemarkt mehr als sie nützen, denn es wird wohl mehr entäuschte als zufriedene Käufer und Spieler geben. Aber vielleicht habe ich auch eine zu hohe Erwartung was aktuelle Gesellschaftsspiele betrifft.

Pfluftl | 27.11.2007

Uiui...
ich muss sagen, so wirklich aufmerksam geworden bin ich auf das Spiel erst durch Thomas schlechte Bewertung geworden; vorher hab ich eigentlich immer nur die schöne Aufmachung bewundert! Ich habe das Spiel jetzt auch gespielt und kann mich dem Grundtenor hier nur anschließen. Die Ausstattung ist tadellos, aber selbst Wenigspieler werden hier kaum auf großen Spielreiz stoßen fürchte ich. Da halte ich mich lieber an die dreimagischen Spiele Rüsselbande oder Kakerlakensalat (letzteres übrigens absolut zu empfehlen!).

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 5
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten
Preis: 30,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2006
Genre: Deduktion
Zubehör:

1 Spielplan
6 zweiteilige Spielfiguren
2 Miniblöcke
72 Karten
1 Block für Notizen
8 Bleistifte
1 Anleitung

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