Merkator

Merkator hat viel mit dem Markt zu tun. Kein Wunder, der Markt steckt mit allen seinen Buchstaben drinnen. Merkator hat jedoch nichts mit deutscher Politik (Merk..) und auch nichts mit Fußball (..tor) zu tun. Begeben wir uns also in die Welt der Geschäftemacherei und schauen mal, wo sich Wein, Tuch und Kohle gewinnbringend versilbern lassen. Obwohl, das werden wir noch sehen, Geld eine nur untergeordnete Rolle als Wechselgeld spielt. Und nicht einmal das müsste wirklich sein.

Die zentrale Rolle, vorerst nur spieltischtopologisch betrachtet, spielt der Spielplan mit sechs Hauptorten und vier Nebenorten sowie Spanien mit Eigenschaften beider, quasi als „Zwischen-Haupt-und-Nebenort“. Die Hauptorte sind mit zwei bis drei weiteren Hauptorten über Straßen verbunden, die Nebenorte liegen etwas abseits. Diese Gegebenheiten wirken sich nicht nur in der Erreichbarkeit der Orte aus, sondern auch die Bestückung der Orte mit Waren definiert sich damit. Waren gibt es nur auf Hauptorten und Spanien abzuholen, die Reise dorthin bringt Zeitmarker oder kostet zumindest keinen, außer einen nach Spanien. Für die Reise in Nebenorte muss man bis zu drei Zeitmarker abgeben. Nebenorte haben den Nachteil, dass dort nie deponierte Waren abzuholen sind. Nebenorte haben aber den Vorteil, dass man, sofern man beide Bonuskarten von dort hat, immer vier Waren bekommt. In Hauptorten bekommt man, was verfügbar ist. Diese Verfügbarkeit ergibt sich durch Auffüllen mit einer von acht farblich passenden Waren, wenn der Merkator-Stein in einen mit Straße verbundenen Hauptort gezogen wurde. Reist der Merkator-Stein in einen Nebenort, wird in den dort angegebenen Hauptorten je eine Ware dazugelegt. Man weiß, wo welche Waren hinzukommen.

Kurze Zusammenfassung 1:
Hauptorte stellen zumeist Waren zur Verfügung, haben eine verfügbare Bonuskarte, sind mit Straßen mit anderen verbunden, diese Verbindungen definieren das Auffüllen der anderen Hauptorte mit Waren. Reisen dorthin bringen (zumeist) Zeit.
Nebenorte haben keine Waren, aber zwei verfügbare Bonuskarten, das Auffüllen mit Waren ist situationsabhängig. Reisen dorthin kostet Zeit.

Das Reisen ist recht einfach.
Man zieht den Merkator auf einen Ort und schon ist man dort. Man zahlt oder bekommt Zeitmarker. Zu bezahlende kommen in den Vorrat, bekommt man welche, nimmt man sie vom Zeitplan. Ist der Zeitplan leer, macht jeder noch einen Zug und das Spiel ist aus.
Kleiner Vorgriff, aber so ist das eben.
Bis dahin dauert es aber noch, 21 Zeitmarker im Spiel für zwei Personen und bis zu 29 im Spiel für vier.

Waren, die man durch „Plünderung“ eines Hauptortes und/oder durch Besitz passender Bonuskarten (sie kosten 3 oder 4 Geld) bekommt, lagert man im eigenen Kontor. Dabei hat jede Ware eine Doppelrolle. Blaue Waren sind Wein oder Pflaumen, graue Waren sind Tuch oder Steinkohle, rote Waren werden als Gewürze oder Südfrüchte eingelagert. Die Bonuskarten geben genau vor, was man bekommt. Waren aus einem Hauptort sind so auf die beiden möglichen Warensorten aufzuteilen, dass jede Sorte einen bekommt. Der Rest darf nach Bedürfnissen zugeteilt werden. Fünf gelbe Waren aus Danzig sind damit 1:4 bis 4:1 auf Getreide und Salpeter aufzuteilen. Die Reisetätigkeit hat aber noch einen weiteren Zweck, nämlich das Erledigen von Aufträgen. Vier Aufträge mit den Werten 2, 3, 4 und 5 bekommt man bei Spielbeginn, sie finden im unteren Bereich des Kontors Platz.
Der Vertrag „Italien: liefere ein Tuch, ein Tran” hat den Wert fünf. Es ist allerdings nicht so, dass man fünf Geld für diese Lieferung bekommt und den Liefervertrag samt den beiden Waren abgibt. Vielmehr gibt man nur die Waren ab, behält den Vertrag und wird mit einem Vertrag der nächsten Stufe 6 belohnt. Dieser Vertragswert ist gleichbedeutend mit Siegpunkten.
Erfreulicherweise gibt es drei Optionen, um für einen Vertrag fehlende Waren zu ertauschen:

1) vier beliebige, gleiche Waren aus dem Kontor = eine beliebige Ware
2) vier Zeitmarker = eine beliebige Ware
3) eine rote Ware vom Nachschubplättchen = ein Gewürz oder eine Südfrucht (das gilt auch für die anderen Farben)

Erfüllt ein Spieler einen Vertrag mit Wert 10, bekommt er als Bonus die Vertragskarte "Westfälischer Friede" mit 14 Siegpunkten. Danach macht jeder Spieler noch einen kompletten Zug.

Kurze Zusammenfassung 2:
Alle Waren haben eine Zwitterrolle und das Kontor bietet allen 16 Waren Platz. Ein erfüllter Vertrag bleibt dem Spieler und bringt als Lohn einen Vertrag der nächsten Stufe. Verträge können zu Beginn des Zugs zu Geld gemacht werden. Tauschoptionen erleichtern das Erfüllen von Verträgen, vor allem, wenn man noch Waren auf dem Nachschubplättchen hat. Das bekam man, mit allen acht verschiedenen Warenmarkern gefüllt, am Spielanfang.

Chronologisch völlig daneben komme ich nun trotzdem zum Beginn eines Spielzugs, der für Investitionen vorgesehen ist, die ganz am Beginn des Spiels eher nicht getätigt werden. Man kann dazu Verträge „versilbern“, also gegen Geld tauschen, und Bonuskarten oder Gebäudekarten, diese bringen am Spielende Siegpunkte, kaufen. Hat man am Anfang seines Zugs sechs oder mehr Verträge im Kontor, MUSS man welche verkaufen, Zwangsinvestition nennt man das.
Dabei darf ein Spieler NIE mehr als 15 Geld nach der Phase Investition haben.

Kurze Zusammenfassung 3:
Verträge kann man verkaufen und dafür Bonuskarten oder Gebäudekarten kaufen. Geld dient eigentlich nur als Wechselgeld.

Damit wäre eigentlich ein ganzer Spielzug erklärt.
Investieren – Reisen – Waren nehmen, Zeitmarker nehmen oder abgeben – Verträge erfüllen oder nicht – UND?
Und jeder Mitspieler darf nun kostenpflichtig mitreisen.
Mitspieler werden zu Mitreisenden, das kostet Zeitmarker als „Benzingeld“. Dafür darf ein Mitgereister genau so agieren, als wäre er selbst dorthin gereist. Einzig die Bonuskarten bringen nur eine Ware statt zwei.
Mitreisen ist eine sehr mächtige Option, die über Sieg und Niederlage entscheiden kann und wohl auch wird.

Kurze Zusammenfassung 4:
Mitreisende zahlen Reisemarker an den Reiseleiter und agieren am Reiseziel, als wären sie eigeninitiativ hingereist.

Hier noch eine taktische Anmerkung für das Spiel mit drei und, noch wichtiger, mit vier Spielern: Zeitmarken sind SEHR KOSTBAR, ohne Zeitmarken ist das Mitreisen keine Option!

Spieletester

29.04.2011

Fazit

Merkator ist (k)ein ungewöhnliches Spiel. Ressourcenmanagement, wie man es von Le Havre her kennt, ist notwendigstes Know-How. Der einzelne Spielzug ist einfach strukturiert, das Spielmaterial unterstützt dabei so gut es geht, auch das Spielziel ist klar. Dass erfüllte Verträge mit dem nächsten Vertrag belohnt werden, mag zwar marktwirtschaftlich verständlich sein, ist aber doch ungewöhnlich. Zudem darf man sich den Folgevertrag nicht aussuchen. Da stellt sich manchmal die Frage, ob man den Vertrag in Böhmen, wovon man keine Bonuskarte hat, denn wirklich haben will. Auch wenn das Spielmaterial toll ist und die Vorratskistchen für die Waren auch noch praktisch, haben wir trotzdem den emotionalen Zugang zu Merkator noch nicht ganz gefunden. Hoffentlich gibt es ihn, wir haben die Suche noch nicht aufgegeben. Kurze Zusammenfassung 5: Tolles Spiel mit vielen Tuningmöglichkeiten (man kann das Geld auch weglassen) was Spieleranzahl (1 bis 4), Spieldauer (60 Minuten bis ein paar Stunden) und Spieltiefe (Mittelmeer bis Marianengraben) betrifft. Hinweis: Die Gebäudekarte "Alsterhaus" bringt (druckfehlerbedingt) bei der Schlusswertung "1 Punkt pro Warenstein im Lager". Das Lager bietet Platz für zehn verschiedene Waren. Kann man sich die Karte um 14 Geld früh genug kaufen und lagert man ordentlich Waren ein, kann man schon mal 30 Punkte (wie Albert am 17.12.2010) damit lukrieren. Uns kam die Karte zu mächtig vor, das Preis/Leistungsverhältnis ist gigantisch gut. Heute haben wir Verlierer auf der Homepage des Verlags nachgelesen und haben den Fehler entdeckt: Die Karte bringt nur "1 Punkt pro WarenSORTE", damit also maximal zehn Punkte. Wir haben kurzerhand per Handy Albert den Sieg aberkannt. Die Welt der Verlierer ist wieder in Ordnung!
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

Teilen mit facebook twitter

Kommentar verfassen

Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 1 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 70 Minuten
Preis: 30,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2010
Verlag: Lookout Spiele
Autor: Uwe Rosenberg
Grafiker: Klemens Franz
Genre: Wirtschaft
Zubehör:

Spielregel, Spielaufbaublatt, 2 Spielpläne, 4 Pläne "Kontor", 4 Übersichtsplättchen "Wertung", 4 nachschubplättchen, 1 Zeitplan, 1 Merkator-Figur, 120 Karten (16 Bonuskarten, 26 Gebäudekarten, 78 Vertragskarten), ca. 320 Holzwürfel in 8 Farben, 42 Zeitmarken, 24 Münzen (Stückelung 1,2 und 5), 9 Pappschachteln zum Zusammenstecken

Anzeige

Statistik

Derzeit findest Du auf spieletest.at 7125 Gesellschaftsspiele-,
1656 Videospielrezensionen
2304 Berichte.