Friesen-Törn

Es gibt im gesamten deutschsprachigen Raum genügend Bevölkerungsgruppen, welche im Lauf der Menschheitsgeschichte immer wieder arg von derselben gebeutelt wurden.
Es gibt auch genügend Bevölkerungsgruppen, welche arg gebeutelt sind, weil sich andere gerne über sie lustig macht, z.B. über die Schwaben.
Aber keine dieser Gruppen und sei sie noch so gebeutelt, wird freiwillig mit den Ostfriesen tauschen wollen. Schon bei deren bloßer Erwähnung ziehen sich die Mundwinkel aller Beteiligten unwillkürlich nach oben.
Dabei nehmen die Ostfriesen das alles ganz gelassen und lassen sich nur ungern in ihre Karten schauen. Nicht anders ist es zu erklären, dass diese Bevölkerungsgruppe etliche neuartige Sportarten wie z.B. Schlick rutschen, Schleuderball oder aber den besagte Friesen-Törn entwickeln konnte, ohne dass die Welt je davon erfahren hätte.
Lediglich über die letzte Sportart waren so viele Informationen nach außen gedrungen, dass der Franjos Verlag sogar ein Spiel zu diesem Thema auflegen konnte.
Laut Augenzeugenberichten versuchen sich beim Friesen-Törn die Bootsbesatzungen in kleinen, wendigen, gut gepolsterten Segelbooten gegenseitig zu rammen und dafür Punkte zu kassieren. Durch die dicke Polsterung können die Boote nicht beschädigt werden und sind deshalb auch nahezu unsinkbar. Aber kann man so eine verrückte Sportart auch als Brettspiel spielen? Man kann!

Auf einem Kunstlederspielplan sind 6 x 7 mögliche Bootstandorte eingetragen. Am Friesen-Törn nehmen immer 6 Boote teil, diese starten auf gekennzeichneten Positionen. Spielen weniger als 6 Personen mit, sind die restlichen Boote neutral, werden aber ebenfalls von den Spielern gesteuert und können sogar gewinnen.
Jeder Spieler bekommt 6 Segelkarten. Diese sind durchnummeriert und zeigen die unterschiedlichsten Manöver, die mit den Booten gefahren werden können. Je nach aktueller Situation wählt jeder verdeckt eine Karte aus. Für die neutralen Boote werden die Karten verdeckt direkt vom Nachziehstapel gezogen. Dann werden alle Karten gleichzeitig umgedreht und die Manöver in aufsteigender Reihenfolge der Kartennummerierung ausgeführt. Ist ein Teil des Segelmanövers nicht ausführbar, weil z.B. der Spielfeldrand erreicht ist, wird dieser Teil des Manövers außer Acht gelassen. Anschließend wird die Kartenhand wieder aufgefüllt. Alternativ können auch sechs neue Karten gezogen werden und das Boot dümpelt für diese Runde orientierungslos auf den Wellen.
Ziel der Bewegungen ist es, möglichst viele gegnerische Boote zu rammen, um Pluspunkte zu sammeln. Dabei ist das Rammen von der Seite und von hinten für das gerammte Boot am unangenehmsten, denn in diesem Fall gibt es Minuspunkte. Hat eine Crew davon fünf gesammelt ist der Törn vorbei. Gewonnen hat das Boot das am meisten gerammt, sprich die meisten Pluspunkte gesammelt hat. Um mehrmaliges Rammen an derselben Stelle zu verhindern, wird nach einem erfolgreichen Rammstoß diese Situation mittels Bojen solange markiert, bis sich mindestens eines der Boote weiter bewegt hat. Aber dann hat es meist schon wieder gekracht.

Das Spielprinzip ist nicht neu, wurde es doch in ähnlicher, wenn auch deutlich aufgepeppter Form schon bei Robo Rally verwendet. Dort hatte man allerdings u.a. aufgrund des größeren Spielplanes den Eindruck, dass die Roboter deutlich besser steuerbar waren. Allerdings artete das auch recht schnell in Arbeit, starkes Nachdenken inbegriffen, aus.
Bei Friesen-Törn ergibt sich hier aufgrund des kleinen Spielfeldes und der großen Anzahl an Booten schnell ein ziemliches Durcheinander. Das Glücksmoment ist im Vergleich zur Planbarkeit deutlich höher und auch durch die Möglichkeit, die komplette Kartenhand tauschen zu können, kann das nicht ausgleichen.

Friesen-Törn ist u.a. mit Holzbooten incl. Stoffsegel für diese Art von Spielen sehr gut, man kommt in die Versuchung „anheimelnd“ zu sagen, ausgestattet und hat eine wirklich sehr hübsch und ansprechend gestaltete Schachtel. Allerdings wird das eher untypische Schachtelformat, insbesondere bei schlechten Lagermöglichkeiten nicht überall Begeisterungsstürme verursachen. Wie oft das Spiel allerdings auf den Spieltisch kommt hängt in erster Linie von den Spielern selbst ab, gibt es doch in dieser Spielsparte eine recht große Auswahl. Ideal ist das Spiel in kompletter Besetzung zu sechst, da in diesem Fall alle Boote direkt gesteuert werden und das Spiel seinen charmanten Reiz komplett entfalten kann.

Ein gewichtiger Punkt sollte vorab beachtet werden! Für viele Menschen ist die Orientierung nach Karten oder Vorlagen ein Buch mit sieben Siegeln. Da auch hier die räumliche Bewegung des eigenen Bootes im Bezug zu den anderen Booten im Voraus geplant werden muss, kann dadurch schnell eingewisser Frustfaktor entstehen. Allerdings ist dieser Punkt im Vergleich zum schwierigeren Robo Rally als wesentlich geringer einzustufen.

Spieletester

20.02.2008

Fazit

Friesen-Törn ist ein grundsolides Spiel, mit einer funktionellen Ausstattung, das ordentlich Spaß macht und für gesellige Runden, Familien oder als Auflockerung zwischen anstrengenden und denkintensiven Spielrunden nur zu empfehlen ist.
Warum allerdings ausgerechnet die Ostfriesen sich mit kleinen Booten rammen müssen und nicht mit Autoskootern, wie es das Szenario nahe legt, wird leider das Geheimnis des Autors bleiben. Warum das Spiel Friesen-Törn heißt, in der Anleitung aber die ganze Zeit nur von den Ostfriesen gesprochen wird, allerdings auch.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 3 bis 6
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten
Preis: 30,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2005
Grafiker: Ingrid Hespenheide
Genre: Glück
Zubehör:

Spielplan aus Kunstleder, 6 Segelboote aus Holz, 98 Segelkarten, 60 Siegchips, 25 Zählchips, 8 Bojen, Spielanleitung

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