Hektor und Achill

Die Ilias, aus der Feder von Homer, ist wohl die bekannteste (weil älteste erhaltene) Erzählung aus der griechischen Literatur. Als Hintergrund dient der Krieg zwischen Griechen und Trojanern. Auf beiden Seiten kämpfen berühmte Personen, so etwa die Namensgeber des Spiels Hektor bzw. Achill, aber auch Äneas, Odysseus oder Agamemnon. Diesen Helden begegnen wir auch im Spiel Hektor und Achill wieder.

Die Spieler nehmen die Heerführerschaft über je einer der verfeindeten Parteien. Ziel ist es, den anderen weitgehend zu dezimieren. Hierfür stehen einem (jeweils verdeckt) die Armee in 4 Stapeln, sowie ein gesonderter Stapel für die Helden zur Verfügung; hier gibt es jeweils 6 Farben. Auch die Götter haben ihre Hand im Spiel und können zu Hilfe gerufen werden.

Stets findet sich ein Spieler in der Rolle des Angreifers, während der andere den Verteidiger mimt. Wer eine Runde gewinnt, ist in der nächsten Runde der Angreifer. Jeder Runde läuft in bestimmten Phasen ab. Hierzu zählen das Bilden der Vorhut, die erste Positionierung des Schicksals-Spielsteines und das Karten auf die Hand nehmen. Von welchem Stapel man Karten nimmt, wird durch die Vorhut des Angreifers bestimmt.

Nun der eigentliche Spielablauf: In jedem Fall werden abwechselnd Karten gespielt, ehe ein Sieger für diese Runde feststeht. Optional darf vor jedem Ausspiel eine Sonderaktion durchgeführt werden. Die Sonderaktionen lassen Kämpfer abwerfen und einen neuen nachziehen, den Helden wechseln, den Helden in den Kampf schicken, göttliche Verstärkung herbeirufen oder den Rückzug antreten. Nach jedem Ausspiel des Verteidigers darf die zwischenzeitlich stärkere Armee das Schicksal verändern. Dies ist wichtig für die Rundenwertung.

Bei der Wertung zählen nämlich nur mehr jene Karten, deren Farbe mit dem eigenen Helden oder der zugewandten Seite des Schicksals-Spielsteines übereinstimmen. Wer hier den Vorteil hat, darf alle Karten auf ihre Stapel zurücklegen. Doch wehe dem, der unterlegen ist! Er verliert alle Karten und eventuell eingesetzte Gunst-Chips, eventuell auch in den Kampf geschickte Helden. Letzteres kann durch die Abgabe eines Gunst-Chips umgangen werden.

Die Armee ist in vier Stapel unterteilt, wovon drei in der vorderen Reihe liegen. Der letzte Stapel (der Nachschub aus der Heimat) liegt nach hinten versetzt. Ist eine komplette Armee an der Front verloren oder die Heimat entvölkert, steht ein Sieger fest. Ehe dies der Fall ist, hat man aber 20 bis 40 Minuten freudiges Bluffen und Taktieren hinter sich gebracht.

Der Rundenerfolg hängt maßgeblich an den gezogenen Karten ab - mit lauter 1ern werde ich gegen ein paar 4er keinen Blumentopf gewinnen können. Die Möglichkeit des Kämpferaustausches ist zwar gegeben, trägt aber zum schnelleren Verschleiß der Armee bei. Aber auch die Unterstützung durch den richtigen Helden ist von Bedeutung, denn ein roter Achill hilft meinen hohen, lila Kämpfern nicht die Bohne. Also was tun? Geschicktes Bluffen kann hier wahre Wunder bewirken, eventuell wirft man sogar den Helden selbst in den Kampf - mit der Gefahr ihn für den Rest des Spieles zu verlieren. Aber auch frühzeitiger Rückzug ist manchmal sinnvoll.

Allerdings ist hier anzumerken, dass ein solcher mit Schande verbunden ist. Beim ersten Mal ist das noch nicht tragisch, aber jedes weitere Mal werden vorherige Rückzüge mit zusätzlichem Kartenverlust bestraft. Seien wir ehrlich: Lieber verliere ich zwei gespielte Karten und eine zusätzliche, als die vier aufgenommen Kämpfer plus Vorhut zu verheizen.

Natürlich verlangt dieses taktische Abwiegen sowohl Fingerspitzengefühl als auch Spielerfahrung; die stellt sich bereits nach zwei oder drei Runden (und das ist üblicherweise ein Bruchteil einer Partie) ein, sodass man bald mit der Materie vertraut ist. Selbstverständlich hat man bei weitem noch nicht den Überblick über alle Möglichkeiten, aber es stellt sich bereits eindeutig der Spielspaß ein. Im Spiel gegen Anfänger sollte man wenigstens ein paar Runden zum Eingewöhnen spielen, ehe es Ernst wird.

Spieletester

18.11.2006

Fazit

Obwohl der Ausgang von Hektor und Achill sehr von den gezogenen Karten abhängt, hat man durchaus das Gefühl etwas bewegen zu können. Die Rolle des Angreifers finde ich, obwohl er die anfängliche Ausrichtung des Schicksals-Spielsteines bestimmen darf, um eine Spur schwerer als jene des Verteidigers. Oft ist durch kluge Manöver eine verfahrene Situation zu retten, Überraschungsschläge am Rundenende sind aber ebenso an der Tagesordnung. Ob man seine tatsächliche Kampfkraft schon früh oder erst im letzten Moment preisgibt, ist einem natürlich immer selbst überlassen. Das Hinauszögern hat allerdings den Vorteil, dass der Gegner dann schon viele Karten ausgespielt hat und somit verliert.

Alles in Allem ist Hektor und Achill ein Spiel, das trotz seines blutigen Hintergrundes für Jedermann geeignet zu sein scheint - Vorliebe für taktische Spiele vorausgesetzt. Die Regeln sind einfach und klar strukturiert, wenn auch nicht 100%ig vollständig. Es erstaunt immer wieder, welch komplexe Zusammenhänge sich aus den einfachsten Bausteinen zusammensetzen lassen; ich erinnere hier zum Beispiel an Bluff, das 1993 den Preis Spiel des Jahres bekommen hat.

Mein Urteil: Mehr davon!
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Besucherkommentare

Pet Erpan | 18.09.2009

Das Spiel ist eindeutig besser als sein Ruf. Es ist in erster Linie strategisch, hat aber auch eine kleine Glückkomponente. Mit fortlaufender Dauer des Spiels wird die Glückkomponente niedriger, da man sich immer mehr Karten merken kann.
Es ist ein guter Spielmechanismus mit einfachen Regeln.
Die Ausstattung ist wirklich nicht so doll, da hätte man durchaus mehr Abwechslung bringen können bei der Graphik der Kämpfer und Helden.
Insgesamt aber als ein Zwei-Mann-Spiel zu empfehlen.

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 2
Alter: ab 10 Jahren
Spieldauer: 30 Minuten
Preis: 19,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2003
Verlag: Phalanx Games
Grafiker: Franz Vohwinkel
Zubehör:

96 Armeekarten, 12 Heldenkarten, 2 Spielbretter, 6 Göttliche Gunst-Spielsteine, 6 Schande-Spielsteine, 6 Schicksals-Spielsteine, 1 Angreifer-Spielstein, 1 Regelheft

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