Bacchanalia

Die Bacchanalien – von kaum einer anderen Festlichkeit sind so viele Ungeheuerlichkeiten überliefert wie von den Festen zu Ehren des römischen Weingottes, Bacchus: gelebter Hedonismus, ekstatische Sexorgien, das Verspeisen noch lebender Tiere und noch vieles mehr. Diese Berichte sind die Grundlage für das Erzählspiel Bacchanalia.

In vino veritas

Die Spieler schlüpfen in die Rolle einer Person, die eines schweren Verbrechens angeklagt wird (zu Recht oder auch zu Unrecht) und deswegen auf der Flucht ist – und das nicht allein, sondern mit dem/der Liebsten, dem Amans. Der ist aber leider gerade verschwunden und so ist es die Aufgabe, eine Geschichte zu erzählen, in der man den Amans findet und mit ihm erfolgreich vor dem Ankläger fliehen kann.
Der Ort der Handlung ist der kleine, aber wunderschöne Ort Bertinoro und die Felder und sanften Hügel im unmittelbaren Umfeld davon. Der Geist von Bacchus ist hier eingekehrt, was sich am Anfang nur durch kleine Anzeichen bemerkbar macht, aber im Laufe des Spiels zu einer rauschenden Party ausufern wird. Von Wein, Weib und Gesang lassen sich natürlich gerne auch andere Götter und Fabelwesen anlocken, sodass Bertinoro bald der Schauplatz für die Spielchen eines beachtlichen Pandämoniums ist.
Bevor das eigentliche Spiel anfängt, stellt jeder seinen fiktiven Charakter kurz vor. Wie heißt er, was macht er, wer ist sein Amans, wieso ist er auf der Flucht, wer ist der Kläger und wo befindet er sich.

Sobald es mit dem Spielfluss anfängt, kommen die Karten ins Spiel. Unterschieden wird prinzipiell in Deus- und Umbra-Karten. Die Deus-Karten werden zu Beginn an die Spieler verteilt und wandern im Laufe des Spiels in bestimmten Situationen zu anderen Spielern weiter. In jedem Fall liegen sie immer offen vor den Spielern.
Die Umbra-Karten werden gezogen, sobald man am Zug ist. Vier an der Zahl hebt man vom Stapel ab. Jede Umbra-Karte ist einer Deus-Karte zugeordnet. Nun muss eruiert werden, welche der eigenen Deus-Karten die meisten zugeordneten Umbra-Karten hat. Davon ist abhängig, wie die Geschichte weiterläuft. Ist zum Beispiel der Satyrus die meist bediente Deus-Karte, muss zum einen der Schauplatz wechseln und zum anderen die Szene "sexuelle Hemmungslosigkeit" beinhalten. Herrscht hingegen zwischen einer oder mehreren Deus-Karten Gleichstand, muss der Charakter den Ort vorzeitig verlassen, weil er ihm "nicht genügend Amüsement, Begeisterung und/oder Spannung bietet". Dieser Art gibt es für alle vorherrschenden Deus-Karten bestimmte Vorschriften.

Die Geschichte kann auf mehrere Arten enden. Der eigene Charakter oder der Amans können sterben, natürlich gibt es aber auch das klassische Happy End mit gelungener und gemeinsamer Flucht. Die Vorgabe für das Ende kommt abermals von den Karten. Der Rest liegt in den erzählerischen Künsten der Spieler.
Das Spiel endet, wenn alle Spieler ihre Geschichte beendet haben oder ein vorher bestimmtes Zeitlimit erreicht wird.

Spieletester

17.04.2013

Fazit

Bacchanalia ist ganz klar ein Nischenprodukt. Die Allermeisten werden schon das erzählerische Spielprinzip und die Thematik abschrecken, diejenigen, die grundsätzlich interessiert sind und es mal probieren würden, werden das Spiel wohl nach dem ersten Versuch für schlecht befinden und wieder weglegen. Was sehr schade ist, weil mit Bacchanalia ein Produkt allererster Güte vorliegt. Fakt ist aber, dass für eine wirklich tolle Runde im Reich der rauschenden Feste neben der Bereitschaft, sich auf die Thematik einzulassen und dabei auch sehr persönliche Details preiszugeben auch Talent von Nöten ist. Eine Geschichte relativ spontan so spannend aufzubauen, dass die Mitspieler gebannt an deinen Lippen hängen, ist gar nicht leicht. Genau das braucht es aber, um die Bacchanalien wirklich mit Leben zu füllen, sodass man das Spiel voll und ganz genießen kann. Mit Übung ist hier sicher viel zu machen, wenn man bereit ist, ordentlich Zeit darein zu investieren, zumal die Anleitung eine wirklich tolle Auflistung mit Erzähltipps bereithält, die man tunlichst beachten sollte. Stichwort Anleitung: Die ist generell absolut gelungen, wenn auch recht lang. Viele wirklich gut gewählte und anschauliche Beispiele führen in das Thema ein, alle Regeln werden lückenlos erklärt. Ebenso genial sind die Illustrationen, die das Spiel mit einer jugendlichen Keckheit präsentieren, ohne dabei den ernsten Hintergrund zu verleugnen. Erwähnt sei hier ebenso, dass Bacchanalia sich neben der exzellenten schriftlichen Anleitung auch hervorragend selbst erklären kann. Dafür braucht man nur das augmented realtity-App Aurasma und ein Gerät, das diese App anwenden kann, schon kann man sehen, wie die Karten lebendig werden und einem das Spiel erklären. Probiert's aus, das ist super! Mann hat es gemerkt: Bei Bacchanalia geht es nicht ganz so zimperlich zu (bzw. wenn es das tut, macht's keinen Spaß). Wer also bei promiskuitiven und orgiastischen Erzählungen gleich rot anläuft bzw. bei brutaler Härte und blutigen Handlungssequenzen zur Übelkeit neigt, ist hier sicher nicht richtig aufgehoben. Eine gewisse Offenheit in diese Richtungen ist absolut von Nöten, dazu wiederrum braucht es neben Reife auch Selbstbewusstsein und -vertrauen. Bringt man das mit, kann Bacchanalia für viele aufregende Stunden sorgen!
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

Teilen mit facebook twitter

Kommentar verfassen

Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 6
Alter: ab 18 Jahren
Spieldauer: 150 Minuten
Preis: 12,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2012
Verlag: Narrattiva
Grafiker: Claudia Cangini
Genre: Kommunikation
Zubehör:

1 Spielregel (Deutsch, Englisch) 80 Karten

Anzeige

Statistik

Derzeit findest Du auf spieletest.at 7125 Gesellschaftsspiele-,
1656 Videospielrezensionen
2304 Berichte.