Der Zweite Weltkrieg ist und bleibt nun ein Liebkind der Historienspieleschreiber der US-Verlage, denn immerhin hat nicht nur Avalon Hill die unsterbliche (und offenbar auch unendliche) Axis & Allies - Serie im Sortiment; sogar schon Fantasy Flight Games (!!!) bringt mit Tides of Iron seinen WKII - Strateger in die Spieleläden.
Aber, was ist eigentlich mit dem Thema "Kalter Krieg"? Die USA hat in diesem Bereich den einen oder anderen Titel zu verzeichnen, aber keiner davon hat den Weg hierher geschafft. Der deutschsprachige Raum will sich dieser Epoche offenbar nicht annehmen, auch nicht unübersetzt. Während die Computerspiele den Ost-West-Konflikt bereits ausschlachteten, WÄHREND er noch tobte (Conflict Europe... um mal einen Titel zu nennen), scheint es im Bereich "Brett- und Kartenspiele" hier das Phänomen zu geben, Historie, die ein großer Teil der Zielgruppe noch bewusst erlebt haben dürfte, nicht zu adaptieren.
So war es bis jetzt, aber inzwischen scheint es erste Versuche zu geben, auszutesten, ob es nicht vielleicht DOCH ein Klientel dafür gibt. Die Neugierde ist dementsprechend groß, wenn Pro Ludo eine Übersetzung eines Cold War - Kartenspieles von Fantasy Flight Games (schon WIEDER !!! Was ist da los im Doom / Descent / Runebound / Drakon / Arkham Horror - Verlag?) auf den Markt bringt.
So, und jetzt zum Spiel, bevor die Einleitung noch länger wird als die Spielbeschreibung. Ist eh schon wieder viel zu lang...
Jeder Spieler übernimmt eine Seite des Konfliktes, eben Westen oder Osten, erhält einen (wunderschönen) Vorherrschaftsmarker mit dem American Eagle oder Hammer und Sichel sowie 6 Agentenkarten. Der Stapel mit den Missionskarten, der weltpolitische Ereignisse zwischen 1945 und 1989 enthält (in 98 % der Fälle sind es Staaten, die sich zwischen einer Seite entschieden sollten wie z.B. Kuba oder Chile, aber auch Ostblockstaaten, die den Aufstand wagten, sind dabei - ja, ich spreche von der CSSR) wird gemischt und bereitgelegt, ebenso der Stapel mit den Gruppierungskarten. Jeder Spieler erhält eine Punkteleiste, einen kleinen Stein zum Punktemarkieren und der Krieg der Agenten kann losgehen.
Zuerst erhält der Spieler, der weniger Siegpunkte zählt, den Gleichgewichtsmarker. Eine Missionskarte wird aufgedeckt und danach wählen die Spieler heimlich einen ihrer 6 Agenten aus. Jetzt geht das Spiel in die tragende Phase: Die Phase, in der die Spieler mit den Gruppierungskarten spielen. Der Spieler mit dem Gleichgewichtsmarker bestimmt, welcher Spieler diese Phase beginnt.
Die Spieler haben abwechselnd drei Möglichkeiten:
Karte spielen: Der Spieler kann eine Gruppierungskarte vom verdeckten Stapel ziehen und offen vor sich ablegen. Die Missionskarte gibt an, wieviele Karten ein Spieler vor sich liegen haben darf. Die Karten haben Werte von 1-6 und sind in die Bereiche "Militär", "Wirtschaft", "Medien" und "Politik" aufgeteilt.
Karteneffekt nutzen: Jede Gruppierungskarte, die offen vor dem Spieler liegt, hat einen Effekt, der einmal genutzt werden kann:
Militärkarten zerstören offenliegende Gruppierungskarten;
Medienkarten lassen den Spieler die oberste Karte des Stapels ansehen und offen auslegen, auf den Stapel zurücklegen oder ablegen;
Wirtschaftskarten reaktivieren Gruppierungskarten, die ihren Effekt bereits genützt haben;
Politikkarten lassen dem Spieler eine Karte des Gegners stehlen oder eine Karte an den Gegner abgeben.
Genützte Karten bleiben vor dem Spieler liegen, ihr Punktewert bleibt voll erhalten.
Passen: Passen beide Spieler hintereinander, ist die Mission beendet. Es wird abgerechnet.
Bei der Abrechnung wird zunächst einmal folgendes kontrolliert: Jede Missionskarte hat einen Stabilitätswert. Wenn ein Spieler diesen Wert mit den Punktewerten seiner Karten überschreitet, wird der Agent, den der Spieler ausgewählt hat, aus dem Spiel entfernt, und die andere Seite hat gewonnen. Überschreiten beide Spieler den Wert, wird die Missionskarte unter den Stapel geschoben und die Agenten beider Spieler sind aus dem Spiel.
Hat keiner der Spieler den Stabilitätswert überschritten, gewinnt der Spieler, der die meisten Punkte vor sich ausliegen hat. Bei Gleichstand bestimmt die Mission den Sieger, indem sie den Spieler zum Sieger macht, der die höchste Karte einer Sparte ausliegen hat. Der Sieger legt seinen Marker auf die Missionskarte.
Nun kommen die Agenten zum Einsatz. Nach dieser Runde wird der Agent für eine Runde auf Erholung geschickt, und die nächste Runde beginnt.
Die Fähigkeiten der Agenten sind:
Der Meisterspion: Es gewinnt der Spieler, dessen Marker NICHT auf der Missionskarte liegt.
Der stellvertretende Direktor: Kann niemals aus dem Spiel genommen werden und wird auch nie auf Erholung geschickt.
Der Doppelagent: Schickt entweder einen gegnerischen Agenten auf Erholung oder bestimmt, dass der Gegner seinen Agenten in der nächsten Runde OFFEN auslegen muss
Der Analytiker: Sieht sich die obersten drei Karten des neuen Gruppierungsstapels an
Der Attentäter: Wenn der Marker des Spielers auf der Mission liegt, wird die Mission unter den Stapel gelegt, aber der gegnerische Agent aus dem Spiel genommen.
Der Direktor: Wenn der Marker des Spielers auf der Mission liegt, erhält der Spieler die unterste Karte des Stapels als gewonnene Mission hinzu.
Das Spiel endet, sobald ein Spieler 100 Punkte hat.
Spieletester
Fazit
Sicher, "Kalter Krieg - CIA vs. KGB" ist kein SCHLECHTES Spiel, das nicht, aber sein Problem ist leider unübersehbar: "Kalter Krieg" wäre offenbar gerne eine Mischung aus Bluffspiel und "Das riskiere ich jetzt". Leider hat man den "Das riskiere ich jetzt" - Faktor überstrapaziert:
Das Problem ist, dass die Spieler die Gruppierungskarten ausnahmslos blind und auf gut Glück ziehen. Und das führt leider mit fortlaufender Dauer zu den frustrierendsten Momenten in der Geschichte des Kartenspieles. Sehr oft sehen die Runden nämlich so aus, dass einer der Spieler versucht, durch die Effekte der Gruppierungskarten die Punktewerte seiner Karten zu optimieren oder überhaupt unter den Missionsstabilitätswert zu bringen, während sein Gegner unentwegt passt und minutenlang wartet, was nun passiert.
Somit bleibt zwar lobenswert, dass Pro Ludo bei der Ausstattung keine Kosten und Mühen gescheut hat - das Material der Karten ist 1A, und die Marker sind einsame Weltklasse - das SPIEL aber letztlich hauptsächlich den Bonus hat, ein hierzulande noch jungfräuliches Thema zu bearbeiten. Doch es ist nun mal das System, dass ein gutes Spiel ausmacht, und da ist "Kalter Krieg - CIA vs. KGB" leider eine Enttäuschung.
Plus
Minus
Besucherkommentare
Teile die Meinung von Thomas fast komplett. Sehe das Spiel nur weitaus positiver. Finde nicht nur das Thema und die Ausstattung toll, sondern auch das Prinzip das jeder Spion etwas anderes beherrscht. Leider hat Thomas in dem Punkt recht, das es oft sein kann, dass ein Spieler spielt und der andere nur passt. Aber auch das kann ja ne taktische Variante sein - kommt eben auf den Spion an. In Summe von mir: 6,10,7
Tja, wie gesagt: Ich habs dreimal gespielt, und nach dem dritten mal war es nur noch lahm.
Vielleicht hätte man mehr Langzeitmotivation rausholen können, wenn es mehr als nur vier Fähigkeiten bei den GRUPPEN gegeben hätte.
Prinzipiell glaube ich aber, das Hauptproblem ist das "Ich ziehe eine Karte und hoffe dass sie passt" - Element.
Kommentar verfassen
Details
21 Missionskarte
24 Gruppierungskarten
12 Agenten
2 Vorherrschaftsmarker
1 Gleichgewichtsmarker
2 Siegpunktkarten
2 Siegpunktmarker
1 Anleitung
Statistik
Derzeit findest Du auf spieletest.at
7730 Gesellschaftsspiele-,
1675 Videospielrezensionen
2293 Berichte.