VeloCity

VeloCity - Die Stadt der Fahrräder. Ein Spiel zum allgegenwärtigen Thema Umweltschutz? Nein, mitnichten. Einfach ein Fahrradrennen einmal quer durch die Stadt. Wer bewältigt den Weg am schnellsten? Oder bei Gleichstand: am langsamsten?

In VeloCity können die Spieler ihre multiple Persönlichkeit ausleben, jeder findet sich nämlich in der Rolle eines Teams von drei oder vier Pedalrittern wieder. Diese gilt es, mit Würfelantrieb schnell zum Ziel zu bringen. Wer nämlich zuerst drei Fahrer im Ziel hat, gewinnt das Spiel. Eine Partie zu dritt endet in jedem Fall so.
Bei höheren Spielerzahlen kann es so sein, muss aber nicht. Das Spiel endet nämlich auch schon, wenn insgesamt acht Fahrräder den Zielstrich gequert haben. Wer gewinnt dann? Jener Spieler, der die meisten Fahrräder im Ziel hat. Aufgrund der Mitspielerzahl wird es bei vier bis sieben Teilnehmern immer so sein, dass es in dieser Situation einen Gleichstand gibt. Jetzt läge es nahe, den Spieler zu würdigen, der zuerst seinen zweiten Fahrer im Ziel hatte; aber nein: Wer seinen zweiten Fahrer zuletzt im Ziel begrüßen durfte, ist Sieger des Spiels!

Um die komisch anmutende Siegbedingung zu erläutern, erkläre ich zuerst den normalen Zugablauf. Der sieht folgendermaßen aus:
Wer am Zug ist entscheidet sich vor dem Würfeln, ob er einen einzelnen seiner Radler ziehen oder von einer Pulkfahrt Gebrauch machen möchte. Ein Pulk muss immer aus ein oder mehreren eigenen Radlern und mindestens einem Fahrer aus einem anderen Team bestehen.
Solo- und Pulkfahrt haben ihre eigenen Vor- und Nachteile: Bei der Solofahrt habe ich nur einen Würfel, bei der Pulkfahrt habe ich die Auswahl aus mehreren Würfelergebnissen - bin also flexibler. Beim Pulk kann es aber sein, dass ich eine Figur aus einem anderen Team vorwärts bringe. Weiterer Nachteil im Pulk zu fahren: Ich muss vor dem Würfeln entscheiden, welche Figur ich ziehen will; bei der Solofahrt ist die Entscheidung erst nach dem Würfeln zu fällen.

Ich würfle also und ziehe eine eigene Figur (und eventuell eine fremde). Standen auf meinem Startfeld weitere Radfahrer, dürfen deren Besitzer gegen Abgabe einer "Vitamindose" (wohl sowas wie ein isotonisches Getränk) sie "im Windschatten" folgen lassen. Vitamindosen bekommt man, wenn man die blauen Felder am Spielplan anfährt. Gegenteilig die braunen Felder mit Kanaldeckel: Wer dort stehenbleiben möchte, muss eine Dose abgeben; sonst geht es zurück bis zum nächsten freien Kanaldeckelfeld (als Entschädigung gibt es aber eine Vitamindose). Weitere Anwendungsmöglichkeit der Vitamindosen: Ich kann sie für einen großen oder kleinen Antritt nutzen. Das heißt, ich würfle in beiden Fällen mit zwei Würfeln. Beim großen Antritt darf ich die Summe der beiden Würfel fahren, beim kleinen Antritt habe ich wenigstens eine doppelte Chance auf ein gutes Ergebnis.


Nachdem wir nun wissen wie das Spiel läuft, können wir wieder überlegen, was es mit der Siegbedingung auf sich hat. Und es wird schnell klar: Die Regelung ist für das Spiel mit drei Personen ohnehin nicht zutreffend, aber bei mehr Teilnehmern möchte man den Glücksanteil reduzieren und eine vorzeitige Entscheidung verhindern. Spielen ca. fünf oder mehr Spieler, so ist Entscheid über den Gleichstand fast die Regel. Es ist nämlich äußerst unwahrscheinlich, dass man drei eigene Fahrer im Ziel hat, ehe aus einer Meute von fast 20 Kontrahenten insgesamt sechs Fahrer die schwarz-weiß karierte Flagge sehen. Würde jetzt jemand seinen dritten Fahrer komplett vernachlässigen und alle Würfelpunkte auf die anderen beiden aufteilen, kämen diese naturgemäß rasch vorwärts. Dass der Spielspaß darunter leidet ist eine Nebensache, aber wenn es alle tun, beherrscht das reine Glück die Partie: wer am günstigsten würfelt hat seine beiden Fahrer als Erster im Ziel. Würde jetzt der beste zweite Fahrer den Sieg bringen, wüssten bei einem Gleichstand (und dieser tritt recht wahrscheinlich ein) alle anderen, dass sie sowieso umsonst spielen und den Ausgang nicht mehr beeinflussen können.

Die Siegbedingung hat also die positive Seite: Spannung bis zum Ende. Wo Licht ist, ist Schatten nicht weit. Bei einer großen Spielrunde hat man vielleicht gute Chancen mit dem nächsten Zug ins Ziel zu kommen. Blöd nur, wenn bis dahin vier andere Spieler ebenfalls die Gelegenheit hätten! Zu steuern wann man ins Ziel kommt, wird entsprechend schwierig.

Spieletester

17.06.2011

Fazit

Spiele mit einer breiten Angabe möglicher Spielerzahlen sind immer gerne gesehen. Aber ist die Angabe auch sinnvoll? Nein, keineswegs. Daran leidet auch VeloCity: Je mehr Spieler teilnehmen, desto glückslastiger wird das Geschehen. Ich würde die obere Teilnehmerzahl mit maximal 5 beschränken. Bei noch mehr Spielern entscheidet im schlimmsten Fall die Sitzreihenfolge über Sieg oder Niederlage. Gegen Spielende merkt man, ob man noch eine Chance auf den Sieg hat oder nicht. Haben andere schon einen Fahren im Ziel und einen kurz davor, ich aber erst meinen ersten in Zielnähe? Dann wird es wohl nicht klappen mit dem Sieg. Horrorszenario: Im Ziel ist nur noch 1 Platz frei, ich habe keine Chance zu gewinnen: Soll ich hineinziehen und durch das Besetzen des letzten Platzes die Partie beenden? Oder sollen es sich die Fahrer mit Siegchancen untereinander ausmachen, d.h. ich mache bei den restlichen paar Zügen irgendwas Sinnloses? Ich bin in der Rolle des Königsmachers... Vieles kommt aufs Glück an, was durch die Vitamindosen nur zum Teil ausgeglichen werden kann. Die Gegner auszubremsen ist nur indirekt möglich, indem man ihnen die Möglichkeit des Windschattenfahrens nimmt (am effektivsten am Weg zum Sieg ist nämlich meist, sich an eine Gruppe zu hängen und Windschatten zu fahren). Warum sollte ich mit einem Sprint nach vorne wegfahren? Das ist nur ein kurzfristiger Sieg, schließlich verliere ich selbst ja ebenfalls die Möglichkeit des Windschattens! Vielleicht sind sogar mehrere Teams in den Pulk involviert, ich verliere also mehrere Windschattenmöglichkeiten auf einmal. Meist komme ich mit Einsatz von zwei Dosen für das Windschattenfahren viel besser voran (bis zu 2x 6 Felder) als mit den zwei Dosen für den Sprint (was ja 1x max. 6 Felder Zusatzgewinn bedeutet). Ich war wirklich traurig, dass sich im Spiel so ein schlechtes Bild gezeigt hat. Dabei hat die Anleitung ganz interessant geklungen! Auch die Ausstattung des Spiels ist O.K., außer, dass (wie bei vielen anderen Spielen) eine überdimensionale Schachtel zur Anwendung kommt. Zudem ist das Wortspiel "VeloCity" => Velocity (englisch für Geschwindigkeit) in meinen Augen sehr gut. Schade, ich hätte VeloCity gerne gemocht. Aber es gibt einfach zu viele Dinge, die das Spielgefühl negativ beeinflussen.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 7
Alter: ab 8 Jahren
Spieldauer: 45 Minuten
Preis: 30,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2010
Verlag: Abacus Spiele
Autor: Kevin G. Nunn
Grafiker: Harald Lieske
Genre: Wettlauf
Zubehör:

1 Spielplan, 35 Radfahrerfiguren mit Aufklebern, 7 Teamwürfel, 1 Energiewürfel, 28 Vitamindrink-Dosen, 1 Spielanleitung

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