Allies: Realm of Wonder

Vor nun schon über zwei Jahren kam das finnische Spiel Realm of Wonder heraus, das außer seiner bemerkenswert bunten, auf Anhieb sehr unübersichtlichen, aber hübschen Grafik auch spielerisch gut gefallen kann – trotz etwas hakeliger Regel.

Ob ich Ähnliches über das etwa ein Jahr später in demselben Verlag erschienene Kartenspiel Allies: Realm of Wonder schreiben kann, ist hier nachzulesen. Die Charaktere und ihre Grafik aus dem Brettspiel wurden übernommen, aber sonst nichts und wer meint, es handele sich hier wie in vielen erfolgreichen Fällen um das Kartenspiel zum Brettspiel, der irrt. Halt, „sonst nichts” stimmt nicht ganz, denn auch hier präsentiert sich die Regel etwas hakelig, wenn auch kurz und relativ übersichtlich. Nach der angenehmen Reise ins Reich des Wunders war ich gespannt darauf, wie sich die Alliierten schlagen.

Ein wesentlicher Unterschied besteht auch in der Spieleranzahl: Dieses Kartenspiel ist für zwei Spieler, während das - wie gesagt völlig andere - Brettspiel entsprechend der Anzahl der Charaktere für bis zu sechs Spieler geeignet ist. Aus den sechs Charakteren wurden nun sechs Stämme, die jeweils mit 25 Karten vertreten sind. Je nachdem, wie eine Karte ausliegt, hat sie eine Stärke von minimal 1 bis maximal 5 – hochkant oder quer, und dann jeweils mit der einen Kante oder der anderen nach oben zeigend. „Oben” ist eine Reihe aus 5 Landschaftskarten, die zwischen den beiden Spielern liegt und deren Pfeilmarkierungen anfangs seitwärts zeigen, also nicht auf einen Spieler.

Jeder Spieler wählt zwei Stämme aus, deren Karten er mischt und dann fünf davon auf seine Hand zieht. Abwechselnd legen die Spieler jeweils auf ihrer Seite eine Karte an eine Landschaft ihrer Wahl und auch hier gibt eine Pfeilmarkierung an, mit welcher Stärke nach oben, also zur Landschaft zeigend, die Karte ausgespielt wird. Außerdem zeigen die meisten Karten noch durch markierte Halb- oder Viertelkreise an, dass man eine oder zwei andere Karten drehen kann, also auf höhere oder niedrigere Stärkewerte. In den meisten Fällen wird eine Karte um ein Viertel gedreht; in anderen Fällen können zwei verschiedene Karten gedreht werden, durchaus auch in entgegengesetzte Richtungen. Die Regel sagt leider nur sehr ungenau „eine Karte drehen”, die englische Regel ist da mit „any card” schon präziser. Natürlich erhöht man seine eigenen Stärkewerte und verringert die des Gegners – aber das sollte klar gesagt werden. Jeder Stamm hat noch eine Sonderfunktion, die jeweils durch einige Karten ausgelöst werden kann, z. B. eine Handkarte mehr nachziehen zu dürfen oder zwei Landschaften vertauschen zu können.

Sind alle fünf Landschaften beidseitig mit einer Karte belegt, wird die Runde abgerechnet. Der Unterschied der Stärkewerte gibt an, zu welchem Spieler die Landschaft gedreht wird, und zwar um eine Vierteldrehung pro Stärkepunkt Unterschied. Falls der stärkere Spieler dann noch einen Stärkepunkt übrig hat, nimmt er diese Landschaftskarte für sich. Ist sie eine des eigenen Stammes (wobei die Zuordnung teilweise nicht sofort erkennbar ist), erhöht das die Handkartenanzahl in der nächsten von insgesamt nur vier Runden. Zu Beginn jeder Runde werden leere Landschaftsplätze neu belegt, wobei es auch böse Schlösser gibt, die zum Schluss Minuspunkte bringen anstatt Pluspunkte wie die anderen Landschaften. An solch einem Schloss verringert man natürlich möglichst die eigene Stärke und erhöht die des Gegners.

Damit ist bis auf wenige Kleinigkeiten praktisch alles gesagt. Was sich zunächst recht spannend und interessant anhört, entpuppt sich aber leider als ziemlich dröge Kartendreherei mit wenig Effekt. Man stärkt die eigenen Karten, der Gegner schwächt sie wieder, wodurch sich allzu oft ein Gleichstand ergibt oder eine Differenz von nur einem Punkt, was dann immerhin dazu führt, dass die Landschaft nun zu dem geringfügig stärkeren Spieler zeigt. Dieser hat dann in der nächsten Runde die etwas bessere Chance, diese Landschaft für sich zu gewinnen. Da kommt keine Spannung auf, die Sonderfunktionen haben selten eine entscheidende Wirkung und nach vier Runden hat jeder Spieler vielleicht drei oder vier Landschaften erobert, möglicherweise auch ein böses Schloss. Das hat bei zwei Punkten pro Landschaft und einem Minuspunkt pro Schloss dann meist zur Folge, dass ein Spieler einen oder zwei, vielleicht auch mal drei Punkte mehr hat als der andere. Jede mit der Pfeilmarkierung zu einem Spieler zeigende noch ausliegende Landschaft bringt diesem Spieler außerdem noch einen weiteren Punkt, was meist den geringen Unterschied nicht mehr ändert. 

Spieletester

02.03.2017

Fazit

Schade, schade, ich bin enttäuscht! Aus der gar nicht uninteressanten Grundidee hätte man mehr machen können, z. B. durch stärkere Sonderfunktionen oder anderweitig effektivere Eingriffsmöglichkeiten als nur Hin- und Herdrehen. Auch die immer wieder anders möglichen Zusammenstellungen der Kartendecks bringen da keine Abhilfe und verpuffen weitgehend wirkungslos. Ein paar Marker, die man zusätzlich platzieren könnte, wären schon eine Bereicherung. Die großformatigen Spielhilfen sind eher verwirrend als hilfreich, zudem eher überflüssig, denn die Regeln sind sehr einfach, wenn auch nicht unbedingt einfach bzw. eindeutig geschrieben.

Es gibt viele spannende, anspruchsvolle Zwei-Personen-Spiele, zu denen ich Allies: Realm of Wonder leider nicht zählen kann. Ansprechende Grafik und eine großartige Einleitungsgeschichte sind nicht genug, um aus einer entwicklungsfähigen Idee ein zumindest unterhaltsames Spiel zu machen. Man kann es spielen, es funktioniert, aber nach vier langweiligen, zum Glück kurzen Runden ist man eher froh, dass die Kartendreherei ein Ende hat und dem Wunsch nach einer Revanchepartie wird wohl meist eher mit einem anderen Spiel genüge getan werden. Oder man holt noch ein paar Spieler hinzu und spielt Realm of Wonder, das macht Spaß.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

  • uninspirierter Spielverlauf

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 20 bis 30 Minuten
Preis: 12,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2015
Grafiker: Sami Saramäki
Genre: Karten
Zubehör:

150 Stammeskarten
15 Landschaftskarten
2 Spielhilfen
1 Regelheft (in 9 Sprachen)

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