Der Eine Ring

Wildnis blieb Wildnis, und zu jener Zeit war sie auch ohne Orks immer noch gefährlich genug.

Smaug wurde besiegt, die Schlacht der Fünf Heere wurde gewonnen und Bilbo ist ins Auenland zurückgekehrt. Der Ringkrieg ist noch mehrere Generationen entfernt.


Mittelerde – wer kennt es nicht? Ich denke genau dort liegt der Segen und Fluch eines Spieles, welches den ‘Der Herr der Ringe‘ als Thema hat. Ein Anfänger hat es nicht schwer sich die Gegebenheiten vorzustellen, insbesondere nach der Verfilmung von Peter Jackson. Auf der anderen Seite ist so ziemlich jeder Stein unter das Mikroskop gelegt, von der Fangemeinde besprochen und in verschiedensten Rollenspielen verwendet worden. Etwas Neues ist von dort nicht zu erwarten.

Der Autor hat das geschickt gelöst, indem er das Gebiet Rhovanion ausgewählt hat. Dieses ist im ‘Kleinen Hobbit‘ ausführlich beschrieben, aber wird im ‘Der Herrn der Ringe‘ nur noch mit wenigen Sätzen bedacht. Die Zeit spielt fünf Jahre nach Bilbos Abenteuern und ist somit gute 70 Jahre vom Ringkrieg entfernt. Genug Zeit und Raum für die Charaktere, ihre eigene Legende zu schaffen. Die Helden sind normale Bewohner der Wilderlande, die beschlossen haben, auf Abenteuer auszuziehen. Mehr im Sinne von Samweis, dem Gärtner, als Gandalf, dem Zauberer. Es wird auch Wert auf ein klares Gut-Böse-Schema gelegt.

Diese Rezension zu Der Eine Ring ist in Kooperation zur Rezension zu The One Ring von Sascha Kersten entstanden. Inhaltlich unterscheiden sich die beiden Produkte nicht, lediglich das äußere Erscheinungsbild und die Sprache sind unterschiedlich.

Der eine Ring – Abenteuer am Rande der Wildnis präsentiert sich in einem stabilen Hardcover. Das Hardcover unterteilt sich in das Abenteuerbuch und das Spielleiterbuch. Außerdem sind noch zwei Karten der Wilderlande beigefügt. Einen Satz Würfel wie bei der englischen Ausgabe sucht man hier vergebens. Die Würfel einem Hardcover beizufügen wäre aber auch schwierig geworden. Über den Fachhandel sind die Würfel jedoch zu beziehen. Die liebevolle Gestaltung weiß zu gefallen und ist einer der großen Pluspunkte des Spiels. Mit John Howe ist hier einer der großen Tolkien-Illustratoren am Werk gewesen. Der Entwurf ist übersichtlich und aufgeräumt. Die Schrift hat eine angenehme Größe und lässt sich gut lesen. Die Bindung des Hardcovers macht bisher einen guten Eindruck, das Buch lässt sich ohne Probleme aufgeschlagen auf den Tisch legen und es bleibt dabei auch offen. Den Belastungen am Spieltisch sollte es somit gewachsen sein.

Die beigelegten Karten, ein wenig größer als DIN A3, zeigen beide Rhovanion bzw. das namengebende Wilderland. Die eine Karte ist im Tolkien-Stil gehalten und für die Spieler gedacht. Die andere enthält Hexfelder und Kennzeichnungen für den Spielleiter, um einen besseren Überblick zu behalten und die Reisephasen des Spiels zu gestalten.

Der erste Teil des Buches, das Abenteuerbuch, hat 174 Seiten. Auf nahezu jeder Seite ist ein zum Text passendes Bild zu finden. Die Kapitel und eine Menge von Abschnitten sind mit Zitaten überschrieben. Diese Verspieltheit und Ausführlichkeit ist sicherlich für Rollenspielneulinge eine echte Hilfe. Der Inhalt des Abenteuerbuch gliedert sich in sechs Teile.

  • Teil 1: Einleitung

  • Teil 2: Charaktere

  • Teil 3: Charaktereigenschaften

  • Teil 4: Charakterentwicklung

  • Teil 5: Abenteuermechanismen

  • Teil 6: Gefährtenphase

Die Charaktere werden aus sechs Kulturen ausgewählt: Bardinger, Beorninger, Zwerge vom einsamen Berg, Elben des Düsterwalds, Hobbits des Auenlands und Waldmenschen Wilderlands. Die Kultur bestimmt die Allgemeinen- und Waffenfertigkeiten, Kulturspezialitäten und die Hintergründe. Es gibt für jede Kultur sechs Hintergründe, diese werden ausgewürfelt oder ausgesucht. Der Hintergrund legt weitere Fertigkeiten, die Attribute und die besonderen Merkmale fest. Der Charakter wird dann noch mit einem der fünf Berufungen und Ausrüstung ausgestattet, dann ist er fertig. Die Berufe oder Berufungen fügen nicht nur spezialisierte Fertigkeiten hinzu, sondern auch weitere Merkmale und deren Schattenschwäche.

Die Gemeinschaft der Gruppe ist ebenfalls ein wichtiger Punkt bei Der Eine Ring und hat auch einige Regeln. Jeder der Charaktere wählt einen anderen Charakter als Fokus. Dieser Fokus kann dem Charakter Hoffnung geben oder mit ein wenig Pech in die Schatten ziehen. Die Gemeinschaft an sich hat auch einen Wert, der genutzt werden kann, um Hoffnung wiederzugewinnen. Hoffnung dient in der Regel dazu einen Würfelwurf zu verbessern.

Die Regeln an sich sind einfach: Der 12-seitige Würfel wird immer geworfen, dazu werden 6-seitige Würfel in der Höhe des Fertigkeitswerts dazu genommen. Die Zahlen werden addiert und mit dem Zielwert, der meistens 14 beträgt, verglichen. Ist das Ergebnis gleich oder höher, so ist es ein Erfolg. Die Gandalf-Rune zählt als höchstmögliches Ergebnis, das lidlose Auge als niedrigster Wurf oder Null. Die Rune auf dem sechsseitigen Würfel zeigt den Grad des Erfolgs an. Ist ein Charakter erschöpft, so werden die Zahlen 1-3 auf dem sechsseitigen Würfel als 0 gewertet. Die Fertigkeitswerte reichen von 0-6 und der maximale Startwert beträgt 3. Um sein Ergebnis zu verbessern, kann man einen Hoffnungspunkt ausgeben und den Wert des jeweils zugeordneten Attributs hinzu addieren. Bei spezialisierten Fertigkeiten darf man den spezialisierten Attributswert benutzen.

Eine weitere Besonderheit sind die Merkmale. Kann eine Probe mit einem Merkmal verbunden werden, so gilt dies als automatischer Erfolg. Dabei dürfen die Spieler ruhig kreativ werden, als Beispiel wird angeführt wie Holzarbeiten beim öffnen einer hölzernen Kiste helfen kann.

Die Entwicklung des Charakters wird durch Erfahrungspunkte und Fortschrittspunkte bestimmt. Erfahrungspunkte können zum Kauf von Tapferkeits- und Weisheitspunkten, sowie für Waffenfertigkeiten genutzt werden. Mit Fortschrittspunkten werden die allgemeinen Fertigkeiten erhöht. Mit Weisheit erlangt der Charakter besondere Gaben, die allgemein, wie das Erhöhen der Attribute oder kulturbedingt, wie Zwergenrunen sein können. Die Steigerung der Tapferkeit bringt neue oder verbesserte Ausrüstung mit sich.

Kommt es bei Der Eine Ring zu einem Kampf, bestimmt jeder Spieler, welche Kampfhaltung sein Charakter einnimmt. Jede der vier Haltungen Angriff, Bereitschaft, Verteidigung und Hinten hat einen Zielwert, gegen den gewürfelt wird. Wählt der Charakter die Angriffshaltung, so ist der Zielwert sehr niedrig, sowohl für den Charakter, als auch für den Gegner. Wird ein Gegner getroffen, so erhält dieser Schaden, den dieser von seinen Ausdauerpunkten abzieht. Wird ein kritischer Treffer erzielt, so erhält der Gegner eine Wunde. Für Nichtspielercharaktere ist dies meist tödlich, die Charaktere halten zwei Wunden aus.

Der Autor teilt das Spiel in 3-Phasen auf: Die Reise-, die Abenteuer- und die Gemeinschaftsphase. Es wird davon ausgegangen, dass jedes Abenteuer zunächst eine Reise enthält. Diese wird von den Spielern geplant und dann mit einer Reihe von Würfelproben abgehandelt. Dabei geht es um reine Ressourcenverwaltung; also wie viele Erschöpfungspunkte und Schattenlandpunkte bekommen die Charaktere, bevor sie ihr Ziel erreichen. Die Abenteuerphase ist dann das, was vor Ort passiert, hier findet die eigentliche Geschichte und die Action statt. Zum Abschluss, in der Gemeinschaftsphase, dürfen die Spieler dann beschreiben, was die Charaktere nach dem Abenteuer machen und wie sie sich entwickeln.

Das zweite Buch, das Spielleiterhandbuch, ist 137 Seiten stark und richtet sich, wie der Titel schon sagt, an den Spielleiter. Daran im Anschluss befinden sich noch einige Archetypen mit ausgefüllten Charakterbögen, ein Blanko-Charakterbogen und ein Index, welcher beide Bücher abdeckt. Die Seitennummerierung beginnt im Spielleiterteil nicht erneut bei eins, sondern setzt sich fort. Das Spielleiterhandbuch unterteilt sich in 5 größere Abschnitte.

  • Teil 1: Die Aufgaben des Spielleiters

  • Teil 2: Spielmechanismen

  • Teil 3: Der Schatten

  • Teil 4: Die Kampagne

  • Teil 5: Einführungsabenteuer

In dem Bereich der Spielmechanismen wird darauf eingegangen, wie ein Abenteuer grundsätzlich abläuft und wie die Grundlagen der Abenteuergestaltung aussehen. Die grundlegenden Mechanismen, wie Proben, Zielwerte, Fortschrittspunkte werden nochmals näher betrachtet und ausführlich beschrieben. Das gleiche gilt auch für die Gestaltung der Reisephase, der Kämpfe und der Begegnungsmodifikatoren. Es werden jeweils die Regeln, welche bereits im Abenteuerbuch beschrieben wurden, aufgegriffen und vertieft. Zahlreiche Beispiele, welche sich durchgängig im Regelwerk finden lassen, verdeutlichen die unterschiedlichen Spielmechanismen.

Die Schatten im Herzen der Charaktere spielen eine ebenso wichtige Rolle wie der Schatten, der sich in den Wilderlanden manifestiert. Daher beleuchtet ein eigenes Kapitel den Weg in die Dunkelheit, der sich für die Charaktere auftun könnte. Der phasenweise Absturz, der sich nach der Schattenlandschwäche des einzelnen Charakters richtet, ist ein gelungenes Konzept.
Ein weiterer Platz in diesem Kapitel ist den Widersachern der Charaktere gewidmet, alle typischen tolkienschen Gegner, welche in dieser Region Mittelerdes vertreten sind, sind hier aufgeführt. Orks, Trolle, Warge und Monsterspinnen um nur ein paar zu nennen.

Eine Zusammenfassung der wichtigsten zeitlichen Ereignisse und Orte macht noch einen weiteren größeren Teil des Buches aus und soll als Grundlage für eigene Geschichten dienen. Die dargebotenen Informationen bieten zahlreiche Aufhänger, um spannende Abenteuer zu gestalten.

Den Abschluss des Spielleiterbuch bildet ein Beispielabenteuer mit dem Titel Die Glocke im Sumpf. Das Abenteuer kommt ohne große Überraschungen aus, angedachte Proben in bestimmten Situationen sind im Text hervorgehoben und Verweise auf relevante Regelstellen wurden ebenfalls eingebaut. Alle notwendigen Spielmechanismen können so direkt spielerisch erfahren werden.

Die sechs Beispielcharaktere, der leere Charakterbogen und der auch schon angesprochene Index, welcher durchaus brauchbar ist, runden das Regelwerk ab.

Das Würfelset, welches dem englischen Schuber beiliegt, ist wie bereits eingangs erwähnt, nicht enthalten. Der Uhrwerk Verlag führt aber das entsprechende Würfel-Set in seinem Sortiment. Dieses besteht aus sechs 6-seitigen und einem 12-seitigen Würfel. Der 12-seitige Würfel zeigt die Zahlen 1-10, sowie eine Gandalf-Rune (12) und das Symbol des lidlosen Auges (11). Bei den 6-Seitern sind die Zahlen 4-6 ausgefüllt und die Zahl 6 enthält noch ein zusätzliches Runensymbol.

Spieletester

30.11.2011

Fazit

Das Ziel, ein Rollenspiel in Tolkiens Welt zu schaffen, erreicht das Spiel stimmungsvoll und mit einfachen Regeln. Aufgrund dieser Zugänglichkeit halte ich es für Anfänger und Fans gut geeignet. Wer allerdings den gesteckten Rahmen überschreiten möchte, wird recht schnell von den fast 'Old-School' anmutenden Regeln ausgebremst. Man darf auf folgende Quellenbücher gespannt sein, die das Spektrum und den Handlungsrahmen sicherlich erweitern werden. Das Lektorat oder die Korrektur des Buches hätte genauer erfolgen sollen, in der deutschen Version haben sich doch einige vermeidbare Sachen eingeschlichen. So taucht zum Beispiel im Inhaltsverzeichnis vom Abenteuerbuch der Punkt Hero Creation, wohl ein Überbleibsel aus dem englischen Original, auf. Während der Lektüre ist mir zumindest ein Verweis mit der Seitenzahl XXX aufgefallen. Alles in allem haben wir hier aber ein gutes Produkt, welches der Welt Mittelerde gerecht wird und den Spaß vermittelt das Wilderland zu erkunden.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 6
Alter: ab 12 Jahren
Preis: 50,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2011
Verlag: Uhrwerk Verlag
Genre: Rollenspiel
Zubehör:

2 Karten der Wilderlande (Spieler- und Spielleiterkarte), Würfel-Set ist separat erhältlich

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