Starblazer Adventures

Das Spiel ist nur in englischer Sprache erhältlich.

Starblazer Adventures vom englischen Publisher Cubicle 7 ist nicht nur auf den ersten Blick ein imposantes Rollenspielbuch. Das massige Hardcoverbuch mit seinen 629 Seiten, inklusive einem umfangreichen Index, liegt schon schwer in der Hand. Das Cover zeigt ein Raumschiff vor einem Planeten, der Stil erinnert an Comics der 80er Jahre. Und so ist es dann auch, das Rollenspiel Starblazer Adventures hat als Hintergrund die britischen Starblazer Science-Fiction-Comics. Veröffentlicht wurde diese Comic-Reihe von 1979 bis 1991 von D. C. Thomson & Co. Ltd. Die Starblazer Comics waren einzelne, in sich abgeschlossene Geschichten über galaktische Sternenreiche, fiese Bösewichter, Roboter und vieles mehr. Das alles findet man nun auch in dem vorliegenden Regelwerk wieder.

Ist schon das Äußere des Buches als imposant zu bezeichnen, so setzt sich dies auch im Inneren des Buches fort. Die sehr gute Bindung wird einem regen Gebrauch des Buches nicht im Wege stehen. Der Inhalt des Buches ist komplett in Schwarz-Weiß gehalten. Die Schriftgröße ist sehr angenehm und die Seiten sind auch nicht mit Text überfrachtet. Alles macht einen sehr aufgeräumten und durchdachten Eindruck. Die Starblazer Comics sind im Buch allgegenwärtig. Zahlreiche Illustrationen lockern den ohnehin schon lockeren Text noch weiter auf und regen dazu an, sich die tollsten Geschichten auszudenken. Jedes Kapitel, davon gibt es immerhin 34, wird mit einer ganzseitigen Illustration eingeleitet. Die Kapitel sind in der Regel auch recht kurz, was angenehm beim Lesen des Buches ist.

Als Regelsystem greifen die Autoren Chris Birch und Stuart Newman auf das FATE 3.0 System zurück und das entpuppt sich als ausgezeichnete Wahl. Die Version 3 des FATE-Systems ist erst 3 Jahre alt und unkonventionell im Hinblick auf andere Rollenspielsysteme. Beim FATE-System handelt es sich primär um ein Erzählrollenspiel, welches aber auch interessante Simulationen darstellen kann.

Eine Grundlage für das FATE-System bildet eine allgemein gültige Skala. Diese Skala kann Werte von -3 bis +8 einnehmen. Die Werte auf dieser Skala werden mit Attributen wie Terrible/Schrecklich(-2), Average/Durchschnittlich(+1), Good/Gut(+3) oder Legendary/Legendär(+8) beschrieben. Anhand dieser Adjektive wird die Qualität von Dingen im Starblazer Universum beschrieben. Zum Beispiel gibt es den guten Piloten, oder auch die Mächte eines riesigen außerirdischen Monsters können legendär sein.

Die hier vorgestellte Version von FATE benötigt nicht die vielleicht aus vorherigen Versionen bekannten FUDGE-Würfel, sondern kommt mit 2 normalen sechsseitigen Würfeln (2W6) aus. Bei einer Probe werden generell beide Würfel geworfen und der Wert des einen Würfels von dem des anderen abgezogen. Hier bietet es sich natürlich an, vorher festzulegen, welcher Würfel von welchem abgezogen wird, Würfel in unterschiedlichen Farben helfen hier weiter. Die Würfelergebnisse können auf Grund dieser Mechanik Werte von -5 bis +5 annehmen. Handelt es sich um eine Fertigkeitsprobe, so addiert man den Wert der Fertigkeit und eventuell weiterer Modifikatoren zu dem Würfelergebnis. Erreicht man mit dem Ergebnis den Zielwert, so ist die Probe erfolgreich. Jeder Punkt über dem Zielwert erzeugt einen sogenannten shift, eine Verschiebung, welche weitere Auswirkungen auf das Spielresultat haben können.

Schauen wir uns das System mal in einem kleinen Beispiel an:
Der gute (+3) Pilot eines Raumjägers möchte durch ein sehr dichtes Asteroidenfeld navigieren. Hier wird eine Probe auf die Fertigkeit Pilot fällig. Der Spielleiter hat den Schwierigkeitsgrad für dieses Asteroidenfeld zuvor auf fantastisch (+6) fest gelegt. Der Spieler würfelt nun mit einem Würfel eine 5 und mit dem zweiten Würfel eine 2. Er zieht die 2 von der 5 ab und erhält ein Ergebnis von 3. Dazu addiert er seinen Pilotenwert von Gut (+3) und erhält ein Endergebnis von Fantastisch (6). Damit schafft er es, durch das Asteroidenfeld zu fliegen ohne seinen Raumjäger zu Sternenstaub zu zerbröseln.

Charaktere in Starblazer Adventures werden nicht über Attribute oder Eigenschaften definiert, sondern setzen sich aus Fertigkeiten mit passenden Stunts und, ganz wichtig, den Aspekten zusammen. Während Fertigkeiten und Stunts beschreiben was ein Charakter wie gut kann, dienen Aspekte dazu einen Charakter zu beschreiben und auszuschmücken. Fertigkeiten sind also Fähigkeiten wie zum Beispiel Athletik, Pilot, oder auch Waffen. Ein passender Stunt zur Fertigkeit Athletik ist Sicherer Fall, welcher sich halt nun in bestimmten Situationen einsetzen lässt. Einfache Stunts geben meistens +1 und Fortgeschrittene +2 auf den Würfelwurf.

Sind die Fertigkeiten und Stunts noch sehr verständlich, wird es bei den Aspekten etwas schwieriger. Wie oben angeführt, sollen Aspekte einen Charakter beschreiben und die Eigenarten verdeutlichen. Neben Charakteren können aber auch Gegenstände, Organisationen, Orte und Situationen über Aspekte verfügen. Eigene und fremde Aspekte lassen sich erwecken (invoke), greift man auf einen Aspekt zu, welcher nicht dem eigenen Charakter gehört, so spricht man von erzwingen (compel). Einen Aspekt erwecken bedeutet diesen in die Spielsituation erzählerisch einzubauen. Dies bringt einen Bonus von +2 auf den Würfelwurf.

Wie könnte nun so ein Aspekt aussehen?
Aspekt: Hm, was passiert wenn ich diesen Knopf hier drücke?
Wenn dieser Aspekt aktiviert wird, dann drückt der Charakter auf den für diese Situation passenden Knopf. Wird dieser Aspekt jedoch erzwungen, dann wird ausgerechnet der falsche Knopf durch den Charakter gedrückt.

Betrachtet man die Aspekte, so muss man im Grunde gleichzeitig auch die Fate Points betrachten. Bei den Fate Points handelt es sich um Schicksalspunkte, welche nicht nur Charakteren, sondern auch Organisationen, Monstern und Konstruktionen zur Verfügung stehen. Jeder Einsatz eines Aspekte, sei es nun per erwecken oder erzwingen kostet einen Schicksalspunkt. Weiterhin kann man sich durch einen Schicksalspunkt einen +1 Bonus erkaufen oder auch Details in der Spielwelt beeinflussen. Euer Charakter benötigt einen Schneidbrenner um durch dieses Schott zu gelangen? Für einen Schicksalspunkt hat er doch sicherlich die passende Ausrüstung dabei. Doch Schicksalspunkte wollen nicht nur ausgegeben, sondern auch erworben werden. Auch dies funktioniert wieder über Aspekte. Gereicht ein erzwungener Aspekt dem Spieler zum Nachteil, so hat er sich einen Schicksalspunkt dafür verdient. Aufgrund dieser Mechanik sollte es zu einem regen Austausch von Schicksalspunkten zwischen Spielern und Spielleiter kommen.

Anders als bei vielen anderen Rollenspielsystemen verfügt Starblazer Adventures nicht über Trefferpunkte als Maß für die Gesundheit, sondern über Stress. Hier wird zwischen physischem Stress und der Gemütsruhe unterschieden. Sollte der Fall eintreten, dass auch das letzte Kästchen einer Stressreihe abgehakt wurde, so wird der Charakter aus der aktiven Handlung herausgenommen und ist somit handlungsunfähig. Um diesem Zustand entgegenzuwirken, kann ein Charakter Konsequenzen auf sich nehmen. Die Schwere der Konsequenzen entscheidet dann darüber, wie viele Kästchen auf dem Stressmonitor wieder frei werden.

Eine weitere Besonderheit ist das Bewegungssystem. Das System ist abstrakt gehalten, Bewegungen erfolgen über Zonen hinweg. Die Definition der Zonen wird bei der Beschreibung der Szene festgelegt. Für Bewegungen über mehrere Zonen hinweg wird ein Fertigkeitswurf verlangt, das Ergebnis entscheidet dann über Erfolg oder Misserfolg.

Dies sind im Grunde die elementaren Regeln von Starblazer Adventures, selbstverständlich werden diese und weitere Regeln im Buch noch weiter vertieft und ausgebaut. Hat man sich aber diese Kernregeln verinnerlicht, kann man ohne Probleme mit dem Spielen beginnen. Im Folgenden schauen wir uns noch ein paar Punkte etwas genauer an.

Von besonderem Interesse ist die Charaktererschaffung. Das Buch gibt vier Level vor, dabei ist die Charaktererschaffung ein Gruppenereignis, welches auch entsprechend mit der gesamten Spielgruppe durchgeführt werden sollte. Die vier Level sind: Characters on the fly, Gritty Campaign, Standard Campaign, Heroic Campaign. Mit jedem Level steigt die Mächtigkeit und Kompetenz der Charaktere, daher ist es anfangs eher empfehlenswert auf einem niedrigeren Level zu beginnen, um ein Gefühl für das Spiel zu bekommen. Der Gruppenaspekt bei der Charaktererschaffung kommt dadurch zustande, dass jeder Charakter schon Protagonist in einer oder mehreren Starblazer Legends war und dass die Geschicke der anderen Spielercharaktere als Gaststars mit eben jenen Starblazer Legends verbunden sind. So erhält man viele kleine Geschichten rund um die Charaktere. Diese Geschichten als Grundlage nehmend entwickeln die Spieler dann auch die Aspekte ihrer Charaktere.

Im Anschluss an diesen Schritt wird noch eine feste Anzahl von Fertigkeitspunkten verteilt. Beim FATE-System werden Fertigkeiten in einem Pyramidensystem dargestellt. Eine oder wenige herausragende Fertigkeiten stehen an der Spitze und die Anzahl der Fertigkeiten nimmt zur Basis hin zu. So sieht man auch direkt, in welchem Feld ein Charakter besonders gut ist und welche Rolle er in der Gruppe einnimmt.

Eine weitere abstrakte Handhabung widerfährt der Fertigkeit Ressourcen. Bei Starblazer Adventures wird nicht mit Geld hantiert. Alle Besorgungen und der Zugriff auf Güter werden über die Fertigkeit Ressourcen gehandhabt. Jeder Gegenstand hat einen Wert, den es mit einem Wurf auf seine Ressourcen-Fertigkeit zu erreichen gilt. War die Probe erfolgreich, so konnte man den gewünschten Gegenstand erwerben, bzw. besorgen.

Jetzt haben wir schon einiges über Aspekte, Fertigkeiten und Stunts gelesen, daher sei hier auch erwähnt, dass die drei zugehörigen Kapitel gut 120 Seiten im Regelbuch einnehmen und viele Erläuterungen bieten.
Die folgenden zwei Kapitel beschäftigen sich wieder mit den Spielmechaniken von Starblazer Adventures. Es werden die Schicksalspunkte nochmals näher beleuchtet sowie Aktionen und Manöver erläutert. Kapitelweise bekommt man dann alles über Alienrassen, Sternenmonster, Sternenimperien und Raumschiffe erklärt. Die dafür notwendigen Regeln lassen sich beinahe 1:1 von der Charaktererschaffung ableiten. Starblazer Adventures skaliert an dieser Stelle sehr gut. So ist es durchaus möglich, eigene Organisationen zu erschaffen und diese aktiv am Spielgeschehen teilhaben zu lassen.

Wenn man schon einen so kreativen Hintergrund wie die Starblazer Comics hat, dann ist es auch nicht verwunderlich, wenn man in weiteren Kapiteln Hinweise zu den Starblazer Settings, Welten und Helden erhält. Bei den Settings werden einem drei Zeitlinien angeboten, die Trailblazer Era, die Expansion Era und die Cosmopolitan Era. Jede dieser drei Ären steht für eine andere Epoche und einen anderen Fokus im Starblazer Universum. Ein Verweis auf alle erschienen Starblazer Comic Ausgaben befindet sich ebenfalls im Buch und anhand der Titel lassen sich leicht eigene Geschichten ersinnen.

Selbstverständlich dürfen auch die Antagonisten nicht fehlen. Mit Monsters, Minions & Mad Scientists bekommt man viele Gegenspieler geboten und erhält durch diese auch jede Menge Anregungen für eigene Kreationen. Das 34. und letzte Kapitel des Buches gibt dem Spielleiter ein kleines Abenteuer an die Hand und erläutert einige Aufhänger für Abenteuer und für die Gestaltung eigener Kampagnen.

Sehr vorbildlich ist die Zusammenfassung der wichtigsten Regeln im Anhang des Buches. Neben drei Referenzseiten gibt es auch eine Zusammenfassung der wichtigsten Tabellen. Anhand dieser Tabellen lässt sich auch ohne viel Aufwand ein eigener Spielleiterschirm zusammenstellen. Stunts und Fertigkeiten werden ebenfalls nochmals übersichtlich aufgelistet und die drei Charakterblätter (Charakter, Raumschiff und Organisation), sowie einige Karten und ein 9 Seitiger Index runden dieses gelungene Produkt ab.

Spieletester

25.10.2010

Fazit

Wer Space Opera spielen möchte, der sollte zu Starblazer Adventures greifen. Die Regeln fördern aus meiner Sicht den kreativen Umgang mit Charakteren und Setting. Dabei ist man nicht auf die Charakterebene beschränkt, sondern kann auch ohne großen Aufwand Raumschiffe, Organisationen und ganze Sternenreiche spielen. Durch diese Möglichkeiten wird die Galaxis greifbar und lebendig. Spielleiter und Spieler können hier gemeinsam ein phantastisches Spielerlebnis schaffen. Wer kein Hard-Sci-Fi, sondern Space Opera at his best sucht, der wird an Starblazer Adventures nicht vorbei kommen. Ich kann eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für dieses Rollenspiel aussprechen.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 6
Alter: ab 14 Jahren
Preis: 40,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2009
Verlag: Cubicle 7
Genre: Rollenspiel
Zubehör:

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