Das Schwarze Auge RPG Basisregelwerk

Was kann man schon über Das schwarze Auge (DSA) sagen? Immerhin das beliebteste Rollenspiel in den deutschen Landen und keines in Sicht, dass ihm dem Rang ablaufen könnte. So gut wie jeder Rollenspieler wird schon mal Kontakt dazu gehabt haben. Eine Institution, die bereits durch viele Hände gegangen ist. Nach Schmidt Spiele und FanPro liegt es seit 2007 in den Händen von Ulisses Spiele. Diese haben auch das Basisregelwerk neu aufgelegt, mit dem man einen Einstieg in dieses Rollenspielsystem finden kann. Laut Aussage des Chefredakteurs Thomas Römer ihr best verkaufter Artikel.

Das Buch umfasst satte 292 Farbseiten und gliedert sich in neun Kapitel. Als Rezensionsmuster lag leider nur die FanPro-Ausgabe von 2006 vor, die jedoch bis auf kleine Korrekturen identisch sein sollte.

Die Eröffnung des Werks bildet eine Einführung in das Thema Rollenspiel und den Kontinent Aventurien. Die Grundlagen des Hobbys werden zunächst erklärt. Anschließend gibt es einen Überblick über die Spielwelt und ihre Eigenschaften.

Das nächste Kapitel handelt von Helden und ihrer Erschaffung. Zu Beginn sind viele Archetypen aufgelistet, aus denen sich ein Spieler einen aussuchen kann, wenn er die langwierige Heldenerschaffung vermeiden will.
Diese entfernt sich vom veralteten Konzept des Auswürfelns. Stattdessen wird ein Kaufsystem mit Generierungspukten verwendet. Die Komplexität des Systems kann sich durchaus mit Spielen wie GURPS messen. Man kann so ungefähr alle Heldenarten miteinander kombinieren. Neben den bekannten Eigenschaften und Talenten gibt es nun Vor- und Nachteile, Sonderfertigkeiten (von denen manche für bestimmte Helden verbilligt zu erwerben sind), und für weiteres wird auch noch auf andere Publikationen verwiesen.
Die Kombinationsmöglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. Dem erfahrenen Rollenspieler bleiben keinerlei Wünsche offen. Hier entfernt sich Das schwarze Auge weit von seinem Ruf als Einstiegsspiel für Rollenspielanfänger. Jeder Einsteiger wäre von dieser Datenflut völlig erschlagen. Ein einfacher Hinweis wie "Wenn Sie langsam einsteigen wollen, können Sie sich zunächst auch auf Eigenschaften und Talente beschränken und die anderen Werte erstmal weglassen", wäre da eine wirkliche Erleichterung.
In diesem Kapitel tritt zum ersten Mal die Trennung von Grundregeln und fortgeschrittenen Regeln auf. Im Grundregelwerk werden nur die einfachen Grundlagen beschrieben. Für weiterführende Informationen wird auf weitere Quellenbände verwiesen. Das dürfte an dieser Stelle sehr sinnvoll sein. Erfahrungen am amerikanischen Markt zeigen, dass zu viele Möglichkeiten gleich zu Beginn den Einstieg in ein Rollenspiel behindern können, wenn man nicht sehr gute Hilfestellung bei der Auswahl leistet. Man hat sich auf das Essenzielle beschränkt, vielleicht auch um das Regelwerk schlank zu halten.

Das dritte Kapitel behandelt das Talent-System. Wie gewohnt werden Talentproben mit drei Eigenschaftsproben abgelegt, die mit einem Talentwert vereinfacht oder erschwert werden. Was man von dem System hält, ist Geschmackssache. Ich finde es nicht schlecht, solange der Meister die geforderten Eigenschaftsproben in besonderen Situationen auch anpasst. Eine Charismaprobe für die Behandlung von Verletzten macht bei Bewusstlosen eher wenig Sinn. Dazu wird der Meister im Regelwerk zum Glück auch ausdrücklich hingewiesen.
Das Kapitel erklärt die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten der Proben und deckt den Bereich Talente sinnvoll ab.

Das nächste Kapitel widmet sich ausschließlich dem Kampfe. Prinzipiell wird dieser mit dem typischen Dreisprung Attacke, Parade, Schade abgedeckt. Um das ganze aufzulockern und auch eine klare taktische Komponente einzufügen, wurden aber Regeln für Wunden und für besondere Angriffe geschaffen, mit denen man alle Spielsituationen abdecken kann. Selbst Situationen, in denen ich normalerweise den Modifikator einfach per Meisterentscheid festlegen würde, werden mit einem festen Modifikator bedacht. Hier gilt das gleiche wie oben: ein komplexes System, das kaum Wünsche offen lässt, aber dafür (trotz Optionalität vieler Regeln) völlig ungeeignet für Rollenspielanfänger ist.
Wer noch ausgefeiltere Kampfregeln braucht, wird auf ein Quellenbuch verwiesen. So umfassend, wie das Kampfsystem ist, werden dies aber nur die wenigsten Gruppen benötigen. Das Problem kann jedoch sein, dass durch das Weglassen gewisser Regelteile die Sielbalance arg in Schieflage gerät. Wer darauf wert legt, muss entweder mit dem kompletten Satz Expertenregeln arbeiten oder genau darauf achten, wie er die Regeln reduziert.

Das fünfte Kapitel behandelt die Magie Aventuriens. Das System ist solide und einfach. Zaubern wird hier auch nur als besondere Form der Talentproben behandelt. Eine durchaus praktische Lösung. Freie Magie, die nicht an Zaubersprüche gebunden ist, existiert jedoch nicht. (Weil sie auf dem aventurischen Kontinent unbekannt ist. DSA kennt sie jedoch in Form der Magie des Kontinents Myranor. Siehe das Quellenbuch: Myranische Magie)
Beschrieben werden eine Vielzahl von Zaubersprüchen, Elfenliedern und Stabzaubern. Diese reichen für jeden Magier oder Elf zunächst völlig aus. Wer noch mehr zur Auswahl haben will, kann sich wieder das entsprechende Quellenbuch kaufen.

Das nächste Kapitel beschreibt die umfassenden Regeln. Hier wird alles abgehandelt, was dem Meister sonst noch Probleme machen könnte, von der Reisegeschwindigkeit über die Traglastregeln bis zur Vergabe von Abenteuerpunkten. Damit liefert das Grundregelwerk dem Spielleiter nun wirklich alles, was er wissen muss. Was hier nicht steht, kann man getrost improvisieren.

Im vorletzten Kapitel geht es dann ans Eingemachte. Dort wird der Kontinent Aventurien beschrieben. Die Religion ebenso wie die Staaten. Dabei werden die meisten Staaten nur kurz angerissen. Die beiden streitenden Königreiche Nostria und Andergast werden als Einstiegsregion empfohlen und entsprechend umfassend vorgestellt.
Die bekanntesten Kreaturen Aventuriens werden ebenfalls in einem langen Abschnitt beschrieben, inklusive kleiner Karten mit ihren Verbreitungsgebieten - eine gute Idee.
Den Abschluss des Kapitels bildet eine Auflistung der Ausrüstungsgegenstände. Hier findet sich so ziemlich alles, was der Abenteurer auf seinen Reisen braucht. Nur die Waffen sind in das Kapitel die Kampfregeln ausgelagert worden. Diese Trennung erweist sich beim Heldenerschaffen als unpraktisch. Waffen sind zwar zum Kämpfen da, kosten aber auch das Geld, mit dem man haushalten muss.

Das letzte Kapitel enthält schließlich Tipps für Spieler und Meister. Diese sind durchaus sinnvoll und hilfreich. Der erfahrene Rollenspieler wird hier aber wenig Neues finden. Sie richten sich eher an Neulinge, obwohl das übrige System eher ungeeignet für diese erscheint.

Als Beigabe zum Regelwerk gibt es zwei Heldenbögen, zwei nützliche Zusammenfassungen der wichtigsten Regeln, sowie eine Karte von Aventurien und eine der Königreiche Nostria und Andergast. Die beiden Karten sind praktischerweise beschichtet und dürften halbwegs guter Behandlung nahezu ewig halten. Beide Karten sind informativ. Neben der wunderschönen Detailkarte von Nostria und Adergast sieht die Aventurienkarte leider recht unspektakulär aus. Meines Wissens nach wurde sie in dieser Form direkt aus der dritten Edition übernommen.

Die Optik des Regelwerkes ist hingegen um Längen besser als in den vorherigen Editionen. Sie ist vollfarbig und schön gezeichnet. Ein wahrer Augenschmaus.

Anmerkung:
Das Schwarze Auge Basis Regelwerk wurde mittlerweile (17.11.2012) auch als Portables Dokument (PDF) veröffentlicht. Die Lesbarkeit ist trotz des teilweise farbigen Hintergrund gut und ein Inhaltsverzeichnis vorhanden. Das Inhaltsverzeichnis ist allerdings nur rudimentär, basierend auf den Kapiteln. Links im Text oder im Index sind leider nicht gegeben. Die beigelegten Karten, Bögen und Kurzregeln sind ebenfalls eingescannt worden und finden sich auf den letzten Seiten des Dokuments. Für knapp 10€ ist das Preis-Leistungsverhältnis ein gelungenes.

Spieletester

Fazit

Für jeden Rollenspieler, der Fantasywelten mag, eine sinnvolle Anschaffung, für jeden alten DSA-Hasen, der jetzt erst in die vierte Edition einsteigen möchte, ein gangbarer Weg. Wer das ganz durchziehen will, mag aber vielleicht gleich zu den umfassenden Regelbänden Wege des Schwerts, Wege der Helden und Wege der Zauberei greifen, die den regeltechnischen Inhalt des Basisregelwerks ebenfalls komplett beinhalten. Für den Rollenspielneuling aber ist das Basisregelwerk leider völlig ungeeignet. Angesichts schwindender Nachwuchszahlen bedauerlich. DSA ist reifer geworden, aber dadurch auch sehr viel anspruchsvoller.
Redaktionelle Wertung:

Plus

Minus

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Details

Auszeichnungen:
Spieleranzahl: 4 bis 7
Alter: ab 12 Jahren
Preis: 30,00 Euro
Erscheinungsjahr: 2008
Verlag: Ulisses Spiele
Autor: Thomas Römer
Genre: Rollenspiel
Zubehör:

292 Seiten, 2 Heldenbögen, 2 Regeltabellen, Farbkarte "Aventurien", Farbkarte "Nostria und Andergast"

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