Deadlands - The Battle for Slaughter Gulch

Dieses Spiel ist nur auf Englisch erhältlich.


Vor einiger Zeit habe ich mit Todd Breitenstein, einem der beiden Masterminds des US-Verlages Twilight Creations, Inc., ein interessantes Interview geführt (www.spieletest.at/bericht.php?ID=620), in dem auch die unweigerliche Frage nach den nächsten Projekten gestellt wurde. Das war der Moment, in dem ich das erste mal auf TCs Projekt, das bekannte Rollenspiel Deadlands als Brettspiel zu adaptieren, aufmerksam wurde. Unverblümt meinte Todd, auf diese Adaption seien seine Ehefrau, Mitautorin und Mitverlagsbesitzerin Kerry und er ganz besonders stolz. 
Nun bin ich sowas wie ein Twilight Creations-Spieler der ersten Stunde, und trotz des einen oder anderen Flopps (Dante's Inferno, Game Award) und der Tatsache, dass die Breitensteins keine verständliche Anleitung hinbekämen, wenn die Zukunft ihres Verlages davon abhängen würde, habe ich zu den Twilights doch eine gewisse Vorliebe entwickelt. Wenn sich also Master Todd, mit dem ich praktisch jährlich in Essen zu einem kleinen Schwätzchen gelange, wenn die Messetage nicht wie 2009 in der Ferien fallen und er nicht weiß, wo er zuerst stehen soll (was auch wieder zeigt, wie beliebt dieser Kleinverlag schon ist), schon so stolz auf dieses neue Werk zeigt, kann ich unmöglich daran vorbeigehen.

Bevor wir die Schachtel öffnen, aber noch ein paar generelle Informationen zur Vorlage: 
Bei Deadlands handelt es sich um ein Pen & Paper-Rollenspiel im Westerngenre, allerdings mit Elementen des Steampunk und des Horrors, was bedeutet, dass wandelnde Tote, wahnsinnige Steampunk-Scientists, Indinanerflüche und andere Schelmereien eine wichtige Rolle spielen. In der Zeit der (zweiten) Hochblüte des Rollenbrettspieles sollte es kein großes Problem sein, aus so einem Setting eine spannendes Brettspiel herauszuholen und auch ein Klientel dafür zu finden. 
Also dann: Spielt uns das Lied vom Tod...


Das Spiel:

Es war einmal im Wilden Westen in einer Stadt names Slaughter Gulch: Bis zu 6 Parteien des Deadlands-Universums kämpfen um die Vorherrschaft:

Die Texas Ranger: Law and Order auf Slaughter Gulchs Straßen
Ein Prediger und seine Anhänger: Sie sind unterwegs im Auftrag des Herren...
Eine mysteriöse Agency: Seltsame "Men in Black" aus den Nordstaaten...
Huckstler: Ein Plotpunkt aus der Vorlage: Dunkle Magier, deren Markenzeichen Pokerkarten sind, die spätestens dann in deren Händen erscheinen, wenn ein Zauber ausgesprochen wurde...
Ein Mad Scientist und seine Leute: Steampunk rules!!!
Eine Indianerschamanin: (Natürlich) Böse... und magisch-mysteriös...

Vor Spielbeginn wird mittels Würfelwurf ein Spielende ermittelt. Es gibt (logischerweise) deren 6, und das Spiel endet, wenn entweder die erwürfelte Bedingung oder drei der restlichen 5 Siegbedingungen zugleich erfüllt sind.

Das Spielfeld besteht aus 12 Spielplanteilen, die die typischen Gebäude einer Westernstadt darstellen. Die Spielplanteile bilden die Wildweststadt Slaughter Gulch, unterteilt in Gebäude- und Straßenfelder.
Jedes Gebäude wird mit einer Zahl von 1-12, einer Encounterkarte mit sich dort herumtreibenden Personen (stilecht NPCs - Non-Player-Characters - genannt) versehen. Jeder Spieler ist ausgerüstet mit 6 Spielfiguren, einem Satz speziell auf diese Fraktion hingetrimmte Aktionsdisks, 6 fraktionseigenen Aufträgen sowie in manchen Fällen noch einem Satz von Zaubersprüchen oder zu bauenden Steampunk-Höllenmaschinen.


Die Spielrunde:

Vor sich hat jeder Spieler eine kleine Ausgabe des Spielplanes hinter einem (leider fast zu kleinen) Sichtschirm. Auf diesem Plan verteilen die Spieler heimlich Aktionsplättchen, um zu definieren, wo der Spieler welche Aktion durchführen will. Auf dem Spielplan selbst hat der Spieler seine Figuren verteilt, und hierbei ist zu beachten, dass für jede Aktion eine Figur auf dem ausgesuchten Gebäude sein muss. Will oder muss der Spieler Figuren erst dorthinziehen, so muss er dabei beachten, dass jede Figur höchstens 2 Felder weit ziehen darf.

Es gibt einige Aktionen, die jede Partei durchführen kann: Jeder kann beispielsweise NPCs rekrutieren und somit Figuren sammeln, kann kämpfen (stilecht als Schlägerei oder mit bleihaltigeren "Argumenten") oder in der stadteigenen Mine schürfen. Einige der Aktionen sind aber auf bestimmte Fraktionen zugeschnitten:
So kann der Schamane beispielsweise tote Spielfiguren wiedererwecken oder die Figuren anderer Spieler hypnotisieren, um diesen dann eine Runde lang seine Aktionen aufzwingen. Der Huckstler wiederum kann Zaubersprüche erlernen, der Texas Ranger eine Figur eines anderen Spielers verhaften usw..

Außerdem hat jedes der Gebäude eine spezielle Fähigkeit. Manche davon kann jeder Spieler nützen, andere Fähigkeiten sind nur für den Spieler nutzbar, der das Gebäude kontrolliert. Kontrolliert wird das Gebäude von dem Spieler mit den meisten Figuren in diesem Gebäude, wobei auch die Anzahl der NPCs übertroffen werden muss.
Viele Gebäudeaktionen drehen sich - wie das Schürfen in der Mine - um den Erwerb von Ghost Rock Markern, der "Währung" des Spieles (und auch ein Plotpunkt aus der Vorlage), die für alles mögliche eingesetzt werden kann/muss.
(Darf ich hier beim Thema "Gebäudefähigkeiten" mal kurz abschweifen? Ja? Danke: Liebe Breitensteins, warum habt Ihr das bei When Darkness Comes... nicht hinbekommen? Sorry, aber das musste sein.)

Sind alle Aktionen gesetzt, kommen zwei Eventkarten ins Spiel. Diese bringen mittels Zug oder Kutsche Nachschub an NPCs (und außerdem Rohmaterial für eventuelle Überfälle), zu kaufende Equipments für den Store oder selbsterklärende Ereignisse. Danach werden in der Reihenfolge der Gebäude die Aktionen abgehandelt. Wenn mehrere Spieler in einem Gebäude Aktionen durchführen wollen, so entscheidet eine auf dem Marker aufgedruckte Punktezahl.
Sind die Aktionen durchgespielt, beginnt die nächste Runde.


Die Würfelduelle:

Wie bei diesen Spielen üblich, kommt es bei Aktionen gegen Mitspieler oder NPCs zu Würfelduellen. Diese laufen nach folgendem Schema ab:

Der "Angreifer" würfelt mit der Anzahl an Würfeln, die der gefragten Fähigkeit entspricht. Der höchste Würfel zählt, wobei eine 6 "explodiert", das heißt, der Spieler würfelt den Würfel noch einmal und zählt das Ergebnis zur 6 hinzu.
Ist der Verteidiger ein Mitspieler, würfelt dieser nach denselben Regeln sein Ergebnis aus, und der höhere Wurf gewinnt. Ein NPC ist mit einem Wert versehen, der erreicht werden muss.
War der Verteidiger erfolgreich, kann er nach Kampfaktionen zurückschlagen oder fliehen.


Spielende:

Das Spiel endet wenn entweder die zu Spielbeginn ausgewürfelte Bedingung oder drei der fünf übrigen Bedingungen zugleich eintreten.
Die Spieler zählen ihre Siegpunkte, die sich zunächst aus lebendigen Figuren, Ghost Rocks und zum Zeitpunkt des Spielendes kontrollierten Gebäuden zusammensetzen. Zudem hat jede Fraktion sechs speziell zugeschneiderte Aufträge, deren Erfüllung ebenfalls Punkte bringt.
Der Spieler mit der höchsten Siegpunktzahl ist Sieger.

Spieletester

03.03.2011

Fazit

So stolz wie Todd Breitenstein über dieses Projekt berichtet hat, ist die Erwartungshaltung natürlich hoch. Nach mehrmaligem Testlauf wird schnell klar, dass The Battle for Slaughter Gulch ein sehr nettes Spiel ist, aber an einer weiteren, bisher im Zuge dieses Reviews noch unerwähnten Twilight Creations-Krankheit leidet: Neben der schon erwähnten Schwierigkeit der Breitensteins, Anleitungen zu schreiben, haben die beiden Twilight-Preachers das Problem, dass die Spielerzahlangaben auf der Box in den seltensten Fällen der Spielerzahl entsprechen, die dem Spiel selbst wirklich gut tun. In dieses Schema, in das am auffälligsten Innsmouth Escape und Bump in the Night fallen, muss sich auch das Deadlands-Brettspiel einreihen: Die ideale Spielerzahl für Deadlands: The Battle for Slaughter Gulch ist 2 und 3 Spieler. Mit 4-6 Spieler wird das Spiel durch lange Wartezeiten und andauerndes gegenseitiges "Auf die Füße treten" sehr schnell sehr mühsam.

Vom System her ist The Battle for Slaughter Gulch ein klassisches Rollenbrettspiel mit dem guten, alten Siegpunktsammeln und einem kleinen Schuß Mehrheitenspiel, oder ein Punktesammel- und Mehrheitenspiel mit Rollenbrettspielelementen... da bin ich mir nicht ganz einig. Der unerbittliche Kampf der Parteien ist dabei so angelegt, dass so mancher, der sich schon als Verlierer wähnte, mit richtigem - oder risikofreudigem - Einsatz seiner Aktionen noch punkten kann. Schade ist dabei nur, dass man die Würfelwürfe selbst nicht wirklich beeinflussen, sondern nur darauf bauen kann, dass eine große Würfelzahl die Erfolgschancen steigert. Das stört nicht wirklch, aber ich persönlich doktor' eben gern an Würfelergenbissen noch nachträglich herum.

Dass dabei jede Fraktion ihre eigenen Sets hat und dementsprechend anders agiert, ist inzwischen zwar in den verschiedensten Varianten genreüblich, aber einmal mehr eine der großen Stärken des Spieles, und das nicht nur in Sachen Stimmung. Wenn Ihr also während des Spieles glaubt, das war's, aber beispielsweise der böse Schamane seid: Eine kleine Hypnotisierung zur rechten Zeit schafft Freude und Zufriedenheit. (Wenn auch nicht bei der Agency, die plötzliche einen Helden weniger hat, erledigt vom eigenen Mann...)

Die Anleitung ist leider wieder die übliche Katastrophe: Zwar werden auch die Breitensteins ihre Anleitungstiefpunkte Hidden Conflict und When Darkness Comes... (da besonders bei der Agenten-Erweiterung The Most Dangerous Game) wohl kaum mehr unterbieten können, nur hilft das halt auch nicht, wenn man erst wieder vor Löchern steht, die so ungefähr Grand Canyon-Ausmaße annehmen. Wie üblich explodierte nach Veröffentlichung wieder die FAQ, und innerhalb kürzester Zeit stand diese bei satten 40 Punkten (Link unten). Aber das sind wir Twilight Creations-Stammkunden ja (leider) schon gewöhnt, demnach würde ich das Deadlands-Spiel folgendermaßen zusammenfassen:
Ein nettes Spiel mit viel zu hoch gegriffener Spielerzahl. Twilights Glanzwerke Haunting House, Innsmouth Escape und natürlich Zombies!!! hat dieses Spiel zwar doch deutlich verfehlt, aber spielenswert ist Twilights Ausflug in den Westernhorror auf jeden Fall. Sofern man die ideale Spielerzahl von 2 oder 3 Spielern nicht überschreitet...
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 6
Alter: ab 13 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Preis: 30,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2009
Grafiker: Dave Aikins
Genre: Taktik
Zubehör:

12 Spielplantafeln
56 Spielfiguren
6 Würfel
6 Towncards
6 Sichtschirme
130 Karten
78 Disks Ghost Rock-Marker
1 Spielanleitung

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