Carpe Astra

Spiele aus dem englischsprachigen Spieleversum haben mitunter eine etwas längere Wartezeit durchzustehen, bis ich mich zwecks einer Rezension mit ihnen beschäftige. Das hängt natürlich mit der zu überwindenden Hemmschwelle für die Arbeit mit der Spielanleitung in einer Fremdsprache zusammen, liegt aber auch an den mitunter seltsamen Spielen selbst. Bei „Carpe Astra“ habe ich mir unabsichtlich genau so lange Zeit gelassen, bis der Verlag "Reiver Games" von Jackson Pope selbst liquidiert wurde. In wirtschaftlich so schwierigen Zeiten habe er nicht das Know How und die Möglichkeiten, den Verlag weiter zu führen, meinte er. Die in diesem Verlag erschienenen Spiele werden nun noch verkauft, abgestoßen, vielleicht sogar verramscht. Warum der Verlag nicht erfolgreich genug war, kann ich nach Beschäftigung mit dem vorliegenden Werk nicht verstehen. „Carpe Astra“ ist wirklich gelungen und wenn man die Chance auf ein Exemplar hat, sollte man sie jetzt ergreifen, bevor die letzten Exemplare dann als rare Sammlerstücke nur mehr über ebay zu bekommen sind.

Zentrales Element des Spiels ist, die eigenen „Agents“ durch die spieltechnisch möglichen Aktionen zu einer zusammenhängenden Kette zu formieren. Dabei sollen die Agenten auf passenden Feldern stehen und mit der eigenen Basis (oder im Spiel zu dritt oder zu viert mit dem Senat) verbunden sein, um ein Netzwerk mit wichtigen eingebundenen Partnern zu bilden. Passende Felder sind dabei jene, die als Vorgaben auf den 2 bis maximal 5 Handkarten jeweils als Verbund dargestellt sind. Gelingt es, die Formation auf einer der sogenannten Network-Karten nachzubauen, die Netzwerke auf diesen Karten bestehen stets aus 2 oder 3 solcher Partner, gibt es als Bonus einen Marker eines der Partner aus dem allgemeinen Vorrat. Stimmen ein oder mehrere Netzwerkpartner der erfüllten Netzwerkkarte zusätzlich mit der Vorgabe auf der aktuellen Eventkarte überein, gibt es zusätzliches Geld oder zusätzliche Handkarten.

Mit 5 Agenten, wobei einer auf der Basis sitzen muss, sind also nur mehr 4 solcher Netzwerkpartner, „guilds“ (Gilden) nennt sie die Spielanleitung, anzuschließen. 2 der Netzwerkkarten kann man damit erfüllen, wenn alles gut geht, 3 zu erfüllen ist ein seltener Sonderfall. Um schlechte Handkarten auszutauschen, kann man gegen einen Credit (die Währung) 2 Karten nachziehen und dann 2 wieder weglegen, das darf man so oft man will beziehungsweise solange man Credits hat. Gegen Abgabe eines Credits darf man auch eines der drei offen liegenden Doppelhex-Plättchen (jedes Hex zeigt eine andere Gilde) an das bestehende Gildengeflecht anlegen oder vorher gegen einen Credit die 3 offenen durch 3 andere ersetzen. Das Versetzen von 2 Agenten ist kostenlos (gegnerische Agenten werden dabei vom Plan entfernt, wenn ein neuer Agent auf die besetzte Gilde zieht), jede weitere Bewegung kostet 1 Credit, ebenso das Drehen eines Doppelhex-Plättchens um 180°, was wiederum nur erlaubt ist, wenn kein Gegner auf der zweiten Hälfte des Plättchens sitzt. Sonst dürfen beide Doppelhex-Hälften besetzt sein, kein Problem, aber nur von Agenten verschiedener Spieler.

So sammelt man kleine dreieckige Gilden-Plättchen, versucht, die Ereignisse der Eventkarten, die aktuelle und die beiden kommenden liegen offen, zu erfüllen und Bonus-Geld oder Bonus-Handkarten zu bekommen. Allerdings nur „solange der Vorrat an Gilden-Plättchen reicht“. Danach, etwa in der zweiten Halbzeit, kommen die Slander-Karten ins Spiel. „To slander somebody“ heißt in etwa „jemanden verleumden“. Die Karten sind gleich aufgebaut wie die Netzwerk-Karten, jedoch muss man die gegnerische Basis mit den entsprechenden Gilden der Slander-Karte verbinden. Gelingt das, verliert der „geslanderte“ ein Gilden-Plättchen, das der aktive Spieler um einen Credit kaufen kann, wenn er Credits hat. Das Nutzen von Ereigniskarten läuft ab wie vorher bei den Netzwerkkarten beschrieben.

So dreht sich das Spiel in der ersten Phase nur um den Aufbau und den Erwerb von Gilden-Plättchen und wandelt sich in der zweiten Phase hin zu Intrige, Verleumdung und den Diebstahl von Gilden-Plättchen. Das läuft ganz automatisch so. Es ergibt sich, ist nicht erzwungen, sondern logisches Ergebnis. Das ist perfektes Spieldesign. Dass am Ende gewinnt, wer die meisten Punkte mit den hart erkämpften Gilden-Plättchen macht, ist nur logisch und passt absolut ins Bild.

Spieletester

30.05.2010

Fazit

„Carpe Astra“ ist ein tolles Spiel, speziell für 2 Personen. Die englische Spielanleitung bringt alles auf den Punkt, es bleibt keine Frage offen. Das Spielmaterial ist, abgesehen von den etwas dünnen Karten, funktionell und gut gestaltet. Wenn man die Regeln mal kennt besteht kein Grund mehr, die Spielanleitung bereit zu legen. Die grafische Aufbereitung funktioniert quasi „ohne Worte“. Für 3 und 4 Spieler ändert sich nicht viel, nur dauert das Spiel natürlich länger, ja sogar viel länger. PS: Das letzte Bild zeigt die Spielanordnung gegen Ende eines Spiels mit 4 Personen.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2 bis 4
Alter: ab 12 Jahren
Spieldauer: 60 Minuten
Preis: 20,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2008
Verlag: Reiver Games
Genre: Taktik
Zubehör:

4 Charakterplättchen und ein Senatsplättchen, 15 Doppel-Hex-Plättchen mit 2 Gilden, 27 Ereigniskarten (mit 1 oder 2 Gilden), 35 Netzwerkkarten (mit 2 oder 3 Gilden), 35 Verleumdungskarten (mit 2 oder 3 Gilden), 4 Karten mit Kurzanleitung, 4 Charakterkarten, 5 x 4 Agentenmarker in 4 Farben, 36 dreieckige Gildenmarker, 49 Geldmarker, Spielanleitung in Englisch

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