Die 3 Gebote

Wer selbst einmal ein Kultusführer (gemeint ist damit der Vorsteher einer religiösen Gemeinschaft) werden wollte, der sollte sich Die 3 Gebote des BeWitched Verlages mal zu Gemüte führen, ein Spiel - geschaffen von Friedemann Friese, Fraser Lamont und Gordon Lamont - welches 3-7 Kultusanhängern den Weg zum treuesten Verehrer ihres Glaubens zeigen soll.   

Handlung und Spielziel
Die Spieler übernehmen reihum die Rolle einer Hohepriesterin und stellen religiöse Ge- und Verbote für die anderen Mitspieler, die Novizen, auf. Je nach Erfolg als religiöser Führer oder befolgender Novize gibt das schlussendlich errungene Karma den (gesellschaftlich) innehabenden Platz wieder.

Spielmaterial und Anleitung
In der Spielschachtel sind 1 Spielplan (der in verschiedene Zonen und Bereiche unterteilt ist), 71 Artefaktkarten (davon 8 selbstbeschriftbar), 44 Aktionskarten (davon 7 selbstbeschriftbar), 4 Schicksals-Karten, 4 Standfüße, 1 Heilige-Grenze-Karte, 15 Artefakte aus Holz (in drei verschiedenen Farben), 3 Markiersteine und 1 Block; letzterer dient zum Notieren des zwischenzeitlich errungenem Karma. Die Thematik ist über das Spielmaterial wunderbar umgesetzt, kommt also über Spielplan- und Kartenillustrationen als ein sehr kultisches Feeling rüber, wobei auch die Qualität einem dauerhaften Anspruch gerecht zu sein scheint.

Die Anleitung enthält - was positiv zu erwähnen ist - viele Beispiele über den Spielablauf, doch sind diese für die Spielabschnitte aufgeteilt worden und zu früh dargelegt. Besser wäre es gewesen zuerst einmal den Spielablauf fertig zu erklären, bevor dann an einem oder zwei großen Beispielen der gesamte Ablauf geklärt wird. Abgesehen von dieser den Erklärungsaufbau betreffenden Verbesserungsmöglichkeit ist die Anleitung als sehr gut zu bezeichnen, da sie nicht nur keine Fragen offen lässt, sondern auch Spielplan und -aufbau großzügig illustriert.

Spielvorbereitung
Der Spielplan wird ausgelegt, die selbstbeschriftbaren Karten aussortiert (man kann sie dazunehmen, wenn man sie selbst mit Aktionen oder Artefakthandlungen beschriftet, kann aber problemlos auch darauf verzichten) und die Aktions- sowie die Artefaktkarten durchgemischt. Diese werden sodann am Spielplanrand auf den dafür vorgesehenen Plätzen stapelförmig abgelegt. Nach dem anschließenden, zufälligen Verteilen der Artefakte auf dem Spielplan werden noch die vier Schicksalskarten an eine für alle leicht zugängliche Position verdeckt ausgebreitet und sodann kann es losgehen.

Ablauf des Spieles
Im Spiel übernimmt jeder Spieler einmal die Rolle der Hohepriesterin, welche Ge- und Verbote aufstellt, während die anderen Mitspieler die getreuen Novizen darstellen, welche die Regeln zu befolgen versuchen. Insofern teilt sich der Spielablauf auch in eine Phase für die (derzeitige) Hohepriesterin und eine Phase für die Novizen.

Phase der Hohepriesterin

Die Hohepriesterin beginnt, indem sie je zwei Karten vom Aktionskarten- und vom Artefaktkartenstapel nimmt. Zwei der Karten darf sie im Anschluss geheim zu Geboten erklären, eine zu einem Verbot, während die übrige Karte wieder zurück in die Schachtel wandert. Die drei gezogenen Karten steckt sie sodann genauso wie auch die Heilige-Grenze-Karte in die mitgelieferten Standfüßchen und postiert die zwei Gebote rechts von der Heilige-Grenze-Karte, das einzelne Verbot links von dieser. Die Novizen sehen daher nicht konkret die Ge- und Verbote, wissen aber zumindest, ob diese jetzt entweder eine Aktions- oder eine Artefaktkarte betreffen.

Phase der Novizen
Jetzt beginnen die Züge der Novizen, wobei jedem Novizen (abhängig von der Spieleranzahl) mehrere Züge zur Verfügung stehen, nach jedem Zug allerdings reihum zum nächsten Novizen weitergewechselt wird (und man somit mit seinem nächsten Zug erstmal die anderen Novizen abwarten muss). Aufgabe des Novizen ist es jetzt in seinem Zug möglichst die Gebote zu befolgen und das Verbot zu vermeiden, wobei er natürlich nicht weiß, wie diese aussehen. Der Novize beginnt daher seinen Zug, indem er eines der Artefakte vom Spielplan von einer der dortigen Bereiche nimmt, zwischenzeitlich irgendwas macht, wovon er glaubt, dass die Gebote dies erfordern, und abschließend dann das Artefakt wieder eindeutig in einen Bereich des Spielplans legt und seinen Zug damit beendet, sodass es dann zur Zwischenwertung durch die Hohepriesterin kommen kann.

An dieser Stelle ist jetzt mal zu erklären was denn diese Ge- und Verbote konkret alles sein können, was kann/sollte man denn alles an Handlungen erwarten? Nun eine gebotene Handlung kann alles mögliche während des Zuges sein, zB ein Liedchen zu trällern, sich wie ein Macho zu verhalten, einmal um den Tisch zu laufen genauso, wie auch zB andere Novizen oder die Hohepriesterin zu berühren. Einzig und allein mehr als ein Artefakt zu bewegen (ausgenommen man berührt diese nur) oder es zwischen die Bereiche (also nicht genau in diese hinein) zu setzen oder dieses dauerhaft vom Spiel zu entfernen sind allgemeine, absolute Verbote, die sich aus der Notwendigkeit des Ermittelns von Zugbeginn und -ende ergeben.
Unterschiedlich sind die möglichen Handlungen in Bezug auf ihre sich beziehende Sache, dh je nachdem ob das Ge- bzw Verbot von einer Aktionskarte oder einer Artefaktkarte kommt. Während Aktionskarten sich auf Personen(handlungen) beziehen (wie eben, wenn gefordert wird, jemand anderen zu berühren, sich hinzusetzen oder zu tanzen), beziehen Artefaktkarten sich auf Artefakt(handlungen), also auf Eigenschaften oder Handlungen die während, durch oder nach dem Zug bei den Artefakten erfolg(t)en (wenn zB gefordert wird, dass im Zielbereich - dh dort wo das Artefakt hingelegt wird um den Zug zu beenden - nur eine ungerade Anzahl Artefakte sein darf oder dass am Anfang des Zuges ein weißes Artefakt genommen werden muss). Der Bereich der möglichen Handlungen ist verständlicherweise recht groß, was üblicherweise zu einem Meer von skurilen Hüpfereien, Verrenkungen und sonstigen Handlungen führt. Das ist auch der Grund für die beigelegten, unbeschrifteten Aktions- und Artefaktkarten, welche den Spielern erlauben sollen, sich selbst neue Ge- und Verbote ausdenken und somit das Spiel erweitern zu können.

Wertungsphase
Mit dem Ende des Zuges und bevor der nächste Novize sein Glück versuchen kann, vergibt die Hohepriesterin jetzt noch Karma an den (hoffentlich sehr folgsam gewesenen) Novizen. Dazu markiert sie eben für alle Novizen sichtbar mit Hilfe der Markierungssteine die wirksam gewordenen Karten und verkündet danach das vom Novizen errungene Karma; dieses ergibt sich aus den Karma-Punkten für wirksam gewordene Gebote, abzüglich jener für das Verbot, sofern dieses eben auch wirksam wurde (wobei die Karma-Punkte selbst jeweils auf der Karte abgedruckt sind).
Wichtig: Die Hohepriesterin sagt immer nur das Gesamtergebnis an in diesem Zug errungenem Karma, sie gibt aber keine Auskunft darüber, wieviel Karma-Punkte eine bestimmte Karte jetzt ein- oder zum Abzug gebracht hat.

Für den Fall, dass der Novize jetzt kein (oder negatives) Karma "erwirtschaftet" hat, wird nun eine (weitere) der vier Schicksalskarten aufgedeckt, wohingegen im Fall des positiven Karmas alle aufgedeckten Schicksalskarten wieder verdeckt werden. Sinn des Ganzen ist, dass eine Hohepriesterin natürlich nur so erfolgreich sein kann, wie sich die Folgsamkeit ihrer Anhänger darstellt, weshalb eine Hohepriesterin nach dem vierten karmalosen Novizen in Folge (und daher der vierten aufgedeckten Schicksalskarte) als entmachtet gilt. Damit verfallen aber auch alle weiteren Züge der Novizen und überhaupt ist sodann gleich der nächste Mitspieler an der Reihe seine Position als Hohepriesterin einzunehmen. Alle Novizen erhalten in einem solchen Fall 20 Karmapunkte gutgeschrieben; ein charmanter Ausgleich, den man sich wohl auch bei der Abwahl von ungeliebten Volksvertretern im realen Leben durchaus vorstellen könnte (dann aber mit Geld bitte, nicht mit Karma :D).

Sollten hingegen alle Novizen ihre Züge beendet haben können, ohne dass die Hohepriesterin entmachet wurde, so bekommt sie soviel Karma, wie der, über alle Züge gesamt betrachtete, erfolgreichste Novize von ihr. Daraus ergibt sich auch das Interesse der Hohepriesterin, dass möglichst nur ein einziger Novize (der am Besten auch noch vom Gesamtergebnis eher weiter zurück liegt) während ihrer Zeit möglichst viel Karma erreicht - gleichwohl sie darauf natürlich keinen wirklichen Einfluss hat (auch wenn die Anleitung anderes suggeriert). 

Spielende
Das Spiel endet, wenn jeder einmal Hohepriesterin war. Wer sodann das meiste Karma gesammelt hat, der gewinnt; bei gleicher Karmazahl wird der Sieg geteilt.

Spielanmerkungen und Varianten
Will man der Hohepriesterin mehr Einflussnahmemöglichkeiten zugestehen, da diese - abgesehen vom nicht ins Gewicht fallenden Aufstellen der Ge- und Verbote - keine wirklichen Einflussnahmemöglichkeiten auf die Höhe des zu Erreichenden Karmas besitzt, so kann man ihr erlauben, nach dem Ende des Zuges eines Spielers genau eine Handlung zu benennen, die während des Zuges vom Spieler vorgenommen wurde, die aber keine der Ge- und Verbote wirksam werden lies.

Will man ihr noch mehr Freiraum geben, so bietet es sich an, dass die Hohepriesterin während ihrer Runde einmalig eine der Ge- oder Verbotskarten entweder gegen eine Neue oder gegen die zuvor zurückgelegte austauschen kann. Dadurch kann sie dann zB dem in ihrer Phase führenden Spieler, der trotz Befolgen aller Gebote immer das Verbot aktiviert, helfen (was ja in ihrem Sinne ist, da dieser, und im Idealfall zum Schluss somit auch sie, dann noch mehr Karma-Punkte bekommt) oder bei für sie schlechtem Spielverlauf, dh wenn schon häufig von keinem Novizen Karma erwirtschaftet wurde, vielleicht nochmal das Ruder herumreißen.   

Spieletester

27.09.2009

Fazit

Endlich mal wieder ein Versuch im Brettspielbereich neue Impulse zu schaffen. Der dem Spielprinzip zugrunde liegende Gedanke, nämlich das Herausknobeln einer gesuchten Information im Ausschlussverfahren, ist ja durchwegs in verschiedensten Spielen vorhanden (Mastermind, Cluedo, etc), aber in dieser Form meines Wissens noch nie umgesetzt worden. Die 3 Gebote hat sowohl Züge eines Partyspieles, als auch Züge von vornehmlich gewinnorientierten Gesellschaftsspielen und versucht hier wohl eine Vereinigung zu erzielen; bezüglich des Erfolges habe ich da allerdings so meine Bedenken. Stellt man auf die Sichtweise als Partyspiel ab, so ist Die 3 Gebote durchaus für den einen oder anderen Lacher gut, doch stellt sich schnell Gewohnheit ein, da während ein und dieselbe Hohepriesterin an der Macht ist, die Spieler immer nur versuchen, die Handlungen eines zuvor gut belohnten Novizen nachzumachen und man somit zumeist ähnliche Aktionen (wenngleich in verschiedenstartig skuriler Ausführung) zu sehen bekommt; insofern wirkt der gewinnorientierte Ansatz hier ein wenig drückend. Im Gegenzug ist zu sagen, dass die 3 Gebote auch nicht in die traditionelle Sicht eines gewinnorientierten Gesellschaftsspieles passt, was sich klar aus den fehlenden Einflussnahmemöglichkeiten der Hohepriesterin und den fehlenden Interaktionsmöglichkeiten zwischen Hohepriesterin und Novizen ergibt. Die 3 Gebote leidet somit, wie auch andere Spiele, an einer gewissen Identitätskrise und die eigentlich gut gemeinte Verbindung mehrerer Bereiche stellt sich eher als Hindernis für das Spiel dar. Nichtsdestotrotz ist Die 3 Gebote ein willkommener Versuch neue Prinzipien, neue Mechanismen des Spielens einzubringen und Bedarf meiner Ansicht nach einfach nach Varianten der Autoren, die das Spiel einfach ein wenig kommunikativer, ein wenig interaktionsorientierter gestalten, um dem Spielprinzip zum Durchbruch zu verhelfen. Bis es soweit ist bleibt Die 3 Gebote vornehmlich ein Partyspiel für eine größere, junggebliebene Erwachsenengruppe, die es nicht scheuen, sich auch mal zum Affen zu machen. Aufgrund des deduktiven Charakters wird es aber wohl nur gelegentlich auf den Tisch kommen. 

Partyspiel mit Gewinnorientierung oder gewinnorientiertes Brettspiel mit Partycharakter? Die 3 Gebote ist ein frischer Ansatz, ihm fehlt jedoch das Feintuning, um eine erfolgreiche Verbindung dieser Bereiche zu erbringen. Übrig bleibt ein gerade anfänglich erheiterndes Partyspiel, welches aber wohl nicht so häufig zum Einsatz kommen wird. 

Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

A. Sager | 04.09.2010

Also in unserem Bekanntenkreis ist der Spaßfaktor von "Die 3 Gebote" immer sehr hoch.
Natürlich setzt das Spiel voraus, dass zumindest ein Teil der Spieler keine Scheu hat, sich zum Affen zu machen (aber was solls, die anderen machen es dann meistens sogar nach!) und ein wenig Fantasie hat. Interessantes ergibt sich z.B. aus der Vermutung, das Gebot "überrasche die Hohepriesterin" sei im Spiel...

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 7
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 45 Minuten
Erscheinungsjahr: 2008
Genre: Kommunikation
Zubehör:

1 Spielplan 71 Artefaktkarten 44 Aktionskarten 4 Schicksalskarten 1 Heilige-Grenze-Karte 15 Artefakte 3 Markiersteine 1 Block

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