Nach dem dramatischen Wettlauf zwischen Amundsen und Scott in den Jahren 1911/1912 war anschließend genau geklärt, wer den Südpol als Erster erreicht hatte. Drei Jahre zuvor versuchten sich einige Expeditionen u.a. mit den US-amerikanischen Forschern Peary, Henson und Cook daran den Nordpol zu erreichen. Welche der Expeditionen als Erste den Nordpol erreicht hat oder ob damals überhaupt jemand auch nur in seine Nähe gekommen war, kann bis heute nicht zweifelsfrei erwiesen werden. Paymore Games lässt uns aber diese Frage ein für allemal lösen und schickt bis zu vier Spieler auf ein turbulentes Wettrennen zum Nordpol.
Paymore Games ist ein mit vielen Ambitionen und Ideen gestarteter neuer Spieleverlag aus Finnland. Etwas von diesen Absichten zeigt sich schon durch die comichaften Illustrationen und die entsprechende Aufbereitung von Race to the northpole und dessen Spielregel. Auch dass eine App zur Unterstützung des Spielerlebnisses von Beginn an verfügbar ist, ist nicht unbedingt selbstverständlich.
Jeder der Spieler soll eine von fünf Forschercrews bestehend aus zwei bis vier Forschern auf dem Weg zum Nordpol führen. Die Crews haben sind zwar unterschiedlicher Herkunft, haben aber bis auf individuelle Startgegenstände leider keine besonderen bzw. speziellen Eigenschaften. Gespielt wird auf einem 8x8 Felder großen Spielplan, der aus einem Basisplan und einer darüber liegenden, drehbaren Scheibe zusammengesetzt ist. Diese hat quadratische Ausschnitte, so dass sich durch 90° Drehungen immer neue Spielplansituationen ergeben.
Ausgehend von dem eigenen Basislager an einer der Seiten des Quadrates versuchen die Spieler den zentral gelegenen Nordpol zu erreichen. Eigentlich ein recht einfaches Unterfangen, wenn dem nicht drei Dinge entgegen stehen würden: Risse im Eis, die von den Forschern nicht ohne Hilfsmittel überquert werden dürfen, Polarstürme, die die Scheibe in eine zufällige Richtung drehen, und zu guter Letzt die neidvolle Konkurrenz, die nichts Besseres im Kopf hat, als die Forscher der anderen Expeditionen zu überfallen und wieder auf deren Schiff zurückkehren zu lassen.
Beginnend mit dem Startspieler arbeitet jeder Spieler in seinem jeweiligen Zug vier Phasen ab, bevor der nächste Spieler an der Reihe ist. Zuerst wird, wenn möglich, eine Figur vom Forschungsschiff auf das Basislager gestellt. Anschließend kann aus drei offen vor dem Spieler ausliegenden Aktionskarten eine ausgewählt und ausgeführt werden. Die Aktionen sind größtenteils Bewegungen in ortho- oder diagonaler Richtung. Ausnahmen bilden nur ein Fernangriff oder der Diebstahl und die sofortige Umsetzung einer Aktionskarte eines Mitspielers. Auf den Aktionskarten sind zusätzlich noch die Aktionsart und eine Anzahl von Sturmpunkten verzeichnet. Die Aktionsart gibt an, ob es zusätzlich zur eigentlichen Aktion noch einen Überfall auf die Forscher eines Mitspielers geben kann. Abgelegte Aktionskarten werden gesammelt und ihre Sturmpunkte addiert. Überschreitet diese Summe einen bestimmten Wert, kommt es zu der weiter oben schon beschriebenen Rotation der Drehscheibe. Damit erhält nicht nur einer der Nachbarn die eigenen vielleicht schon fest eingeplanten Aktionskarten, sondern es gibt noch einige andere Konsequenzen. Aus begehbaren Passagen können mit Eisspalten gespickte Sackgassen werden, während sich an anderen Stellen überraschend neue Wege auftun. Zudem turnen die eigenen Forscher anschließend direkt vor einer gegnerischen Basisstation herum. Leichte Beute also für einen Überfall. Als Bonus gibt es nach einem Überfall einen Ausrüstungsmarker, der manches einfacher macht oder vor Gefahren schützt. Zum Ende des Zuges füllt der Spieler seine Aktionskarten wieder auf drei auf und danach ist der nächste Spieler an der Reihe. Gewonnen hat, wer zuerst alle seine Forscher bis zum Nordpol bringen konnte.
Fazit
Race to the North Pole ist im Grunde ein einfaches Laufspiel und wirkt vielfach wie ein aufgebohrtes Mensch ärgere Dich nicht. Auf den ersten Blick wissen die netten Spielelemente wie z.B die drehbare Scheibe und die transparenten Rasterfelder oder auch die comichafte Spielregel zu begeistern. Auch der Zusammenbau des Spielplans geht bis auf kleinere Passungenauigkeiten sehr gut vonstatten. Leider finden sich auf den zweiten Blick aber auch ein paar absolut vermeidbare Designmängel wie ein teilweise zu dunkles Layout, schwarze Aufkleber für schwarze Meeples oder die nur auf finnisch beiliegende Kurzspielregel. Die Regeln sind dank der guten Spielanleitung problemlos verinnerlicht und so steht einem schnellen Spielstart nichts im Wege.
Beim Spiel stellt sich allerdings schnell heraus, dass Race to the North Pole trotz der vielfältigen Möglichkeiten und Spielmechaniken zum Einen extrem glückslastig abläuft und kaum planbar ist. Zum Anderen können die Spieler z.B. durch gezieltes Auslösen von Stürmen oder Überfällen permanent eine Patt-Situation herbei führen, sodass sich das Spiel durchaus in die Länge ziehen kann. Dadurch sitzt Race to the North Pole bei der Wahl seiner Zielgruppe ein wenig zwischen den Stühlen. Für Vielspieler ist es auf Dauer zu seicht und zu chaotisch, Familienspieler werden hingegen vor allem Probleme mit der teilweise schrägen Grafik, der nicht immer selbsterklärenden Symbolik und der durch destruktive Spielweise ausufernden Spieldauer haben. Eine Probepartie ist also in jedem Fall angeraten!
Die eingangs erwähnte App sorgt übrigens dafür, dass Stürme und damit Drehungen des Spielbretts nicht nach dem Erreichen einer bestimmten Anzahl von Sturmpunkten, sondern rein zufällig entstehen. Damit wird das Spiel leider noch unplanbarer, zufälliger und damit glückslastiger.
Redaktionelle Wertung:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 7 Jahren
Spieldauer: 45 bis 60 Minuten
Preis: 40 Euro
Erscheinungsjahr: 2015
Verlag: Playmore Games
Autor: Jouni Jussila, Tomi Vainikka
Grafiker: Markus Norrgran
Genre: Wettlauf
Zubehör:
ein Spielplan bestehend aus: Spielplan, Drehscheibe mit Aussparungen, Rahmen, 16 transparente Fenster
16 Expeditionsteilnehmer aus Holz (je vier in den Spielerfarben)
Spielregel (deutsch und englisch)
Kurzspielregel (finnisch)
zwei Nordpol-Scheiben
ein Punktebrett
acht Teamtableaus
vier Schiffmarker
ein Zugmarker (Holz)
110 Karten (Aktionskarten und Sturmkarten)
32 Eismasken-Marker (grün und braun sind Ausrüstungsgegenstände, blau Gefahren)