City Council

Ich denke, diesen Titel kann jeder übersetzen – trotzdem sei es hier geschrieben: Stadtrat. Bis zu fünf Spieler sitzen im Stadtrat, bestimmen das Schicksal ihrer Stadt und führen diese entweder zu blühendem Leben oder treiben sie in den Ruin, wodurch alle Spieler verlieren. Im Erfolgsfall siegt einer der Spieler, pardon, Stadträte, der es am besten verstanden hat, die Geschehnisse zu seinen Gunsten zu lenken.

City Council ist also ein semi-kooperatives Spiel, was ich prinzipiell sehr interessant finde. Spielplan und Material sehen recht einladend aus und die englischsprachige Regel ist im Großen und Ganzen brauchbar, könnte teilweise aber etwas besser strukturiert sein. Die zu bauende Stadt nimmt ca. eine Hälfte des recht großen Spielplans ein, der andere Teil beinhaltet die Ämter, deren Funktionen gut dargestellt sind, einen Bereich für Arbeiter sowie eine Skala für die Lebensqualität in der Stadt. Arbeiter gibt es in zwei unterschiedlichen Arten – die echten „Malocher“ im Blaumann und die Schlips- und Kragenträger im weißen Hemd. Außerdem sehen wir noch jeweils einen Bereich für Waren, Allgemeingüter, Umweltverschmutzung und Kriminalität. Unterhalb der in verschiedene Zonen eingeteilten Stadt befinden sich noch eine Skala für das Stadtbudget und eine für die vorhandene Energie. Zwei Übersichtstabellen und eine Siegpunktleiste füllen den Rest.

Die Gebäude sind stabile Papptäfelchen in vier verschiedenen Größen bzw. Formen und zeigen jeweils die Baukosten, Zonen-Zugehörigkeit (beispielsweise Industrie- oder Wohngebiet) sowie die Produktivität bei Aktivierung. Nach einfachen Vorbereitungen kann’s losgehen – jeder Spieler erhält ein Amt, zunächst zufällig. Niemand darf ein Amt länger als zwei Spielrunden innehaben, der Wahlleiter („Election“) muss für Neuverteilung sorgen, wobei die Details, wie das zu geschehen hat, gut geregelt sind. Ohne mich zu sehr in Einzelheiten verlieren zu wollen, sei nun in Kurzform der Ablauf einer Spielrunde geschildert.

Nach Ämterneuverteilung und teilweiser Ausübung, soweit in dieser Phase zutreffend, machen die Spieler Vorschläge zur Stadtplanung. Es liegt eine bestimmte Anzahl Gebäude aus, und vorgeschlagen werden kann der Bau eines Gebäudes, der Verkauf oder die Versetzung eines Gebäudes – ja, auch das ist in dieser Stadt möglich. Anschließend stimmen die Spieler über die Vorschläge ab, niemand darf für seinen eigenen Vorschlag stimmen. Der Schatzmeister kann perfiderweise Geld aus der Stadtkasse unterschlagen, um damit seinen Vorschlag zu unterstützen (und die Baukosten zu senken); wie aus dem Leben gegriffen. Der Wahlleiter schließlich ist dafür verantwortlich, die Vorschläge mit den meisten Stimmen auszuführen, falls möglich, d. h. die Stadtkasse muss genügend gefüllt sein, erhält allerdings auch Geld durch Verkauf.

Anschließend müssen bereits errichtete Gebäude aktiviert werden, wofür zunächst die entsprechende Zone selbst aktiviert werden muss, was Energie kostet – sofern überhaupt vorhanden. Das ist zu Spielbeginn noch nicht der Fall, deshalb ist das Stadtzentrum, welches auch zuerst vollständig bebaut werden muss, immer aktiviert. Die Aktivierung erfordert im Allgemeinen Arbeiter, die aus dem zur Verfügung stehenden Reservoir genommen werden, oft auch zusätzlich z. B. Waren oder Geld. Das alles muss in den entsprechenden Bereichen bzw. auf den Skalen vorhanden sein. Bevor nun die durch die Tätigkeit der Arbeiter und anderer Mittel aktivierten Gebäude produzieren, erfolgt der Beschäftigungsreport. Je nach Beschäftigungslage der Arbeiter jeder Art kommen Arbeiter hinzu oder wandern ab, schlimmer noch, durch zu hohe Arbeitslosigkeit entsteht Kriminalität, angezeigt durch rote Marker im Kriminalitätsbereich.

Es folgt die Produktion durch die aktivierten Gebäude – Waren, Allgemeingüter, Geld, Energie, je nachdem, aber auch hier gehört Kriminalität und auch die leidige Umweltverschmutzung dazu. Die beiden letzteren und die Allgemeingüter bestimmen letztendlich die Lebensqualität in unserer Stadt. Schließlich wird aufgeräumt – neue Gebäude für die nächste Spielrunde werden aufgedeckt, überzählige Handkarten abgeworfen usw.

Handkarten? Dazu komme ich gleich, erstmal sei gesagt, dass der gesamte Ablauf, die Abhängigkeiten, Bedingungen und Verzahnungen prima geregelt sind und einen erstaunlich realistischen Eindruck machen. Man muss schon sehr gut überlegen, was man plant, wo man zustimmt oder wem man welches Amt gibt, falls man gerade der Wahlleiter ist. Das ist eine gewisse Herausforderung, wenn auch nicht allzu kompliziert. Nun zu den Handkarten – diese haben die Spieler, um damit Siegpunkte zu ergattern, z. B. durch den Bau eines Restaurants, den Abriss (Verkauf) eines mittelgroßen Gebäudes usw. oder auch durch ein gewisses Level der Kriminalität in der Stadt! Da heißt es immer, die eigenen Interessen gegen das Allgemeinwohl auszuloten, denn zu hohe Kriminalität und/oder Umweltverschmutzung bedeuten das Aus für das gesamte Stadtprojekt und alle Spieler haben verloren.

Spieletester

04.05.2014

Fazit

City Council bietet ein sehr interessantes, auch spannendes Konzept mit seiner Kombination aus Eigen- und Allgemeininteresse, gepaart mit Handlungen und Abläufen wie aus dem realen Leben gegriffen. Dabei ist das Ganze nicht sonderlich komplex und recht schnell zu lernen, ohne auch nur annähernd banal zu sein. Trotzdem will sich volle Begeisterung nicht einstellen. Das liegt nicht an den zu kleinen Symbolen auf den Gebäudeplättchen, die problemlos größer und somit besser zu erkennen hätten sein können, was immer wieder zu lästigen Nachfragen führt – „was ist das denn da unten, kann ich von hier aus nicht erkennen“. Auch dass die Siegpunktleiste bis 25 geht, obwohl ein Spieler mit 11 bereits gewonnen hat (12, 13, vielleicht auch 14 kann man mit einem Schlag von 10 aus aber erreichen), stört nicht wirklich, sondern ist nur verwunderlich. Der Knackpunkt sind die Karten, die in die gesamte Planung, unterlegt mit Bluff, zuviel Zufall bringen, sowie auch eine gewisse Durchsichtigkeit. Wer trotz voller Stadtkasse immer wieder den Abriss eines Gebäudes vorschlägt, profitiert mit Sicherheit davon, wäre komisch, wenn nicht. Ich bin immer Verfechter von Zufallselementen - auch in einem taktischen Spiel, denn das macht den Unterschied zwischen Spiel und Denksport, aber das Verhältnis muss stimmen. Auch wenn aufgrund der Gemengelage wenn nicht hier, dann bei keinem Spiel, absolut der Spruch zutrifft „jede Partie ist völlig anders als jede andere“ ist es schon frustrierend, wenn es einem Spieler trotz aller Bemühungen nicht gelingt, zu punkten oder wirkungsvoll zu punkten, weil er permanent die „falschen“ Handkarten erhält. Etwas mehr Feinschliff hätte City Council gut getan. Aber ich will keineswegs davon abraten, sondern im Gegenteil zu einer Probepartie anregen, denn die Sache ist interessant, keine Frage – ob man das Spiel dann haben „muss“ oder nicht, mag jeder für sich entscheiden.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

Ferdinand Köther | 20.05.2014

Ehre wem Ehre gebührt - nach meiner Meckerei bezügl. Nicht-Reaktion muss ich das korrigieren. Elad (Goldsteen, Autor und Verlagsinhaber) hatte wohl einige Serverprobleme, deshalb Sendepause. Nach einigem freundlichen Email-Wechsel habe ich nun sogar einen komplett neuen Kartensatz, obwohl ich eigentlich nur eine fehlende Karte brauchte! Auch auf diesem Wege besten Dank für den Service. Splendid Card Council!

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 5
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 90 Minuten
Preis: 40,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2013
Grafiker: Giota Vorgia
Genre: Bluff
Zubehör:

1 Spielplan, 52 Gefälligkeitskarten, 44 Gebäudeplättchen, 15 blaue Arbeiter, 7 weiße Arbeiter, 6 schwarze Delegierte, 33 Holzquader in vier Farben, 15 runde Spielermarker, 5 Identifikationsmarker, 1 Stadtschlüssel,7 Geldmarker, 6 Energiemarker, 2 Umsetzungsmarker, 2 Verkaufsmarker, 1 englisches Regelheft

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