Dead of Night 2nd Edition

Ein Rollenspielsystem mit dem Thema Horror sollte einfach sein. Niemand möchte innerhalb eines spannenden Kampfes noch mal das Regelbuch zu Rate ziehen müssen, um herauszufinden, ob man noch diese oder jene Aktion in seiner Kampfrunde durchführen kann. Dabei steht dem geneigten Horror-Rollenspieler eine Vielzahl an Systemen zur Verfügung, von Klassikern wie Cthulhu angefangen, über die World of Darkness und die New World of Darkness, bis hin zu Neuerscheinungen wie Dead of Night. Und Letzteres wollen wir uns in dieser Rezension ein wenig näher anschauen.

Das Softcover-Buch von SteamPower Publishing, erschienen bei Cubicle-7, umfasst 186 Seiten und kommt in einem handlichen Format (etwas größer als DinA5) daher. Das scheint sich inzwischen bei immer mehr englischen Verlagen durchzusetzen und weiß zu gefallen. Das Cover ist ansprechender als das alte (ja, Dead of Night ist eine Neuauflage) und auch der Inhalt ist übersichtlich präsentiert. Fiktive Horrorfilmposter (perfekt, um auf einer Con-Pinnwand aufgehängt zu werden) sorgen für Atmosphäre (in schwarz/weiß) und auch die übrigen Illustrationen sind recht ansehnlich. Allein bei einigen Bildern erkennt man zu leicht, dass hier eher das Grafikprogramm tätig war als der bleistiftschwingende Illustrator (siehe die Zombies auf S. 72)

Dead of Night ist ein Rollenspiel, das sich den Lagerfeuergeschichten, Slasher-Filmen und dem B-Movie-Horror angenommen hat. Das zugrunde liegende System ist schnell zu lernen und sehr einfach, um der Atmosphäre am Spieltisch nicht im Weg zu stehen. Das Buch ist in sieben Kapitel gegliedert, denen sich ein Appendix anschließt.

Das System

Nach der obligatorischen Einleitung mit einem kurzen Abriss über „Was ist Rollenspiel und was brauche ich um Rollen-zu-spielen“, gibt Dead of Night direkt zu Beginn schon Hinweise (inklusive der entsprechenden Referenzkapitel), wie man mit dem Spiel anfängt:

* Erschaffe dein Monster
* Bereite die Szenerie
* Sorge für Spannung
* Wähle deine Opfer
* Und los geht’s!

Schon jetzt wird klar – Dead of Night ist kurzweiliger und ideal für One Shots, was auch an der Charaktererschaffung deutlich wird. Ein Charakter bei Dead of Night wird unter anderem durch vier Attributspaare definiert, auf diese Paare werden bei der Charaktererschaffung entsprechend Punkte verteilt. Dabei rangiert jedes Attribut zwischen 1 und 9, wobei Attribute zusammen von der Summe her immer 10 ergeben. Für einen fertigen Charakter sieht das dann so aus:

Identify: 7 / Obscure: 3 (Informationen finden oder verschleiern)
Persuade: 4 /Dissuade: 6 (Andere Menschen überzeugen oder von etwas abbringen)
Pursue: 5 / Escape: 5 (Verfolgen oder Weglaufen)
Assault: 6 / Protect: 4 (Kämpfen oder Verteidigen)

Außerdem gibt es noch die Möglichkeit, seine Attribute zu spezialisieren. Dazu addiert man 2 auf das höchste Attribut innerhalb des Paares und im Anschluss subtrahiert man 2 Punkte von den Attributen. Beispiel:

Berechnung der Spezialisierung (höchster Wert +2)

Assault: 6 / Protect: 4 / Vampir Hunter: (6 + 2 =) 8

Nun Berechnung der Kosten für die Spezialisierung (-2 sind frei verteilbar auf die Attribute)

Assault: (6 – 2 =) 4 / Protect: 4 / Vampir Hunter: 8
Assault: (6 – 1 = ) 5 / Protect: (4 – 1 =) 3 / Vampir Hunter: 8

Das Probensystem bei Dead of Night gestaltet sich genauso einfach. Für eine Probe in dem entsprechenden Attribut werden 2W10 geworfen und der Attributswert addiert. Ist das Ergebnis 15 oder höher ist die Aktion geschafft. Für vergleichende Proben wird der Schwierigkeitsgrad mit 10 + gegnerisches Attribut berechnet. Um dem Hockeymaskenkiller (Pursue: 8) zu entkommen, muss ich also mit 2W10 + Escape den Schwierigkeitsgrad 18 knacken.

Beim Kampf verhält es sich genauso. Gelingt einem ein Treffer, verliert der Gegner einen Survival Point, doch unterliege ich, verliere ich einen Survival Point und stehe dem Tode ein Stückchen näher (zu den Survival Points siehe unten).

Schließlich wird der Charakter abgerundet durch einen Nachteil oder einen Bad Habit. Für das Ausspielen dieses Nachteils (Neugierig, Tollkühn, usw.) und die dadurch entstandenen Konflikte kann der Spieler Survival Points erhalten.

Survival Points sind Trefferpunkte, Geistige Stabilität und Drama-Punkte zugleich. Das Konzept ist abstrahiert von den bekannten Trefferpunkten und gibt Auskunft darüber, wann der Spielercharakter „raus aus dem Film ist“. Jeder Charakter startet mit fünf Punkten, sollten diese aufgebraucht sein und ein weiterer Punkt ist fällig, wurde der Charakter aus der Story geschrieben (sei es durch Wahnsinn, Tod oder auch feige Flucht). Sollte das passieren noch bevor das Spiel beendet ist, kann der Spieler (sofern der Spielleiter es möchte) einfach einen neuen Charakter erschaffen oder einen Nichtspielercharakter (NSC) übernehmen.
Neben den Trefferpunkten halten die Survival Points aber auch als Drama- oder Fate-Punkte her, man kann damit die Handlung beeinflussen (Hinweis einfügen, Ort hinzufügen, Gegenstand „aus dem Hut zaubern“) oder regeltechnisch Beeindruckendes vollbringen (Attributspaar vertauschen, Neuwürfeln, Handlung eines anderen Charakters unterbrechen, eine Spezialisierung bekommen oder den Effekt eines anderen Survival-Points negieren)

Erhalten kann man diese Punkte durch:

* Das Würfeln eines Pasches
* Ausspielen von Horrorfilm-Klischees (wahrscheinlich das lustigste an einem Abend: „Trennen wir uns Leute!“)
* Ausspielen seines Nachteils
* Schöne Beschreibungen die zur Unterhaltung beitragen
* Erholung (eine Szene lang)

Außerdem erhält man zwei Punkte für das Überleben eines Szenarios, aber wer schafft das schon in einem Slasher?

Neben den Survival Points hat der Spielleier sogenannte Tension Points, die einen groben Rahmen festlegen wie die derzeitige Atmosphäre und Spannung ist. Dabei rangiert die Spannung von 1 (*gähn*) bis hin zu 15 (*The Horror! The Horror!*). Wann immer ein Spielercharakter oder ein Nichtspielercharakter einen Survival Points verliert, steigt die Tension um 1. Auch wenn ein Monster auf der Bühne erscheint, steigt die Tension um den Grad der Survival Points der Kreatur. Außerdem steigt die Tension bei der Würfelsumme 13. Mit den Tension Points kann der Spielleiter sich nicht nur orientieren was in punkto Beschreibung geht, sondern auch Würfe mit Boni oder Mali belegen.

Monstermash

Soviel zum System. Kapitel 4 beschreibt im Einzelnen wie man ein Monster entwirft und gibt entsprechende Archetypen, inklusive Film- oder Literaturbeleg vor (Der Jäger, Die Horde, Das Ding aus einer anderen Welt). Dann werden Monster beschrieben. Vom Geist über den Vampir, den Werwolf und die Zombiehorde bis hin zum lovecraftschen Schatten aus dem All ist alles dabei mit entsprechenden Attributen und Spielideen. Die Monster werden genauso erschaffen wie die Spielercharaktere, abgesehen von ein paar Spezialisierungen.

Filmgenres

Nun kommt ein Kapitel über Horrorfilme in allen Arten (Slasher, Splatter, Vampire Movie, Asian Horror, Zombie Apocalypse, Black Comedy). Für den Gelegenheits-Horror-Spieler ist das sicherlich sehr gut zur Übersicht, aber für den alten Horrorhasen überraschen die Genres natürlich nicht mehr. Dafür ist aber zu jedem Genre auch eine fiktive Filmzusammenfassung aufgeführt, die dem Spielleiter als Szenarioidee herhalten kann. Zu diesen Filmen existieren auch überall im Band die oben erwähnten Filmposter.

Horror-Tipps und Szenarios

Abgerundet wird der Band durch Spielleitertipps zu den Themen One-Shots und Nullvorbereitung fürs Spielleiten. Es folgen Ideen zu Hausregeln und Tipps zum Spielleiten eines Horror-Rollenspiels. Alte Hasen kennen die Horrorfilmklischees natürlich schon (z.B. aus Das Monster aus der Spätvorstellung), aber die kann man eigentlich immer wieder lesen (getting naked means getting killed – oh yeah!). Dead of Night enthält vier Szenarios: Unhallowed (Höllische Endzeit nach dem Kampf gegen Gut und Böse – Ratet wer verloren hat.), Cold Fusion (Horror im Kanadischen Reaktor mit dem obskuren Material Zero), Dust (Asian-Horror Remake mit R-Maps und Geistern in einem Apartmenthaus) und When Johnny Came Home (Ein Ding aus einer anderen Welt trifft auf Mannequin – Das pure Grauen!).

Den Abschluss bilden Tipps für Filme, Bücher und zwei Referenzbücher über Horror. Schließlich folgen der Index (nicht selbstverständlich für englische Bücher!) und der Charakterbogen.

Spieletester

01.04.2011

Fazit

Dead of Night erfindet das Rad sicherlich nicht neu was Horror-Rollenspiele betrifft. Das System ist dennoch sehr schlank, einfach zu erklären, leicht zu erlernen und kann ideal für One Shots verwendet werden. Kampagnen kann ich mir allerdings weniger vorstellen, da sich die Charaktere prinzipiell kaum verändern. Aber dafür ist das System auch nicht gedacht. Die Filme mitsamt den Postern gefallen mir sehr gut und erinnern an alte Cthulhu Zeiten (Blood Brothers). Die gesamte Aufmachung des Buches weiß zu gefallen und auch der Stil und die immer wiederkehrende Filmanalogie sind stimmungsfördernd. Ein bisschen mehr hätte ich mir bei den Literaturtipps gewünscht und schön wäre auch ein Referenzblatt gewesen, auf dem alle Regeln (denn so viele sind es ja nicht) noch mal kurz zusammengefasst sind, damit neue Spieler gleich informiert sind. Schade auch, dass Dead of Night mit 29,99$ ziemlich teuer ist und vielleicht nicht so vielen ins Auge fällt, denn es ist kein schlechtes Spiel und sicherlich mehr als interessant für alle Freunde des gepflegten One Shots.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 6
Alter: ab 15 Jahren
Preis: 23,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2010
Verlag: Cubicle 7
Grafiker: Paul Bourne
Genre: Rollenspiel
Zubehör:

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