Kolejka

Der Einmarsch Deutschlands in Polen war Auslöser für den Zweiten Weltkrieg. Nach Kriegsende erhielt Polen deutsche Gebiete, dafür gingen andere Teile an Russland. Die damalige Sowjetunion war Vorbild für die ausgerufene kommunistische Diktatur. Obwohl die Grundabsicht des Systems gut war, haperte es am gesamtheitlichen Ansatz. Die Folge: Die Menschen hatten zwar Geld, es gab jedoch arge Warenknappheit. Lange Warteschlangen vor den Geschäften waren die Folge, obwohl die Menschen nicht wussten wann die nächste Lieferung kommt, wie umfangreich sie ausfällt und was beinhaltet sein wird.
In diese Zeit des Hoffens und Wartens versetzt und das Spiel Kolejka, zu Deutsch Warteschlange, zurück. Wir stellen uns mit unserer Familie vor den Läden an, um die auf unserem Einkaufszettel genannten Güter zu ergattern. Wer wird als Erster seine Einkäufe erledigt haben?

Kolejka läuft über eine unbestimmte Anzahl von Runden. Jede Runde läuft nach demselben Schema ab: Anstellen, Warenlieferung, Drängelei, Ladenöffnung, Tauschen, Aufräumphase. Dies wird so lange wiederholt, bis ein Spieler alle Waren seines Einkaufszettels beisammen hat.
Das Anstellen ist einfach: Alle Figuren, die noch nicht anstehen, werden reihum an das Ende einer beliebigen Schlange gestellt (natürlich wird man ein wenig planen was es theoretisch wo zu holen gibt und wie lang die Wartezeit sein wird). Fertig. Auch die Warenlieferung ist keine Hexerei: Vom Stapel werden Karten aufgedeckt, diese bestimmen, in welche Geschäfte und in welcher Stückzahlen Waren geliefert werden. Fertig. Das taktische Element kommt dann speziell bei der Drängelei ins Spiel. Für diese Phase hat jeder Spieler elf Karten, drei davon stets auf der Hand, mit denen man fünf Runden lang das Auslangen finden muss; erst dann kommen sie zurück in den persönlichen Nachziehstapel. Die Karten erlauben es zum Beispiel sich eine Position nach vorne zu schwindeln oder überhaupt als Mutter mit Kind privilegiert behandelt zu werden. Aber auch negative Karten sind dabei, wie etwa die Inventur (die ein Geschäft für diese Runde schließt) oder die Fehllieferung (durch sie werden Karten plötzlich von einem Laden in den anderen verschoben).

Ist die Drängelei vorbei, kommt die Zeit der Ladenöffnung. Die vordersten Kunden in der Schlange dürfen sich jeweils eine Ware aus dem Geschäft aussuchen und gehen damit nach Hause. Da jeder Laden einer Kategorie (Lebensmittel, Möbel, Schneiderei…) angehört, gibt es meist nur eine Warengruppe zur Auswahl. Aber durch Fehllieferung können auch zwei oder mehr Warengruppen verfügbar sein. Ist ein Laden leer geräumt, haben die verbliebenen Wartenden Pech gehabt – sie können ihr Glück in der nächsten Runde versuchen und sich bis dahin die Füße in den Bauch stehen.
Wer etwas ergattert hat, freut sich normalerweise darüber. War es aber eine „falsche“ Ware, so kann man am Markt tauschen; vorausgesetzt man hat sich beim Markt angestellt. Das Gute am Markt: Alle kommen an die Reihe, egal wie viele angestellt sind. Und man darf so viel tauschen wie man will! Üblicherweise wird hier 2:1 getauscht, nur die Ware bei der sich die Marktfrau gerade befindet darf 1:1 gehandelt werden.

Nun geht es ans Aufräumen. Die Lieferkarten der Vorrunde werden abgelegt, die Marktfrau wandert zur nächsten Ware, wer möchte kann Figuren aus den Warteschlangen nach Hause holen. Auf geht’s in die nächste Runde! Das Spiel ist sofort aus, wenn ein Spieler seine letzte benötigte Ware bekommen hat – er ist der Sieger.

Spieletester

12.02.2014

Fazit

Kolejka ist ein in mehrerlei Hinsicht ungewöhnliches Spiel. Das beginnt schon beim ungewöhnlichen Thema, zu dem jede Menge Hintergrundinformationen geliefert werden. Dies macht die Spielanleitung zu einem kleinen Büchlein, das in mehreren Sprachen beiliegt. Diese machen das Hauptgewicht der internationalen Ausgabe des Spiels aus (unterscheidbar vom polnischen Original durch die zusätzlichen anderssprachigen Schriftzüge am Cover). Die Karten sind aber auch bei der internationalen Version mit polnischen Texten bedruckt. Du verstehst kein Polnisch? Kein Problem, für jede Sprache liegen zwei Aufkleberbögen bei, um die Überschriften der Karten und Kartentexte zu überkleben. Das ist natürlich einige Arbeit, ehe man in die erste Partie starten kann; und ich hoffe, dass die Arbeit sich bewährt und die Aufkleber dauerhaft halten. Interessant auch die Werbung für das Spiel: Auf der SPIEL 13 in Essen konnte ich ein Banner fotografieren, auf dem Kolejka als „das langweiligste Spiel der Welt“ angepriesen wurde. Langfristige Planung ist in diesem Spiel nur bedingt möglich. Man weiß, dass das einmalige Durchspielen des Stapels für alle Waren denselben Nachschub bringt und jede Ware einmal in den Genuss des günstigen 1:1-Tausches kommt. Geht es nach dem Mischen in den zweiten Durchlauf, wird es etwas glückslastig. Warum? Weil der zweite Durchlauf meist nicht zu Ende gespielt wird. Liegen viele Lieferkarten einer Warensorte weit unten im Stapel und keine entsprechenden Waren im Markt, hat man per Definition keine Chance an diese Waren zu kommen. Wer mehr Glück hat und die benötigten Waren kommen in großer Stückzahl relativ früh ins Spiel, der kann natürlich viel eher den Sieg erringen. Im Allgemeinen ist der Spielausgang bei Kolejka aber knapp. Ich finde es gut, dass auch solche Themen wie das Leid der Menschen im kommunisitischen Polen thematisiert werden. Wenn es noch dazu, so wie hier, in einem spielmechanisch sehr interessanten Spiel passiert – umso besser! Werft also selbst mal einen Blick auf Kolejka, beim Kauf achtet darauf die internationale Ausgabe zu erwischen!
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 5
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Preis: 24,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2013
Autor: Karol Madaj
Genre: Glück
Zubehör:

1 Spielplan, 1 Lieferwagen-Tableau, 30 Spielfiguren, 50 Aktionskarten, 5 Einkaufszettelkarten, 60 Warenkarten, 15 Lieferkarten, 5 Übersichtskarten, 1 Startspielerstein, 1 Marktfrauenfigur, Spielanleitungen in sechs Sprachen und zugehörige Aufkleber für die Karten

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