Savage Worlds - Hellfrost

In der deutschen Rollenspielszene hat sich ein System in den letzten Jahren vom Randprodukt zu einem allgemein bekannten und etablierten Faktor entwickelt: Die Rede ist von Savage Worlds. Die Gemeinschaft der Rollenspieler ist geteilter Meinung über dieses junge System. Während viele es für unnötig kampflastig und überzogen pulpig halten, haben etliche Gruppen komplett auf Savage Worlds als generisches System für alles gewechselt oder sehen darin zumindest eine Art „Rollenspieleresperanto“, dessen man sich bedienen kann, um schnellen Zugang zu einer ganzen Reihe hochwertiger Spielwelten und Abenteuer zu ermöglichen, die man dann an die eigenen Lieblingssysteme anpassen kann.
In deutscher Sprache erscheinen die Werke beim Verlag Prometheus Games. Um diesen wurde es personell bedingt im letzten Jahr recht ruhig, bis er nun langsam wieder Fahrt aufnimmt. Als erste Veröffentlichung der, wie die Fans hoffen, neuen Ära ist hier das Material zur Szenarienwelt „Hellfrost“ zu nennen, dessen Spielerhandbuch den ersten Teil des dreigeteilten Grundstocks darstellt (Bestiarium und Atlas sind bereits angekündigt).

Wer das Hellfrost-Spielerhandbuch zum ersten Mal in der Hand hält, ist schon allein über das Format überrascht, welches im typischen DIN A4 daher kommt und somit deutlich größer ist als die typischen Savage Worlds-Bücher von Prometheus. Laut offizieller Stellungnahme ist dies jedoch keine Abkehr des bei den Fans so beliebten Unterformats, sondern stellt eine Ausnahme für die drei Grundbücher von Hellfrost dar, die vor allem den Karten im noch nicht erschienenen Atlas geschuldet ist, welche sonst unlesbar klein wären.

Was findet sich also auf den 150 DIN A4-Seiten in Hochglanz und Vollfarbe mit phänomenal guten Illustrationen? Alles, was ein Spieler braucht, vorausgesetzt er verfügt über das Grundregelwerk Savage Worlds Gentleman’s Edition – schließlich handelt es sich hier um eine Weltenbeschreibung und kein eigenständiges System.
Den Anfang macht ein kurzes Kapitel, das die Welt Rassilon knapp anreißt. Diese war ursprünglich eine recht typische Fantasywelt, bis sich von Norden her der bösartige Weltenfrost immer weiter ausdehnte und nun die ganze Welt zu ersticken droht. Die Welt ist in ihrer Schilderung deutlich folkloristischen, vor allem skandinavischen Mythen entnommen. Viele Begriffe sind daher alten nordischen Sprachformen entnommen. Dieses erste Kapitel ist wirklich nur sehr kurz, da die ausführliche Schilderung der Welt Rassilon erst im Atlas erfolgen wird. Die nächsten Abschnitte des Spielerhandbuchs befassen sich (in teilweise etwas eigenwilliger Reihenfolge) mit der Erschaffung und den Eigenarten von Charakteren in Hellfrost. Nach einer einführenden Liste werden zunächst die sechs Spielerrassen (Engro, Frostblut, Frostzwerg, Herdelf, Mensch und Taigaelf) geschildert. Hinzu kommen neue Talente und Handicaps.

Nach dem Kapitel zur Ausrüstung wird die Magie Rassilons erklärt. Während die Heckenmagie eher so etwas wie überlegenes Wissen in Kräuterkunde ist, funktioniert die „echte“ Magie nach anderen Regeln als im Grundregelwerk festgelegt. Anstatt Machtpunkte für einen Zauber ausgeben zu müssen, spielt ein Magier in Rassilon mit dem Risiko. Schlägt sein Magieeinsatz fehl, so erleidet der Zauberer den mysteriösen Sog, der temporär oder gar dauerhaft seine Magiefähigkeit verringert. Zusätzlich zu diesem neuen Mechanismus enthält das Spielerhandbuch noch ein ganzes Kapitel voller neuer oder abgewandelter Zaubersprüche.

Vier weitere Kapitel widmen sich dem Leben der Sterblichen von Rassilon, an dem die Spielercharaktere sinnvollerweise beteiligt sind. In einem werden die Religion und die Götter der Welt beschrieben, ein weiteres liefert eine Abhandlung mächtiger Organisationen in Rassilon, denen die Charaktere begegnen oder angehören können, und ein drittes schildert das Leben und den Alltag in Rassilon. Ein viertes Kapitel stellt einen neuen Mechanismus vor, um Ruhm und Ehre der Spielercharaktere zu messen. Dadurch kann der Ruf und der Einfluss der Figuren in der Welt abgeschätzt werden. Die Regeln sind recht simpel: Durch seine Ruhmestaten bekommt ein Charakter Ehrenpunkte zugesprochen. Diese kann er für ehrenbedingte Vorteile wie Handlanger oder Kontakte ausgeben. Das Prinzip funktioniert recht gut, wobei es Geschmackssache ist, ob man solche sozialen Mechanismen mag oder eine regelfreie Entscheidung durch den Spielleiter bevorzugt. Den Abschluss des Werkes macht eine Abhandlung über Sonderregeln, die für das Spiel in Hellfrost notwendig sind – vor allem natürlich solche, die Winterwetter, Eiswüsten und Erfrierungen abdecken.

Allgemein ist der Text lesenswert. Die Übersetzung ist konsistent und hat nur kleinere Fehler, über Sinn und Unsinn gewisser gewählter Übersetzungen kann man vermutlich länger diskutieren, als ein Spielabend lang ist. Das Buch ist leider etwas unorganisiert, da vor allem die Reihenfolge der Kapitel teilweise etwas eigenwillig ist.


Spieletester

Fazit

Ein hochwertiges Spielerhandbuch zu einer interessanten Welt. Aber eben auch nur das. Es bietet vielfältige Regeln und Ideen, stellt aber keine vollständige Spielwelt dar. Für den Rest der Beschreibung muss der Spielleiter entweder geduldig auf weitere Veröffentlichungen warten oder ihn dazuerfinden.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Preis: 34,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2010
Genre: Rollenspiel
Zubehör:

150 vollfarbige Seiten

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