Spiele vor dem Hintergrund des 2. Weltkrieges sind normalerweise großflächige Konfliktsimulationen oder auch CoSims genannt, die mit jeder Menge Markern ausgestattet sind oder aber in kleinerem Maßstab Tabletopspiele, in welchen dann die Marker durch ansprechend gestaltete Miniaturen ersetzt werden. Normalerweise haben diese Art von Spielen, noch dazu in dem vorgenannten historischen Rahmen, nur eine kleine aber dafür sehr eingeschworene und interessierte Fangemeinde, sind aber trotzdem in den deutschsprachigen Ländern nur ein Nischenprodukt. Insofern ist es vom Verlag Phalanx Games.pl überaus mutig das vorliegende Spiel Race to Rhine, noch dazu mit einem anderen als dem vermeintlich offensichtlichen CoSim-Spielmechanismus auf den Markt zu bringen. Das Spiel wählt als geschichtlichen Hintergrund den Versuch der alliierten Streitkräfte nach ihrer erfolgreichen Landung in der Normandie und der Eroberung von Paris im August 1944, so schnell als möglich auch das restliche Frankreich zu durchqueren und damit den Rhein zu erreichen, um der Wehrmacht die Möglichkeit zu nehmen hier eine stabile neue Verteidigungslinie zu errichten. Zeitlich war dieser Vorstoss in den Herbst- und Wintermonaten der Jahre 1944/1945 angesiedelt. Den Vormarsch der Allierten leiteten die beiden US Generäle Omar N. Bradley mit der 12.US Heeresgruppe und George Smith Patton Jr. Mit der 3. US Army sowie der britische General Bernard Law Montgomery mit dem Kommando über die 21. US Heeresgruppe.
1944 Race to the Rhine nimmt geschickt und sehr akkurat die historischen Fakten als Grundlage und versetzt die Spieler als strategische Ausgangsposition in die gesicherten Nachschubstellungen der Allierten im Sommer 1944. Auf dem Spielfeld sind drei farblich unterscheidbare Zonen eingetragen in denen sich, mit minmalen Überschneidungen an den Rändern, nur jeweils der zugehörige General mit seinen Korps bewegen darf. Montgomery im Norden von Frankreich, Bradley ausgehend von Paris in der Mitte und Patton aus einer vorgeschobenen Stellung weiter südlich. Nun sollte man bei solch einem Thema von einer Kooperation der drei Befehlshaber ausgehen, aber weit gefehlt. Jeder versuchte als erster den Rhein zu erreichen, um den damit verbundenen Ruhm zu ernten. Dass aus solchen privaten Eitelkeiten für die Truppen allerdings nur unnötiges und zusätzliches Leid entstanden ist, hatte sich schon während der Landung in Sizilien gezeigt wo sich Patton und Montgomery ebenfalls einen Wettlauf geliefert hatten, der mit unnötig hohen Verlusten an Mensch und Material bezahlt wurde. Zudem sah Patton die Briten nicht unbedingt als gleichwertige Verbündete an.
1944 Race to the Rhine ist ein asymetrisches Spiel. Um den historischen Fakten und den verschiedenen Generälen im Ansatz gerecht zu werden gibt es für jeden Spieler unterschiedliche Startvorraussetzungen sowie spezielle Eigenschaften. Während Montgomery z.B. in jeder Nachschubphase noch zusätzlichen Nachschub erhalten kann und gleich vier Korps befehligt, die komplett mit Nahrung, Treibstoff und Munition ausgerüstet sind, hat Bradley die größere Erfahrung bei der Koordinierung seiner Nachschublogistk über große Entfernungen und erhält zudem Luftunterstützung. Patton hingegen wirkt wie ein Relikt aus vergangenen Wild West Zeiten und will als Haudrauf ohne Rücksicht auf Verluste seine vorgeschobene Stellung nutzen, um als Erster mit einem seiner drei Korps am Rhein zu stehen.
Rundenweise stehen den Spielern zwei Aktionen zur Verfügung. Die möglichen sechs Aktionen sind: Bewegung eines Korps über maximal drei Felder, Organisation von Nachschub in die jeweiligen Lager, Organisation von LKW´s zum Transport des Nachschubs, Transport des Nachschubs zu den Korps, Luftunterstützung und Luftlandetruppen. Während die letzten beiden Aktionen im Spiel eher selten genutzt werden, ist ein überlegtes Management der ersten vier hingegen von entscheidender Bedeutung. Nachdem ein Spieler seine beiden Aktionen ausgeführt hat, wählt er noch eine von zwei möglichen Gegenreaktionen der Wehrmacht aus. Entweder besetzt diese, ausgehnd von den Stellungen am Rhein eine Ortschaft oder sie unterbricht eine ungeschützte Nachschublinie der einzelnen Armeen. Da sich die Spieler naturgemäß selbst keine Steine in den Weg legen werden bleibt also nur die Option die Mitspieler zu ärgern und deren schnelle Vorstöße zu erschweren, denn muss ein Spieler durch einen von der Wehrmacht besetzten Ort ziehen, bekommt er es hier mit kampferprobten Truppen zu tun und muss gehörige Mengen vor allem an Munition bei sich haben, um seinen Vormarsch fortsetzen zu können.
Beim Vorrücken muss immer die kontinuierliche Versorgung der Truppen mit Nachschub im Auge behalten werden. So wird sowohl ausreichend Treibstoff und Munition für die Panzer als auch Nahrung für die Soldaten benötigt, sonst können etwaige weitere Bewegungen nicht mehr ausgeführt werden. Zieht eines der Korps auf ein neutrales Feld kommen die Ereigniskarten zum Tragen. Alle Spieler haben dabei ein identisches Deck mit 22 unterschiedlichen Ereigniskarten. Das können sowohl positive wie z.B. das Auffinden von versteckten Nachschublagern, als auch negative Ereignisse wie das Zusammentreffen mit gegnerischen Einheiten, bei welchem wichtige Nachschubgüter verloren gehen, sein. Für bestimmte Aktionen oder Ereignisse erhalten die Spieler außerdem Medaillen. Deren Anzahl bestimmt beim Spielende den Sieger, falls das Hauptziel des Spiels, das Überqueren des Rheins, nicht erreicht wurde.