Der letzte Wille

Dein Onkel ist gestorben. Hurra!
Das ist deine Chance, reich zu werden. Du hast deinen Onkel zwar nie kennengelernt, aber einige Geschichten über ihn gehört. Er war einer dieser Millionäre, die während des Aufstiegs des viktorianischen Englands unglaublichen Reichtum anhäuften. Außerdem lebte er praktisch wie ein Einsiedler – zu sehr auf seine Geschäfte konzentriert, um Zeit für Freunde zu haben. Noch auf seinem Sterbebett begutachtete er seine großen Reichtümer und stellte zu spät fest, dass er sich nie die Zeit genommen hatte, seinen Wohlstand zu genießen. Und so beschloss er, sein Vermögen seinem fähigsten Verwandten zu überlassen – dem Fähigsten, der es verstehen würde, die Freuden des Geldes zu genießen. In seinem Letzten Willen legte dein Onkel fest, dass jeder noch lebende Verwandte einen bestimmten Geldbetrag erhalten solle. Wer diesen Betrag am Schnellsten ausgeben kann, erhält den gesamten Rest des Vermögens. Aber niemand sollte meinen, dass es so leicht ist, das Geld auszugeben, wie es zu sein scheint.


Spielidee:

Der letzte Wille ist ein wilder Wettlauf zum schnellst möglichen Bankrott. In jeder Runde erstellst Du einen Tagesplan, der bestimmt, welche Gelegenheiten, Geld zu verprassen, Du nutzen möchtest und wieviel Zeit dafür zur Verfügung steht. Wenn Du Dir nicht genug Gelegenheiten offen hältst, kann es passieren, dass Du nach einem Theaterbesuch nichts mehr zu tun hast. Hast Du nicht ausreichend Zeit eingeplant, so kannst Du entweder auf das opulente Dinner beim bekanntesten Londoner Küchenchef oder auf eine romantische Kutschenfahrt mit überaus charmanter Begleitung verzichten. Und pass auf Dein Anlagevermögen auf! Das heißt, Du solltest besser nicht darauf aufpassen, denn werden Deine Immobilien nicht regelmäßig instand gesetzt, so verlieren sie an Wert und können für einen Apfel und ein Ei verkauft werden, was Dich umso schneller in den Bankrott treiben wird.

Der aufwendige Lebensstil der gehobenen Gesellschaft des viktorianischen Englands bietet mannigfaltige Möglichkeiten, das Geld Deines Onkels zu verprassen. Sorge nur dafür, dass es schnell geht.

Ausstattung:

Die für jede Spielerzahl extra angepassten Planungs- und Kartenangebotstafeln (sie stellen den Spielplan dar) machen einen etwas düsteren Eindruck, aber dadurch passen sie sehr gut zum Thema viktorianisches England. Dasselbe gilt für die hölzernen Botenfiguren in Form eines Zylinderhutes. Alle Marker und Zähler sind aus Holz, einzig die vier Marker, um den Immobilienwert zu korrigieren, sind, ebenso wie die Geldscheine, aus dickem Karton. In der Schachtel sind, wie bei Czech Games Edition üblich, auch genügend wiederverschließbare, transparente Kunststoffsäckchen beigepackt, um alles Material geordnet in den Schachteleinsätzen zu verstauen.

Die 140 Karten stellen Ereignisse, Helfer und Ausgaben, Immobilien, Gefährten und Spezialkarten dar und sind durch ihre Rückseiten klar zu unterscheiden. Einzig die Piktogramme auf den Karten zwingen die Spieler immer wieder, die Übersicht auf der letzten Seite der Spielanleitung zu konsultieren und die genaue Bedeutung der Karte nachzulesen, aber damit könnte das Spielmaterial sprachunabhängig bleiben, wären nicht viele der Karten mit einer zusätzlichen Bezeichnung versehen.

Spielfluss:

Nachdem das Startkapital der Spieler bestimmt wurde, läuft das Spiel über maximal sieben Runden, die sich in folgende Phasen unterteilen:

    1. Aufbau:

      Auslegen der Karten auf der Angebotstafel gemäß Aufdruck auf den Feldern und Runde.


    1. Planung:

      Jeder Spieler setzt seinen Planungsmarker auf ein Feld über den Sanduhren der Planungstafel. Damit wird bestimmt, wieviel Karten er nachziehen darf, ob er einen oder zwei Boten in der nächsten Phase einsetzen darf und wieviele Aktionen er ausführen kann. Zusätzlich wird damit die Reihenfolge der Spieler für den Rest der Runde festgelegt.


    1. Botengänge:

      Nun setzt jeder Spieler einen Boten auf ein Feld der Kartenangebotstafel oder auf eine bestimmte Besorgung, wie seine Spielertafel erweitern, Immobilienmarktmanipulation, eine weitere Karte ziehen oder einfach nur zusätzlich 2 Pfund in der Oper verprassen.


    1. Aktionen:

      Die Spieler haben jetzt einige Karten auf der Hand und auch auf ihrer Spielertafel ausliegen, mit deren Hilfe sie Geld ausgeben können. Um diese auch nutzen zu können, benötigt man Aktionen, deren Anzahl wurde in der Planungsphase festgelegt. Die Karten benötigen eine auf der Karten vermerkte Anzahl an Aktionen und verursachen dementsprechend auch Kosten:

      • Ereigniskarten

        Die weißgerahmten Ereigniskarten werden einfach ausgespielt und landen, nachdem man sein Geld damit los wurde, auf dem Ablagestapel: Eine Kutschenfahrt, ein Abendessen oder sogar ein Festball, der mich mit zwei Aktionen vier Pfund oder mit sieben Aktionen sogar zweiundzwanzig Pfund kosten kann.


      • Ausgabenkarten

        Karten mit schwarzem Rahmen werden auf einem Feld der Spielertafel abgelegt und können somit in jeder Runde dazu beitragen, sein Geld loszuwerden. Meist kostet das Ablegen und das spätere Aktivieren auch Aktionen, bringt aber fast immer zusätzliche Vorteile wie bessere Immobilienpreise, mehr Aktionen, mehr Karten, erhöhte Kosten von anderen Karten etc.


      • Immobilienkarten

        Immobilien kosten meist sehr viel, müssen aber wieder verkauft werden, damit man Bankrott anmelden kann. In der Zwischenzeit lässt man seine Villa verfallen oder investiert Geld in die laufende Instandhaltung. Bauernhöfe verlieren nicht an Wert, können aber vor allem mit Gefährtenkarten in jeder Runde hohe Kosten verursachen. Zusätzlich gibt es schon in der Botenphase die Möglichkeit, den Wert bestimmter Immobilien um ein bis drei Pfund zu erhöhen oder zu senken, um somit beim Kauf oder Verkauf noch einen zusätzlichen Verlust einzufahren.


      • Gefährtenkarten

        Die blaugrauen Gefährtenkarten werden nie alleine gespielt. Mit ihnen können entweder Ereigniskarten verteuert werden (Eine Bootsfahrt mit Edeldame und extra Koch kostet mehr als das Doppelte einer Bootsfahrt ohne Begleitung) oder die Gefährten werden auf Bauernhöfen oder Herrenhäusern platziert um deren Instandhaltungskosten in die Höhe zu treiben.

    1. Rundenende:

    Jeder Spieler darf nur zwei Handkarten in die nächste Runde nehmen, nicht instand gesetzte Immobilien verlieren an Wert und die Kartenangebotstafel wird abgeräumt, um Platz für die Aufbauphase der nächsten Runde zu schaffen.

Besitzt ein Spieler kein Bargeld und auch keine Immobilien mehr, so wird die Runde zu Ende gespielt und der Spieler mit den höchsten Schulden darf das Erbe des Onkels antreten. Andernfalls endet das Spiel nach sieben Runden und der Spieler mit dem geringsten Bargeld und Immobilienbesitz ist Sieger.

Spieletester

01.09.2012

Fazit

Das Prinzip "wie werde ich schneller als meine Mitspieler mein Geld los", das wir sonst nur aus den (eher sinnfreien) Spielen unserer Jugend wie Mankomania oder MAD das vernünftigste Spiel der Welt kennen, wurde hier in ein Optimierungsspiel gesteckt: Setze ich nun eher auf teure Immobilien und kann ich diese rechtzeitig zu einem "guten" Preis wieder loswerden oder versuche ich Aktionen zu horten und sündhaft teure, rauschende Feste zu veranstalten? Spätestens, wenn mir mein Mitspieler die Karte vor der Nase wegschnappt oder die Planstelle mit sechs Aktionen vor mir besetzt, fließt auch der Ärgerfaktor so richtig in das Spiel und wer seinen Bauernhof nicht rechtzeitig verkauft, darf auch keine Schulden machen. Vladimir Suchy hat hier ein in jeder Spieleranzahl perfekt ausbalanciertes Planungsspiel geliefert, das die Elemente Workerplacement, taktische Planung und Karten sammeln und kombinieren in eine neue Kombination gießt. Der Glücksanteil wurde nicht auf Null gedrückt und so ist Der letzte Wille auch jederzeit für Familien, Gelegenheitsspieler und auch zu zweit sehr zu empfehlen. Natürlich gibt es mehr Regeln als bei Mensch ärgere dich nicht, aber hat man die Anleitung, die mit vielen verständlichen Beispielen durchsetzt ist, erstmal studiert, geht das Spiel leicht und locker von der Hand. Einzig die Fülle an Piktogrammen der Karten muss man auf der letzten Seite der Regeln öfters nachschauen.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

Mike | 09.10.2012

"Der letzte Wille" fehlt bei keinem Spieleabend. Die Illustrationen sind sehr schön, das Spiel bietet viele Möglichkeiten, verschiedene Taktiken auszuprobieren. Mehr Aktionen nehmen oder doch mehr Karten? Soll ich mein Pferd jetzt auf den Bauernhof geben oder doch damit ins Theater gehen? Bauernhof oder Villa? Soll ich meine Aktionen fürs Renovieren verwenden oder doch lieber eine Bootsfahrt machen?
Es gibt viel zu tun, um das Geld auszugeben und es ist jedes Mal ein Spass!

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 5
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: 65 Minuten
Preis: 33,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2011
Grafiker: Tomas Kucerovsky
Genre: Strategie
Zubehör:

Spielplan, 5 Spielertafeln, 12 Spielertafelerweiterungen, 140 Karten, 4 Modifikationsmarker, 10 Botenfiguren, 5 Aktionsmarker, 5 Planungsmarker, Gefährtenmarker in 4 Farben, Immobilienwertmarker, 1 Startspielermarker, 1 Rundenzähler, 55 Geldscheine, Spielanleitung

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