Hameln

Die Ratten kommen! Wer kennt sie nicht, die Sage des Rattenfängers von Hameln: Die Ratten vermehrten sich unkontrolliert und machen die Stadt Hameln praktisch unbewohnbar. Jedoch lassen sich die Ratten durch die Flötenmusik des Rattenfängers betören und folgen ihm ins Wasser wo sie ertrinken. Es waren wohl keine Wasserratten…
Dieses Spiel ist nur mit englischer Spielanleitung erhältlich. Der Spielablauf ist jedoch sprachneutral gestaltet. Ganz so wild geht es im Spiel Hameln nicht zu. Aber wir haben zumindest eine veritable Rattenplage am Hals. Immer wenn ein Haus aktiviert wird, zieht dies Ratten an. Irgendwann sind einzelne Häuser von Ratten überlaufen, was schlussendlich den Rattenfänger auf den Plan ruft. Aber sehen wir uns den Spielablauf Stück für Stück an. Vor uns liegt ein Spielplan, der eine Menge Häuser zeigt. Jedes Haus ist einem Viertel zugeordnet, gehört einer Produktionskategorie an, bietet Platz für einen Mann und eine Frau, hat einen Rattenwert aufgedruckt oder durch eine Scheibe zugeteilt bekommen. Jeder Spieler startet mit einem Mann und einer Frau ins Spiel, die in zwei Häusern am zentralen Marktplatz untergebracht sind. Beide sind glücklich mit Figuren der Mitspieler verheiratet. Immer brav ein Männchen mit einem Weibchen. Wie es sich für das 13. Jahrhundert geziemt. Auf den Einfluss- und Punkteleisten starten wir ganz unten, auf Letzterer wird erst am Spielende gefahren. Wer an die Reihe kommt, kann ein Haus aktivieren, heiraten oder Waren verkaufen. Wird ein Produktionshaus aktiviert, so produziert der Mann im Haus die entsprechende Ware und erhält einen zugehörigen Warenwürfel. Und die Frau? Die bekommt ein Kind. Ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, entscheidet das Ziehen eines Würfels aus dem Beutel. Etwas anders läuft die Sache in Einflussgebäuden, wo beide Spieler an Einfluss gewinnen aber sonst nichts passiert. In allen Häusern gilt jedoch, dass die Ratten aktiv werden. Man nimmt so viele Rattenmarker wie am Haus aufgedruckt oder ihm zugeteilt sind und verteilt sie auf die angrenzenden Punkte. Sind alle Punkte rund um ein Haus belegt, ist es von Ratten überlaufen und wird mit einer Rattenfigur markiert. Bis auf weiteres kann dieses Haus nicht mehr aktiviert werden. Was macht man mit erhaltenen Waren? Die kann man entweder gewinnbringend verkaufen (jede Warengruppe hat natürlich einen anderen Wert) oder gegen Rattenfallen (=Siegpunkte am Spielende) tauschen. Allerdings bringen auch Warenwürfel am Ende einen zufälligen Wert von ein bis drei Punkten. Mit Geld kann ich diverse optionale Aktionen bestreiten, auf die ich gleich zu sprechen komme. Meist sind es die Frauen, die Kosten verursachen. Nämlich bei der Hochzeit. Wer eine Hochzeit initiiert (was natürlich nur möglich ist, wenn es mindestens einen Junggesellen und eine Jungfrau gibt) entscheidet, in welches leere Häuschen das frisch vermählte Pärchen einzieht. Die Kosten für den Einzug muss in jedem Fall der Bräutigam tragen. Wie es sich für das 13. Jahrhundert gehört. Die Anzahl der Häuser, die in der aktuellen Runde von Ratten überlaufen wurden, triggert das Erscheinen des Rattenfängers. Solange man keinen Besuch des Rattenfängers verursacht, darf man eine der möglichen Zusatzaktionen ausführen: Die Katze kaufen, Einfluss kaufen oder den Rattenfänger bestechen. Unsere Katze ist ein riesiges Vieh: Sie nimmt es mit jeder Ratte auf. Wer die Katze kauft, darf sofort eine Rattenscheibe vom Spielplan entfernen. Vorzugsweise wird man dies so wählen, dass ein eben noch überlaufenes Haus wieder aktivierbar wird. Man kann die Katze immer nur von einem Mitspieler kaufen und in diesem Moment eine Ratte entfernen. Danach hat man auf unbestimmte Zeit ein kuscheliges, aber nutzloses Haustier. Den Rattenfänger zu bestechen hat ebenfalls mit Ratten zu tun, allerdings wie Börsenkurse nur einen fiktiven aktuellen Wert: Der Rattenfänger tendiert immer in jenem Viertel die Rattenplage zu tilgen, in welchem die höchsten Bestechungssummen gezahlt werden. Bezahle ich also jetzt etwas, kann sich durch Bezahlung anderer Spieler der Rattenfänger bis zu seinem Einsatz wieder umentscheiden. Einfluss ist eine recht wichtige Sache: Neben der Spielerreihenfolge legt er fest, wer am Ende bei Gleichständen (mehr) Punkte bekommt oder nicht. Einfluss gibt es durch Bezug und Aktivierung von Einflussgebäuden oder durch den Kauf von Einfluss. Das ist heute so, das war im 13. Jahrhundert nicht anders. Ist eine bestimmte Anzahl von Häusern überlaufen, so endet die Runde. Der Rattenfänger wird in jenem Viertel aktiv, in dem das meiste Geld bezahlt wurde. Dort werden ALLE Rattenscheiben entfernt, außerdem die Rattenscheiben bei allen Häusern am zentralen Marktplatz. Ratten machen krank. Besonders Kinder sind davon gefährdet. Für das Spiel bedeutet das: Alle unverheirateten Personen könnten am Rundenende dahingerafft werden (sie kommen auf die „Straße nach Transsylvanien“). Da dies am Spielende Minuspunkte bedeutet, will man das möglichst verhindern. Und das geht nur mit Geld. Wie viel pro Person zu bezahlen ist, hängt vom Viertel ab in dem der Rattenfänger tätig ist. Nach der dritten Runde ist das Spiel vorbei, es folgt die Wertung. Jede verheiratete Person bringt so viele Punkte wie es dem Bezugswert ihres Hauses entspricht. Außer das Haus ist von Ratten überlaufen, dann gibt es nichts. Hinzu kommen Punkte für Rattenfallen, den aktuellen Besitzer der Katze, das meiste Geld, den meisten Einfluss und das Beenden des Spiels. Davon zieht man die Punkte für alle verstorbenen Kinder ab. Wer die meisten Punkte erringen konnte darf sich über den Sieg freuen.

Spieletester

26.11.2015

Fazit

Was einem bei Hameln als Erstes ins Auge sticht sind natürlich die supersüß modellierten Rattenfänger- und Rattenfiguren. Sowas sieht man selten in Spielen. Leider kann der Spielreiz mit diesem optischen Highlight nicht ganz mithalten. Es spielt sich solide, ist aber sicher kein Highlight seines Jahrgangs. Wie bei vielen Spielen möchte man auch hier stets mehr machen als die begrenzte Anzahl an Zügen erlaubt. Und das Geld ist sowieso immer knapp. Geld kann durchaus ärgerlich sein, und zwar aus zwei Gründen: Entweder habe ich unverheiratete Töchter und die Mitspieler können sich eine Heirat nicht leisten, oder ich habe Geld, einen unverheirateten Sohn aber keine Partnerin in Sicht. Kein Partner in Sicht bedeutet Kosten am Rundenende, keine Produktivität und keine potentiellen Nachfahren. Wir sehen: Mit den Kindern ist es ein Krampf... Mal hat man zu wenige, mal zu viele. Und dann vielleicht auch noch das falsche Geschlecht. Wer vom Glück benachteiligt wird und immer nur Töchter aus dem Beutel zieht, wird nur selten in den Genuss von produzierten Waren und daraus resultierendem Geld kommen. Das erschwert den Kampf gegen Ratten immens. Somit haben wir mit Hameln ein schön gestaltetes Spiel mit einiger Holzausstattung vor sich, das einige taktische Züge trägt. Für Strategen ist der Glücksfaktor zu hoch, sie sollten die Erwartungen nicht zu hoch stecken. Aber Gelegenheitsspieler werden sehr gut bedient.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 5
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Preis: 35,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2006
Verlag: Fragor Games
Genre: Taktik
Zubehör:

1 Spielplan, 7 Ratten, 1 Rattenfänger, 1 Katze, 75 Spielfiguren, 5 Zählsteine, 8 Nachwuchswürfel, 1 Beutel, 1 Einflussanzeiger, 56 Warenwürfel, 30 Rattenscheiben, 12 Rattenfallen, 16 Rattenaktivitätsmarker, 45 Münzen, 1 Spielanleitung

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